Gelsenkirchen/Essen/Mülheim. In Essen, Gelsenkirchen und Mülheim ließen sich die meisten Bewohner ausgewählter Altenheime gegen Corona impfen. Viele Pfleger hingegen nicht.
Der 27. Dezember 2020 könnte als der Tag in die Geschichte eingehen, an dem in Deutschland und Europa, der Kampf gegen Corona einen entscheidenden Schritt voran gekommen ist. An diesem Sonntag wurden in allen Städten und Gemeinden die ersten Dosen des Biontech-Pfizer-Impfstoffes an Seniorenheimbewohner und Pflegekräfte verabreicht (Lesen Sie hier: "So liefen die ersten Impfungen im Ruhrgebiet").
Während die Städte im Ruhrgebiet eine hohe Impfbereitschaft unter den Bewohnern der ausgewählten Heime vermelden, wo sich teilweise bis zu 95 Prozent gegen Corona haben impfen lassen, so ist auf der anderen Seite festzuhalten, dass sich am ersten Impf-Tag mancherorts nur etwa jede zweite Pflegekraft impfen ließ.
Nur jeder zweiter Pfleger in Gelsenkirchen, Essen und Mülheim ließ sich impfen
In Gelsenkirchen ist dies der Fall, auch aus Mülheim wird eine ähnlich niedrige Quote gemeldet. In Essen beispielsweise wollen sich am Sonntag nur 54 von 120 Mitarbeitern impfen lassen. Um keine der wertvollen Dosen wegwerfen zu müssen, die ohne extreme Kühlung nicht haltbar sind, werden kurzerhand 24 Feuerwehrleute bedacht.
Die Gründe sind unbekannt. Wer sich nicht impfen lassen wollte, wurde nicht nach seinen Gründen gefragt. Schließlich gibt es keine Impfpflicht in Deutschland. Auch nicht für Pflegepersonal, das täglich eng mit gefährdeten kranken und alten Menschen arbeitet. Dabei lebte etwa jeder zweite Corona-Tote bundesweit vor seinem Tod an oder mit Covid19 in einem Senioren- bzw. Pflegeheim.
Gleichzeitig breitet sich in Gelsenkirchen und in vielen anderen Städten auch das Corona-Virus besorgniserregend schnell aus. Aktuell sind 227 der insgesamt stadtweit rund 2500 Heimbewohner mit dem Corona-Virus in Gelsenkirchen infiziert. Dazu kommen 120 aktiv infizierte Pflegekräfte, 20 mehr als vor vier Tagen. (Mehr dazu lesen Sie hier: "In Gelsenkirchener Altenheimen bahnt sich eine schreckliche Tragödie an")
Impfbereitschaft in Deutschland laut Umfrage bei nur 50 Prozent
Die Bilanz des ersten Impftages aus Gelsenkirchen, Essen und Mülheim ist angesichts jüngster Umfrageergebnisse wenig überraschend. Die Bereitschaft, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen, hat Anfang Dezember mit 50 Prozent einen neuen Tiefstand erreicht. Das geht aus einer Umfrage der Universität Erfurt, des Robert Koch-Instituts und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hervor.
Zum Höhepunkt der ersten Pandemiewelle hatten noch 79 Prozent der Befragten grundsätzlich die Bereitschaft zur Impfung bekundet. In den Befragungswellen der vergangenen Wochen ist die subjektiv wahrgenommene Ansteckungswahrscheinlichkeit stetig gesunken. Anfang Dezember bezeichneten es nur noch 37 Prozent der Befragten als „extrem oder eher wahrscheinlich“, dass sie sich anstecken.
Laut der Erhebung sei „die Impfbereitschaft des medizinischen Personals geringer als die der Gesamtbevölkerung“. Das wäre demnach bei mehr als der Hälfte der Fall.
Und das, obwohl es in den jüngsten Empfehlungen der Ständigen Impfkommission ausdrücklich heißt: Covid-19-Erkrankungen und -Todesfälle „unter medizinischem Personal werden weltweit berichtet“. Zudem könne medizinisches Personal zur Übertragung des Virus „in Krankenhaus, Praxis oder bei anderen Kontakten beitragen“.
Die Fachleute sehen insbesondere ein Ansteckungsrisiko für stark gefährdete Patientengruppen wie etwa Hochbetagte und Krebskranke. Anders gesagt: Es gäbe gute Gründe für diese Berufsgruppen, andere und sich selbst zu schützen.