Gelsenkirchen-Buer. Welche alteingesessenen Händler den Standort Gelsenkirchen-Buer verlassen. Und wo auch Lichtblicke im Einzelhandel zu erwarten sind.

H&M hat bereits geschlossen, Saturn gibt Mitte September seinen Standort auf – und nun kündigen zwei weitere, gar alt eingesessene Geschäfte rund um die Hochstraße ihr Aus an. Kurz: Die Serie schlechter Nachrichten aus dem buerschen Einzelhandel reißt offenbar nicht ab. Aber es gibt auch Lichtblicke.

Er gilt vielen Familien als DER Fachhandel für exklusive Kindermode im Herzen der Fußgängerzone, sogar aus Nachbarstädten reis(t)en (Groß-)Eltern an, wenn sie für den Nachwuchs etwas Besonderes im Blick hatten: Doro Decker. Nun hat dort der Ausverkauf begonnen. „Alles muss raus“, steht in großen Lettern auf Plakaten in den Schaufenstern schräg gegenüber der St.-Urbanus-Kirche.

Online-Konkurrenz beeinflusste bei Entscheidung für Geschäfts-Aus in Gelsenkirchen

Der Ausverkauf in dem Kindermoden-Geschäft Doro Decker in Gelsenkirchen-Buer hat begonnen.
Der Ausverkauf in dem Kindermoden-Geschäft Doro Decker in Gelsenkirchen-Buer hat begonnen. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Von einer „coronabedingten Schließung“ mögen die Mit-Inhaberinnen Julia und Daniela Brenk allerdings nur eingeschränkt sprechen. „Natürlich spielte die Pandemie eine Rolle für unsere Entscheidung, das Geschäft zu schließen. Aber beeinflusst wurde sie auch von der allgemeinen Gemengelage im Einzelhandel, etwa der großen Online-Konkurrenz, die womöglich bald dafür sorgen wird, dass die Innenstädte auch ohne Corona so entvölkert aussehen wie im Lockdown“, berichtet Julia Brenk durchaus bitter.

Die Schließung Mitte September sei jedoch ebenso der Tatsache geschuldet, dass sich die Mit-Inhaberin Kristina Vogelsang als Mieterin des Ladenlokals entschlossen habe, dieses aufzugeben. Sie hatte das Geschäft einst von der Namensgeberin Doro Decker übernommen. „Für uns alleine ist einerseits die Fläche zu groß, andererseits haben wir nicht genügend Kapazitäten, unsere eigenproduzierten Baby-Kollektionen tagsüber zu verkaufen. Denn wir nähen alles selbst, vom Strampler in den Größen 56 bis 86 bis hin zu den gestrickten Söckchen.“

Neustart mit im Lockdown entwickelter Geschäftsidee

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Die Geschäftsidee wollten die Schwestern jedoch nicht aufgeben, die sie eigentlich so richtig erst im Lockdown entwickelt hatten: nachhaltige, selbst geschneiderte Babymode aus hochwertigem Material, die keine ausgebeuteten Kinder oder Frauen irgendwo auf der Welt produziert haben, sondern in Deutschland entworfen und hergestellt wurde – eben made in Buer.

Und so will das Duo mit einer noch nicht näher benannten neuen Geschäftspartnerin am selben Standort am 1. Dezember einen Neustart unter einem anderen Namen wagen. „Wir konzentrieren uns dann auf Entwurf und Produktion der Kollektionen von Babymode, aber auch der beliebten Wimpelgirlanden für Kinderzimmer und Schultüten. Unsere Geschäftspartnerin ergänzt das Sortiment mit weiteren Artikeln für Kinder – die Bueranerinnen und Bueraner dürfen gespannt sein.“

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Stammkunden bedauern Geschäftsaufgabe

