Gelsenkirchen-Horst. Gelsenkirchener Geistlicher gestaltete St. Hippolytus nach Gemeindefusion mit. Unvergessen ist seine streitbare Stimme gegen Rechtsradikalismus.

Im Juni hätte er sein Goldenes Priesterjubiläum feiern können, doch dazu kommt es nun nicht mehr: Pastor i.R. Gerd Rüsing ist am vergangenen Dienstag im Alter von 76 Jahren verstorben. St. Hippolytus verliert damit einen Gestalter der Pfarrei-Neuausrichtung auch über Stadtgrenzen hinweg – und eine mitunter streitbare Stimme gegen Rechtsradikalismus.

1944 in Gelsenkirchen geboren, studierte Gerhard Ulrich Rüsing nach seinem Abitur 1956 am Schalker Gymnasium Theologie in politisch aufgeheizten Zeiten in Bochum und Münster; er las mit Begeisterung Karl Rahner und Johann Baptist Metz.

Gelsenkirchener Pastor liebte Gesang und Kirchenmusik

Pastor Gerd Rüsing kurz vor dem Ruhestand Mitte 2010: 1944 in Gelsenkirchen geboren, war er fast seine gesamte Zeit als Geistlicher über in Gelsenkirchener Gemeinden eingesetzt. In seiner Heimatstadt starb er jetzt 76-jährig.
Pastor Gerd Rüsing kurz vor dem Ruhestand Mitte 2010: 1944 in Gelsenkirchen geboren, war er fast seine gesamte Zeit als Geistlicher über in Gelsenkirchener Gemeinden eingesetzt. In seiner Heimatstadt starb er jetzt 76-jährig. © WAZ FotoPool | Thomas Schmidtke

Nach seiner Priesterweihe am 24. Juni 1971 waren seine Stationen die Gemeinden Mariä Himmelfahrt (Rotthausen), St. Joseph Bochum-Wattenscheid, Maria Magdalena Wattenscheid-Höntrop, St. Theresia Essen-Stadtwald und ab 1996 eben St. Hippolytus. Dort brachte er die vom Bistum beschlossene Vereinigung mit Liebfrauen und St. Laurentius (Horst-Süd) mit St. Marien (Essen-Karnap) mit auf dem Weg – eine der ersten Gemeindefusionen über Stadtgrenzen hinweg. „Leicht fiel es den Horstern nicht, neue Wege zu gehen“, blickte er anlässlich seines 75. Geburtstages auf diese durchaus schwierige Zeit des Neuanfangs zurück.

Was seinen „Schäfchen“ das Herz ein bisschen leichter gemacht haben mag: Rüsing brachte die Gemeinde buchstäblich zum Singen, noch mehr, als dies für gewöhnlich in Gottesdiensten der Fall ist. Dem einstigen Gelsenkirchener Stadtjugendseelsorger war nicht nur „die Liturgie in ihren vielfältigen Formen im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils ein Herzensanliegen“, so Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck; der Präses des Cäcilienverbandes im Bistum und des Kirchenchores in St. Hippolytus liebte auch Kirchenmusik in allen Facetten und machte die Gläubigen mit immer neuen Liedern, gerne auch als Kanon, vertraut.

Dank von Ex-OB Baranowksi für das Engagement gegen Rechts bedeutete ihm viel

Nachfolger Pfarrer Wolfgang Pingel: „Ich verbinde mit ihm besonders das Lied ,Lobet und preiset ihr Völker den Herrn’.“ Rüsing habe Gesang immer auch als Gotteslob verstanden. „Dankbar sind wir in der Pfarrei aber auch für seinen pastoralen Einsatz und für seine Verdienste um die Ökumene.“ Pastor Bernd Steinrötter, den Rüsing 2010 in sein Amt als Pastor in Liebfrauen Beckhausen einführte, erinnert ihn als „feinsinnen, empfindsamen, kulturinteressierten Menschen“.

Dass Rüsing Konflikten nicht aus dem Weg ging, stellte er 2009 bei einer Tagung von Pro NRW im Schloss Horst unter Beweis: Als er auf einer Demonstration erklärte, in Horst seien alle Freunde des Ortes willkommen, aber nicht jeder sei ein solcher Freund, „da gingen die Wellen in den Zeitungen hoch“, erzählte er noch Jahre später mit einem verschmitzten Lächeln. Es bedeutete ihm viel, dass der damalige OB Frank Baranowski ihm 2010 bei seiner Verabschiedung für das Engagement gegen Rassismus dankte.

Am Dienstag, 16. März, 11 bis 12 und 14 bis 17 Uhr, können Interessierte sich in der Pfarrkirche St. Hippolytus von dem Verstorbenen verabschieden. Für die Teilnahme an der Totenvesper am 16. März, 18 Uhr, ist eine Anmeldung nötig ( 0209 555 22).

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