Gelsenkirchen-Bismarck. Im Kampf gegen Raser und Poser im Gelsenkirchener Hafenviertel Graf Bismarck haben Anwohner neue Vorschläge gemacht. Stadt zeigt sich offen.

Im Kampf gegen Raser und Poser rund um Stölting Harbor lässt die Bürgerinitiative Graf Bismarck nicht locker. Die Anwohner haben neue Vorschläge ausgearbeitet und das Gespräch mit der Polizei gesucht. Ihre Angst: Die Situation könnte weiter eskalieren. Zuletzt blockierten Anwohner die Johannes-Rau-Allee, um die abendliche PS-Schau zu verhindern, es kam zum Streit. Die Polizei musste viele erhitzte Gemüter beruhigen.

In Dortmund flogen am Phönix-See bereits Eier auf die Tuningfans

„Uns geht es um den Kampf gegen die Ursachen, nicht um die Behandlung der Symptome“, sagen Wolfgang Kothe und Achim Götte, Sprecher der Bürgerinitiative. Die beiden Anwohner haben erfreut registriert, dass Polizei und Kommunaler Ordnungsdienst (KOD) ihre Präsenz im Quartier deutlich erhöht haben, beide sehen aber auch Anzeichen dafür, dass die Stimmung der Menschen rund um die Johannes-Rau-Allee auf einen Kipp-Punkt hinsteuert. Verhältnisse wie am Dortmunder Phönix-See, einem von Tuning-Fans ebenso stark frequentierten Wohn- und Erholungsgebiet, möchten sie meiden. „Dort haben wütende Anwohner schon Eier geworfen“, sagen sie und verweisen auf einen Zeitungsartikel.

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So weit ist man in Graf Bismarck nicht, doch die Anwohnerblockade der Johannes-Rau-Allee am Wochenende vor Ostern hat gezeigt, dass bis dahin nicht mehr viel zu fehlen scheint.

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Das Wohn- und Gewerbequartier Graf Bismarck in Gelsenkirchen bietet viel Erholung. Es zieht viele Besucher ab, aber auch Raser und Poser - vor allem abends an Wochenenden. Polizei und Ordnungsdienst haben die Kontrollen verschärft
Das Wohn- und Gewerbequartier Graf Bismarck in Gelsenkirchen bietet viel Erholung. Es zieht viele Besucher ab, aber auch Raser und Poser - vor allem abends an Wochenenden. Polizei und Ordnungsdienst haben die Kontrollen verschärft © www.blossey.eu | Hans Blossey

Die Bürgerinitiative hat zur Bekämpfung des Raser- und Poserproblems eine Reihe von neuen Vorschlägen ausgearbeitet. Im Kern geht es dabei darum, den Durchgangsverkehr von der Johannes-Rau-Allee als beliebte Abkürzung fernzuhalten. Und das Cruisen der Poser zu unterbinden. Diese Straße soll von Hamburger Straße bis Lübecker Straße zu einer Anwohnerstraße werden. „Vorstellbar sind dabei mehrere Möglichkeiten: nur frei für Anlieger, als unechte Einbahnstraße, Fahrradstraße oder Fußgängerzone.“

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Vorschlag: Johannes-Rau-Allee soll zur Anwohnerstraße werden

Die Liste an Vorschlägen enthält zudem den Rückbau der Parkbuchten in dem Bereich, um ungebetenen Gästen abends keine Bühne mehr zu bieten. Dazu noch die Umwidmung des Parkplatzes an der Hamburger Straße vom Bedarfsparkplatz zum bewirtschafteten Stellplatz sowie ein bewirtschafteter Parkplatz am Schiffanleger. Berücksichtigt wird dabei auch, dass es sich um ein Wohn- und Gewerbegebiet mit Gastronomie handelt. „Tagsüber freies Parken, ab 18 Uhr kostenpflichtig und ab Schließung der Gaststätten wird auch der Parkplatz geschlossen“, erklären Wolfgang Kothe und Achim Götte.

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Die Bewohner hoffen, dass der „politische Wille in Gelsenkirchen“ ähnlich groß ist wie in der Nachbarstadt Dortmund. Medienberichten zu Folge soll die betroffene Straße am Phönixsee zur Fahrradstraße werden - damit wäre die Straße für Autos, Motorräder und Lkw tabu, Ausnahmen für Anlieger wären noch möglich.

Kothe und Götte berichten, dass ihr jüngster Lagebericht bei der Polizei auf großes Interesse gestoßen ist. Die Bürgerinitiative hatte am 25. Juni mit der Leitenden Kriminaldirektorin Heidi Fahrenholz die Lage erörtert. „Das Gespräch war sehr konstruktiv“, so die Einschätzung der beiden Sprecher. Die Polizei wolle den Kontrolldruck weiter hochhalten und plane bereits weitere Aktionen. Aus Neutralitätsgründen kann die Behörde aber nicht Partei ergreifen. Bei dem Termin kam auch das heraus: „Für die Missachtung des Halteverbotes wurden seit Beginn der Corona-Maßnahmen 530 Ordnungsgelder verhängt.“

Poser-Problem erschwert Vermarktung des Quartiers

Die Raser-und Poser-Problematik hat sich über die Stadtgrenzen Gelsenkirchens hinaus herumgesprochen. Im Viertel werden noch viele Häuser und Wohnungen gebaut. Die Hofschröer Projektbau GmbH beispielsweise ist Bauträger von vier teils noch ausstehender Bauten in Graf Bismarck.

In einem Schreiben an die Stadt beklagt das Unternehmen, dass „einige Erwerber vor der Überlegung zum Wiederverkauf ihrer Immobilie“ stünden. Und dass Interessenten mittlerweile Abstand von Reservierungen genommen hätten. Hofschöer-Bewohner waren es auch, die die Johannes-Rau-Allee blockierten kurz vor Ostern.

Die über soziale Medien gut vernetzte Bürgerinitiative Graf Bismarck rät mittlerweile Interessenten: „Rat an alle zukünftigen Bewerber: Lasst Euch ein Poser freies Wohnen und Arbeiten in den Kaufvertrag schreiben!“

Expertenrunde aus Stadt, Polizei, KOD erörtert Lage und Vorschläge

Was die Behörde aber machen kann, ist ihre Expertise einzubringen. Beispielsweise bei der nächsten Sitzung des Runden Tisches Hafen Graf Bismarck– in dem Gremium sitzen seit Frühjahr 2018 unter anderem Vertreter vom Referat Verkehr, Stadtplanung, KOD, Gelsendienste und Polizei. Ihre Bewertung der Lage dient der Verwaltung als Handlungsempfehlung.

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„Die Stadt ist offen und dankbar für neue Vorschläge“, sagte Stadtsprecher Oliver Schäfer. Ihm zufolge sind die Ideen „in Teilen neu“, eine verbindliche Aussage dazu daher erst nach einer Bewertung durch den Runden Tisch möglich. Schäfer kündigte an, dass Bürgerinitiative danach Antwort erhalte.

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Es besteht aber jetzt auch wieder die Möglichkeit zu einem persönlichen Austausch. Nachdem Veranstaltungen unter Hygieneauflagen wieder zulässig sind, wird am 29. Juli wieder der örtliche Präventionsrat Bismarck tagen. Hier können die Anwohner des Hafengebietes mit den Akteuren des Runden Tisches die Vorschläge gemeinsam erörtern.