Die Wäsche-Boutique Claudia Rüdinger an der Ophofstraße 4 in Gelsenkirchen Buer, seit mehr als 30 Jahren vor Ort, schließt Mitte Dezember.
Die Wäsche-Boutique Claudia Rüdinger an der Ophofstraße 4 in Gelsenkirchen Buer, seit mehr als 30 Jahren vor Ort, schließt Mitte Dezember. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Bei einem glatten Schnitt nach mehreren Jahrzehnten vor Ort wird es hingegen für die Wäsche-Boutique Claudia Rüdinger an der Ophofstraße 4 bleiben. Deren langjährige Filialleiterin Ilona Zutz, seit Anfang 2021 eigentlich im Ruhestand, will nun auch praktisch kürzer treten. Wegen der Kundenfrequenz durch Corona, der Konkurrenz durch den Internethandel und der Schwierigkeiten, geeignetes Fachpersonal zu finden, habe sich die französische Eigentümer-Gesellschaft Promintime jedoch entschlossen, das Geschäft nicht mehr fortzuführen. Mitte Dezember, so die Planung, solle es geschlossen werden.

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Die Boutique Claudia Rüdinger stand „seit mehr als 30 Jahren“, so Ilona Zutz, besonders für exklusive Nachtwäsche, Dessous sowie Bademoden und hatte sich eine große Stammkundschaft erarbeitet. „Diese Kundinnen sind sehr traurig, dass wir Buer verlassen“, berichtet die Filialleiterin.

Immobilien-Eigentümer ist zuversichtlich, Lokal in bester Lage bald neu zu vermieten

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Immobilien-Eigentümer Gunnar Marx ist jedoch sehr zuversichtlich, das 78 Quadratmeter Ladenlokal „in der besten Seitenstraße von Buer“ zeitnah, sinnvoll und nachhaltig vermieten zu können. „Es gibt viele Nachfragen und Interessenten“, erklärte er auf Nachfrage der Redaktion. Ebenso verhalte es sich mit der Buerschen Alten Apotheke an der Hochstraße, die sein Maklerbüro Lehmkühler GmbH betreut. „Der Leerstand wird nicht mehr lange andauern“, betont er.

Als Eigentümer der bis vor wenigen Wochen von H&M gemieteten Immobilie ist er sicher: „Woolworth wird für mehr Frequenz in der buerschen City sorgen! Das Unternehmen zieht hier ein Geschäft mit besonderer Aufmachung hoch, das die City bereichern wird.“ Im Oktober, so heißt es, soll das Kaufhaus eröffnen. Derzeit werde noch renoviert.

Sortimentswechsel in alteingesessenem Fachgeschäft

Das alteingesessene Lederwaren-Fachgeschäft Droste an der Hochstraße in Gelsenkirchen Buer nimmt einen Sortimentswechsel vor.
Das alteingesessene Lederwaren-Fachgeschäft Droste an der Hochstraße in Gelsenkirchen Buer nimmt einen Sortimentswechsel vor. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Unterdessen zeichnet sich bei dem alteingesessenen Fachgeschäft Lederwaren Droste an der Hochstraße 27 – seit rund 90 Jahren in Buer beheimatet – ein Sortimentswechsel ab. Entsprechend dem neuen Konzept als „Mini-Kaufhaus“ verkauft Inhaberin Doro Decker dort künftig Baby-Geschenkartikel im Erdgeschoss und baut in den nächsten 14 Tagen das schon vorhandene Sortiment an Kinderschuhen für Säuglinge bis zum Alter von etwa 14 Jahren im ersten Obergeschoss aus.

„Der Bereich Work and Travel wird ins zweite Obergeschoss ausgelagert, in das Gebäude, wo Schlatholt seine zweite Filiale betrieben hat“, so Doro Decker zur Redaktion. Das Angebot von Koffern, Reisetaschen, Rucksäcken, Portemonnaies, Schlüsselanhängern und einigen Taschenmarken werde sie beibehalten. Schon vor einigen Monaten hatte Angela Dieler im Nachbargebäude an der Blindestraße den Wäscheladen „Busenfreundin“ eröffnet. Auch vor diesem Hintergrund mag Geschäftsfrau Decker die Lage in Buers Einzelhandel und besonders am Robinienhof nicht so negativ zeichnen. „Es tut sich was. Wir bleiben dran!“