Gelsenkirchen-Bismarck. Blechlawine im Hafen-Quartier Graf Bismarck: Anwohner sprechen von einem Höhepunkt der Autoposerszene. KOD und Polizei Gelsenkirchen im Einsatz.
Strahlend blauer Himmel und sommerliche Wärme haben am vergangenen Sonntag zahlreiche Menschen ins Freie gelockt. Das Gelsenkirchener Hafenquartier Graf Bismarck am Rhein-Herne-Kanal ist nach Angaben der gleichnamigen Bürgerinitiative geradezu von einer Blechlawine sogenannter Autoposer überrollt worden. KOD und Polizei riegelten das Ausflugsgebiet zeitweise ab. Die Nerven der Anwohner liegen blank, ihr Sprecher Wolfgang Kothe sagt: „Die Stimmung kippt, es wird zunehmend zu einer extremen Belastung.“ Manche seien so genervt, dass sie mit Gleichgesinnten wieder auf die Straße gehen wollen, um die Zufahrt zu blockieren.
Gelsenkirchener Johannes-Rau-Allee als Laufsteg für die teuren Boliden
Wolfgang Kothe kam am Sonntag aus dem Staunen nicht mehr heraus, er zückte selbst das Handy, um die Automassen, die das beliebte Ausflugsziel anfuhren, zu dokumentieren. Gegen Erholungssuchende hat er nichts, wie der BI-Sprecher sagt, „aber gegen die Autoposer, die hier ständig hin und her fahren, um sich ihre teils sehr teuren Autos zu präsentieren“. Und die Leistung ihrer Boliden mit aufheulenden Motoren demonstrieren, gern auch in Seitenstraßen.
Kothe und seine Mitstreiter registrierten hochmotorisierte Besucher aus ganz NRW, Kennzeichen aus Aachen, Leverkusen oder aus Hamm fielen ihnen unter anderem auf.
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KOD mit fünf Teams rund um die Gelsenkirchener Marina im Einsatz, 21 Anzeigen
Auf Anfrage bestätigten Polizei und Kommunaler Ordnungsdienst (KOD), „ein deutlich erhöhtes Besucheraufkommen“ am Sonntag. Da sich wegen der Einbauten und des starken Verkehrsaufkommens der Verkehr auf der Johannes-Rau-Allee gestaut habe, „riegelte die Polizei zeitweise das Gebiet ab, um den Verkehr zu reduzieren“.
Mit fünf Teams ist der KOD am Sonntag rund um die Johannes-Rau-Allee an der Marina gewesen, unterstützt von der Polizei, die diesen bei Autoposern beliebten Treffpunkt nach zunehmenden Protesten in der Vergangenheit öfter kontrolliert. Demnach wurden bei Verstößen gegen die Coronaschutzverordnung im Hafengebiet Verwarnungen ausgesprochen und insgesamt 21 Anzeigen verhängt. „Dabei ging es im Wesentlichen um Ansammlungen von bis zu zehn Personen oder Verstöße gegen das Picknickverbot“, so Polizeisprecher Matthias Büscher. Als Konsequenz auf den großen Andrang prüfe die Stadt, bei zu erwartendem hohen Verkehrsaufkommen etwa an Feiertagen, mit verkehrlichen Einschränkungen zu reagieren.
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Polizei und Stadt betonen, dass es sich bei der Johannes-Rau-Allee um einen öffentlichen Verkehrsraum handelt, der nicht ausschließlich den Anwohnern gewidmet ist. „Regelmäßig erhöht sich das Verkehrsaufkommen an warmen und sonnigen Tagen, da es sich bei der Marina Graf Bismarck um ein beliebtes Ausflugsziel in Gelsenkirchen handelt.“
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Thematisieren auf breiter Ebene
Die Bürgerinitiative hat sich erneut an die lokale Politik gewandt, um das Problem im Quartier zu beheben. Sie drängt darauf, es nicht nur in der Bezirksvertretung Mitte oder im Präventionsrat zu erörtern, sondern auch in den höheren Ausschüssen, zum Beispiel im Verkehrsausschuss.
CDU-Chef Sascha Kurth hat dahingehend bereits Unterstützung in Aussicht gestellt. Nach Angaben der BI hat auch WIN-Politiker Ali-Riza Akyol Hilfsbereitschaft signalisiert. Demnach könnte bald ein interfraktioneller Arbeitskreis nach Lösungen suchen.
Einladung an die OB Karin Welge, sich selbst ein Bild zu machen
Die Bürgerinitiative zieht diese Darstellung allerdings in Zweifel und verweist auf einen Passus im Bebauungsplan, wonach „die Erschließung des Plangebietes darauf abzielt, die einzelnen Quartiere nicht unnötig mit Durchgangsverkehr zu belasten“. Außerdem beruft sich die BI auf Paragraf 45 der Verkehrsordnung, der den Schutz der Bevölkerung hervorhebe. Demnach, so die BI, „wird nicht genug getan, um die Menschen im Quartier vor diesen Blechkindern zu schützen.“ Kothe und seine Mitstreiter senden daher einen Hilferuf an die Stadtspitze: „Wir laden Oberbürgermeisterin Karin Welge dringend ein, sich einmal selbst ein Bild vom Ausmaß des Autoposer-Phänomenens zu machen.“
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Vorschlag nach Düsseldorfer Vorbild: Schranke soll unerlaubte Besucherströme abhalten
Die Anwohner verbinden ihren Hilferuf mit neuen Vorschlägen in Richtung Verwaltung, wie dieser Andrang besser kanalisiert werden könnte. Mit Blick auf Düsseldorf - dort hat man an der Rheinpromenade in Höhe des Mannesmannufers eine Schranke eingebaut, um den Blechwurm der Autoposer zu stoppen - fordert auch die BI eine solche Zufahrtsregelung in der Mitte der Johannes-Rau-Allee, nach Möglichkeit mit Chipsystem, damit Bewohner und Angehörige der Gewerbeunternehmen problemlos ein- und ausfahren können. Verbunden soll das in Graf Bismarck mit bewirtschafteten Parkplätzen werden, um die Ströme der Besucher effektiver abzuleiten. Apropos ableiten: Eine Schranke könnte den Autostrom in die Seitenstraßen umlenken, trotz Anliegerregelung.
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