Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen wird hitzig über einen SPD-Video und die Eignung des Laschet-Vertrauten Liminski gestritten. Rosen (CDU): „schmutzige Kampagne“.

Ein umstrittenes Wahlkampf-Video der SPD sorgt auch im Gelsenkirchener Bundestagswahlkampf für Furore. In dem Spot wird Nathanael Liminski, Chef der NRW-Staatskanzlei und enger Berater von Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet, für seine stark konservative Haltung kritisiert. Wer Laschet wähle, wähle auch „erzkatholische Laschet-Vertraute, für die Sex vor der Ehe ein Tabu ist“, heißt es in dem kurzen Video. Für die Bundestagskandidatin der CDU in Gelsenkirchen, Laura Rosen, zeigt die SPD mit der Wahlwerbung „ihr hässliches Gesicht“.

Laura Rosen (CDU): „Jemanden zu verurteilen, weil dieser den katholischen Glauben streng auslegt, geht unter die Gürtellinie.“
Laura Rosen (CDU): „Jemanden zu verurteilen, weil dieser den katholischen Glauben streng auslegt, geht unter die Gürtellinie.“ © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Der gegenwärtige Koalitionspartner der Bundes-CDU mache mit so einer „schmutzigen Wahlkampagne“ deutlich, dass er den Kontakt zu den Menschen“ inzwischen gänzlich verloren hat“, schrieb Rosen auf ihrer Facebook-Seite. Jeder Mensch, egal ob gläubig oder säkular, müsse sich nun fragen, „ob diese SPD überhaupt noch wählbar ist.“ Auf Nachfrage legt Rosen nach: „Jemanden zu verurteilen, weil dieser den katholischen Glauben streng auslegt, geht unter die Gürtellinie.“ Man müsse nicht jede Position von Herrn Liminski teilen, ihn wegen seiner religiösen Überzeugung zu attackieren, sei jedoch ein Armutszeugnis.

CDU wertet SPD-Wahlwerbung als „Tabubruch“ im Wahlkampf

In dem Video werden mehrere polarisierende Unionspolitiker als Matroschka-Puppen dargestellt. Ineinandergesteckt sind unter anderem Schachtelpuppen mit den Gesichtern des wirtschaftsliberalen Partei-Promis Friedrich Merz, des Ex-Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen und eben auch des Staatskanzlei-Chefs Nathanael Liminski. Dessen Beschreibung als „erzkatholisch“ bezieht sich unter anderem auf mehrere im Jahr 2007 getätigte Aussagen.

Lesen Sie mehr zur Bundestagswahl 2021 in Gelsenkirchen:

Damals wurde Liminksi als 21-Jähriger im „Spiegel“ mit den Worten zitiert: „Ich kenne viele Homosexuelle, und einige tun mir leid. Der Staat muss schon aus reiner Selbsterhaltung die natürliche Form der Ehe und Familie fördern.“ In der ARD-Talkshow „Maischberger“ hatte er sich zudem „gegen jede Art von künstlicher Verhütung“ ausgesprochen.

Gelsenkirchener Markus Töns (SPD) verteidigt Video

„Was bedeutet es, wenn jemand mit einer verstaubten Weltsicht wie Herr Liminski eng an der Seite von Herrn Laschet steht?“, fragt der SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Töns (SPD).
„Was bedeutet es, wenn jemand mit einer verstaubten Weltsicht wie Herr Liminski eng an der Seite von Herrn Laschet steht?“, fragt der SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Töns (SPD). © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

In Liminksis Partei wurde der Spot als „Tabubruch“ aufgefasst. So kritisierte etwa Günter Krings, Chef der CDU-Landesgruppe NRW im Bundestag, dass „höchstpersönliche Themen und religiöse Überzeugungen“ zum „Gegenstand politischer Angriffe“ gemacht worden seien. Mit dem Begriff „erzkatholisch“ diffamiere man eine gesamte Konfession. Die CDU forderte die SPD auf, den Spot nicht weiter für den Wahlkampf zu nutzen - worauf sich die SPD nach Angaben ihres Kanzlerkandidaten Olaf Scholz nun auch einlassen will.

Nach Ansicht des Gelsenkirchener SPD-Bundestagsabgeordneten Markus Töns hätte dieser Rückzug nicht sein müssen. „Mir gefällt der Spot, obwohl ich selbst Katholik bin – kein erzkonservativer, sondern ein weltoffener“, sagte der hiesige sozialdemokratische Kandidat für die Bundestagswahl 2021 unserer Redaktion. Die Kritik von CDU-Kandidatin Laura Rosen und anderen Unionspolitikern gehe am Thema vorbei. „Ob jemand katholisch oder erzkonservativ ist, ist seine Privatsache. Die Frage aber ist doch, ob dies jemand dann auch zu seinem Maßstab für Politik und seine Behandlung von anderen macht.“

Töns (SPD): „Was bedeutet es, wenn so jemand an der Seite von Laschet steht?“

SPD-Mann Töns wertet es ebenfalls als Warnsignal, dass Liminskis Vater Mitglied der ultrareaktionär-katholischen Vereinigung „Opus Dei“ gewesen ist und dieser, so wie auch Nathanael Liminski selbst, für den AfD-nahen Blog „Die Freie Welt“ als Autoren tätig gewesen ist. Der einzige dort noch zu findende Artikel des heutigen Staatssekretärs stammt allerdings aus dem Jahr 2009 - ein Interview mit dem damaligen CSU-Europaabgeordneten Martin Kastler.

Kritik von den Grünen

Kritik an der Wahlwerbung der SPD kam auch von den Grünen. So twitterte etwa der ehemalige religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck: „Liminski mag merkwürdige Positionen vertreten und Verbindungen haben. Dass er katholisch ist, spricht allerdings nicht gegen ihn und nicht gegen Armin Laschet.“

Kritisch äußerte sich auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz auf Twitter: „Menschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit anzugreifen, ist exakt so unterirdisch, wie sie wegen ihrer Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft anzugreifen.“

Töns glaubt dennoch: „Als Demokrat finde ich es problematisch, wenn man bei einem Medium aktiv gewesen ist, das so sehr am rechten Rand steht. Ebenfalls find ich problematisch, wenn man sich nie von einer Vereinigung wie ‘Opus Dei’ distanziert hat, die immerhin auch dafür gesorgt hat, dass jemand wie Diktator Franco in Spanien so lange an der Macht sein konnte.“ Da müsse die Frage erlaubt sein: „Was bedeutet es, wenn jemand mit einer verstaubten Weltsicht wie Herr Liminski eng an der Seite von Herrn Laschet steht?“