Gelsenkirchen. Dirk Niewöhner brachte den Stein ins Rollen, als er sich über Jugendliche in Gelsenkirchen-City ärgerte. Politik und Stadt reagierten. Und nun?

Nachdem sich Buchhändler Dirk Niewöhner vor zweieinhalb Wochen mit seinen Schilderungen über aggressive und ausfallende Jugendliche an unsere Redaktion wandte, brach eine Diskussion über die Sicherheit am Heinrich-König-Platz aus. Es kamen Kamera-Teams, nahezu alle politischen Parteien meldeten sich zu Wort – und die Stadt wurde tätig. Ein Arbeitskreis aus Polizei, Bogestra sowie den städtischen Ordnungs-, Jugend- und Integrationsreferaten, soll nun die Lage vor Ort analysieren und „repressiv, aber auch präventiv“ gegen die Unruhestifter vorgehen. Viel ist also passiert seit Ende Mai. Wie reflektiert Dirk Niewöhner, derjenige, der den Stein ins Rollen gebracht hat, nun die Reaktionen und Konsequenzen auf seinen Hilferuf?

„Keine Denkverbote“: Buchhändler hat mehrere Vorschläge für Prävention in der City

Zunächst steht da ein Dankeschön. „Die Stadt hat schnell reagiert, es gab viele Hilfsangebote, der Ordnungsdienst und die Polizei haben mehr Präsenz gezeigt, was eine spürbare Wirkung hatte“, sagt der Buchhändler. Zugleich erlebe er die Stadtverwaltung jedoch „als Getriebene“. Sie reagiere lediglich dann, wenn die öffentliche Empörung zu groß werde, leiste aber zu wenig aus eigenem Antrieb. „Ich sehe selten, dass Gelsenkirchen mit einer Idee vorangeht“, findet Niewöhner. „Und da sollte es keine Denkverbote geben.“ [Lesen Sie auch: Ärger am Heinrich-König-Platz ist nun auch Thema im Landtag NRW]

Von dem Verbot aggressiver Bettelei über vereinzelte Videoüberwachung bis zu sogenannten Hochton-Anlagen könne man über vieles zumindest einmal diskutieren, so der Kaufmann. Jene Anlagen geben einen Ton ab, der für Erwachsene unter 25 Jahren besonders irritierend ist. So soll dafür gesorgt werden, dass sich Jugendliche nicht mehr zu bestimmten Zeiten auf Spielplätzen oder in Parkhäusern aufhalten.

Politischer Streit um Kriminalprävention im Gelsenkirchener Ordnungsausschuss

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Niewöhner, der zum vergangenen Ordnungsausschuss eingeladen wurde und dort erstmalig eine kommunalpolitische Debatte verfolgte, beobachtete dort jedoch: „Viele Themen sind durch die AfD verbrannt.“ Denn zwar legte die AfD im Ausschuss einen Antrag zur Kriminalprävention vor, mit dem ebenfalls Maßnahmen wie mehr Videoüberwachung angeregt wurden. Weil Co-Fraktionschefin Enxhi Seli-Zacharias mit Blick auf die Meldungen am Heinrich-König-Platz dann jedoch von Problemen „ethnisch abgeschotteter Subkulturen“ sprach, driftete die Diskussion schnell in eine gegenseitige Schuldzuweisung ab: Während der AfD seitens SPD, CDU, Grünen und FDP vorgeworfen wurde, die Stadt weiter zu spalten und unsachliche Diskussionen zu führen, griff diese die angeblich langjährig praktizierte „Laissez-Faire-Politik“ der anderen Fraktionen an.

Dirk Niewöhner ist – wenig beeindruckt von den politischen Streitereien - nur eines wichtig: „Dass die Probleme eben wirklich konstruktiv und nachhaltig angegangen werden.“