Gegen das Phänomen Autoposer machen XL-Gastronomen in Gelsenkirchen Front. Sie beklagen Geschäftsschädigung und Übergriffe auf Mitarbeiterinnen.
„Uns reicht es - wir sind die großen Player in Sachen Gastronomie in Gelsenkirchen. Autoposer sind geschäftsschädigend. Es darf hier an der Arena nicht so weitergehen, dass diese Klientel unsere Gäste vergrault, Parkplätze und Betrieb lahmlegen und Mitarbeiterinnen auf üble Weise anmacht.“
Diese wütende Botschaft kommt von Andre Kostrzewa, Kai Bracklow und Christian Wannags, Betriebsleiter von Café del Sol, L’Osteria und Xiao im Arena-Park zwischen Adenauer- und Willy-Brandt-Allee. Unterstützung kommt auch von Franchise-Betreiber Gordon Zlobinski, dessen McDonalds-Filiale dort in Erle ebenfalls betroffen ist.
Aufheulende Motoren, Müllberge, Kurzstreckenrennen im Kreis, Wheelies
Den Unternehmern ist jetzt der Geduldsfaden gerissen. Die XL-Gastronomen haben vor, Oberbürgermeisterin Karin Welge und Polizeipräsidentin Britta Zur „einen Protestbrief zu schicken, verbunden mit der Aufforderung, mehr gegen Autoposer zu tun.“ Die Corona-Krise hat ihnen und der Belegschaft schon lange genug zugesetzt. Und jetzt, kaum, dass das Geschäft durch die Lockerungen wieder in die Gänge kommt, wird der Parkplatz rund um die Lokale und das nahe Apollo-Kinocenter zum Hotspot der PS-Junkies.
„Seit sechs Wochen etwa“, so berichten es die Geschäftsleute, treffen sich dort auf dem Parkplatz wieder verstärkt die Autoposer, unter der Woche wie auch an Wochenenden - halbwegs gutes Wetter vorausgesetzt. Zuletzt am vergangenen Sonntag, (30. Mai) waren es über 500 Fahrzeuge und über 1000 Personen. Polizei und Ordnungsamt waren im Groß- und Dauereinsatz. Gut zwei Stunden dauerte es, bis der Spuk vorbei war.
Mit Tempo 70 über den Parkplatz, Aggressionen unter den PS-Junkies
Was sich auf dem Parkplatz abspielt, sind Szenen, die Restaurant-Gäste verschreckten und Mitarbeiterinnen veranlassten, nach Dienstschluss gemeinsam im Team den Arbeitsplatz zu verlassen, „um nicht angemacht zu werden“. Teils, so Christian Wannags, „brettern die Poser mit 70 Sachen über den Parkplatz, fahren Rennen im Kreis“. Verpackungs(-Reste) vom schnellen Happen zwischendurch lägen überall herum, und erst am vergangenen Dienstag sei er geschlossen mit seinem Team gegangen, „damit die Frauen keine Übergriffe befürchten mussten“.
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Eine Mitarbeiter, die anonym bleiben will, sagt: „Jeden Tag wird mindestens eine Kollegin beleidigt oder anzüglich angesprochen. Wir haben Angst, dass wir betatscht werden. Im Auto verriegeln wir die Türen, warten, bis wir vom Parkplatz runterkommen. Die Männer hämmern währenddessen mit den Händen gegen die Scheiben. Es sind Gruppen von bis zu 15 Personen, gegen die wir nichts ausrichten können.“
Die Stimmung unter den PS-Junkies wird oftmals dadurch aggressiv angeheizt, dass sich Fahrer und Boliden bei der Leistungsschau an den Ab- und Zufahrten in die Quere kommen. „Da stehen sich dann am Ende ganze Gruppen Bekannter gegenüber“, sagt Kai Bracklow. Und Gordon Zlobinski ergänzt: „Mitunter ist so viel Andrang, dass unser kompletter Drive-in-Betrieb lange zum Erliegen kommt, weil nichts mehr vor und zurück geht.“ Von Übergriffen auf seine Mitarbeiterinnen hatte der Gelsenkirchener im Gegensatz zu den anderen Unternehmern bislang noch keine Informationen bekommen.
Polizei und KOD: Gehen den Hinweisen aus der Bürgerschaft nach
Kritik von Seiten der Geschäftsleute gibt es an Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst. Mal werde man abgespeist mit dem Hinweis es handele sich um ein Privatgelände und keine öffentliche Straße, mal dauere es sehr lange, bis Einsatzkräfte auftauchten.
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Diese Anschuldigungen wollen Stadt und Polizei so nicht stehen lassen. „Wir kommen, wenn wir gerufen werden“, sagte Polizeisprecher Matthias Büscher. „Wenn Gefahr im Verzug ist, sind wir da.“ Und auch die Verwaltung betont, dass der KOD jedem Hinweis nachgehe. Die Polizeibehörde versichert, dass die Hotspots der Stadt – Amphitheater, Hafenquartier Graf Bismarck, Europastraße, Zoom und Arena-Park – regelmäßig bestreift würden, auch und gerade des Nachts. „Wir kontrollieren selbst ohne einen Hinweis auf Ruhestörungen, Verstöße gegen Corona-Regeln oder illegalen Autorennen immer wieder stichprobenartig. Und wir suchen das Gespräch mit der Szene“, so Büscher weiter.