Gelsenkirchen-Beckhausen. Gläubige danken Gelsenkirchener Bernd Steinrötter für seine „klare Kante“ gegen ein Verbot aus Rom. Aktionen vor Gotteshäusern für mehr Toleranz.

Verbot aus Rom hin oder her: Für seine Ankündigung, auch weiterhin homosexuelle Paare zu segnen, hat der Beckhausener Pastor Bernd Steinrötter aus der Pfarrei St. Hippolytus nur (sehr viel) Lob erhalten. Persönlich, telefonisch, via Facebook oder Mail: Auf allen Kanälen dankten ihm Gläubige für seine „klare Kante“ gegen die Sexualmoral der offiziellen Kirche. Die katholischen Jugend- und Erwachsenenverbände vor Ort veranlasste sie gar zu einer öffentlichkeitswirksamen Aktion, mit deren Methode einst Martin Luther für Furore sorgte.

„Weiter so!“, „starke Worte“, „Respekt und Anerkennung!“, „Danke – ich hoffe viele deiner Kollegen ziehen mit!“, „alle Achtung für den Mut“ und „menschlicher Pastor mit den richtigen Ansichten“: Dass die Rückmeldungen bislang ausschließlich positiv sind, hat den Geistlichen (56) durchaus überrascht. „Ich hatte auch mit Kritik oder gar Beschimpfungen gerechnet, weil sich nach wie vor einige in der katholischen Kirche mit dem Thema Sexualität schwertun.“

Bislang musste sich Gelsenkirchener Pastor nicht vor Bischof rechtfertigen

Pastor Bernd Steinrötter von der Pfarrei St. Hippolytus in Gelsenkirchen will auch weiterhin homosexuelle Paare segnen.
Pastor Bernd Steinrötter von der Pfarrei St. Hippolytus in Gelsenkirchen will auch weiterhin homosexuelle Paare segnen. © Pfarrei St. Hippolytus

Vor Bischof Franz-Josef Overbeck rechtfertigen musste er sich für seine Haltung nicht, berichtete Steinrötter auf Nachfrage der Redaktion. Seine Vorgesetzten im Bistum Essen hätten sich gar nicht bei ihm gemeldet.

Stattdessen forderte der Bischof gar in einem bundesweit beachteten Brief an die Pfarreien eine „Neuorientierung der Kirche bei diesem Thema“ und eine „erweiterte Sichtweise auf die menschliche Sexualität“. Er teilte mit, nach der Erklärung der römischen Glaubenskongregation hätten sich viele empörte Gläubige und Seelsorger bei ihm gemeldet, die die darin zum Ausdruck kommende Bewertung der Homosexualität scharf kritisierten. Die offene Ablehnung der lehramtlichen Position in Kirchengemeinden und bei Seelsorgern dürfe nicht mehr ignoriert werden.

Pastor Steinrötter will homosexuelle Paare weiter begleiten und segnen

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Der Beckhausener Pastor wertet die vielen Rückmeldungen als Beleg dafür, wie wichtig das Thema für die Gläubigen sei. „Bei meiner Positionierung ging es mir nicht um mich selbst, sondern darum, dass hier uns anvertraute Menschen sind, die wir seelsorglich begleiten wollen und müssen – und zwar nicht im stillen Kämmerlein.“

So habe sich etwa ein Gläubiger bei ihm gemeldet, der nach dem Umgang der Amtskirche mit dem Missbrauchsskandal „kurz davor war“, aus der Kirche auszutreten. „Das Segnungs-Verbot für homosexuelle Paare war dann der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.“ Steinrötters öffentliche Positionierung habe ihn dann aber dazu gebracht, von der Abkehr Abstand zu nehmen.

Keine Reaktionen von Mitbrüdern aus Gelsenkirchen

„Kirche vor Ort muss Gesicht zeigen. Nur so kennen auch gleichgeschlechtliche Paare eine Anlaufstelle, ohne sich von einer Adresse zur nächsten durchfragen zu müssen“, betonte Steinrötter. Wie berichtet, hat er bereits homosexuelle Verbindungen gesegnet und weiß auch von einigen Amtskollegen, die dies tun.

Reaktionen von Mitbrüdern aus Gelsenkirchen hat der 56-Jährige bislang nicht erhalten. Nur aus dem privaten Umfeld hätten sich Geistliche aus anderen Städten gemeldet, die seine Kritik an dem römischen Segnungs-Verbot teilten und seine Position unterstützten.

Öffentlichkeitswirksamer Protest gegen Verbot an Kirchen vor Ort

Dafür ist der Rückenwind aus der Pfarrei am Hauptportal der St.-Hippolytus-Kirche in Horst zu besichtigen und demnächst wohl auch am Standort Liebfrauen: Der Messdienerverband der Pfarrei, Pfadfinder und die KJG St. Laurentius hätten Karten mit den Aufschriften „Liebe ist keine Sünde“ und „Gott liebt jeden Menschen!“ entworfen und so an der Tür befestigt, dass Interessierte sie mitnehmen können.

Illustriert sind sie mit Herzen und einem Regenbogen – dem Symbol, das für die Vielfalt von Schwulen und Lesben in aller Welt steht. Und eine Anfrage eines homosexuellen Paares hat ihn auch schon erreicht: Ob er ihre Verbindung segnen würde…

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