Gelsenkirchen. Mehr als 200 Bewohner in Gelsenkirchener Altenheimen sind an Corona erkrankt, dazu noch 100 infizierte Pfleger. Fürchterliches bahnt sich an.

Lange hat die Stadt ein Geheimnis aus dem Infektionsgeschehen in Gelsenkirchen gemacht und sich geweigert, ähnlich transparent wie manch andere Stadt zu kommunizieren, wie und wo sich das Coronavirus verbreitet. Zu den Todesfällen wollte die Stadt gar mit einem fadenscheinigen Verweis auf den Datenschutz über Wochen nichts genaueres sagen. Dieses Schweigen hat die Stadt zuletzt zumindest gebrochen --nicht zuletzt auch auf Druck unserer Redaktion.

Jetzt wird bekannt, was der Gesundheitsdezernent zuletzt andeutete, aber nicht weiter konkretisierte. In den Senioren- und Pflegeheimen in Gelsenkirchen ist die Corona-Lage inzwischen besorgniserregend ernst. Während es bis vor einigen Wochen noch hieß, die Hygienekonzepte in diesen sensiblen Bereichen würden greifen und die alten und häufig auch vorerkrankten Bewohner wären bestmöglich geschützt, so überraschend und dramatisch ist das, was die Stadt nun erklären muss: 318(!) Bewohner und Pflegekräfte sind aktuell mit dem Coronavirus infiziert (Stand: 23.12.). Erst am Dienstag (22.12.) hatte die Stadt auf mehrfache Nachfrage unserer Redaktion berichtet, dass im Awo-Seniorenheim in Schalke 66 Pfleger und Bewohner infiziert sind,

Allein das Infektionsgeschehen in den Heimen habe den Inzidenzwert Gelsenkirchens um etwa 50 bis 60 Punkte erhöht. Der Wert lag am Mittwoch bei 253, und damit am höchsten seit Beginn der Pandemie.

Gelsenkirchen und Gelsenkirchener müssen Alte und Kranke besser schützen

Natürlich entspricht es der Wahrheit, wenn Gesundheitsdezernent Luidger Wolterhoff, darauf verweist, dass bundesweit hohe Anstiege in Pflegeheimen zu verzeichnen sind. Dass macht es für die Betroffenen aber auch nicht besser. Ganz sicher hat es sich im Land und bei der Stadt niemand je leicht gemacht, zu entscheiden, welche Besuchs- und Betretungsregeln für Altenheime gelten. Gewiss sind die allermeisten Pflegekräfte und das sonstige Heimpersonal überdurchschnittlich verantwortungsvoll. Und dennoch schaffen wir es bisher nicht, die Schwächsten in unserer Gesellschaft vor diesem tödlichen Virus zu schützen.

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Während es angesichts konstant steigender Infektionszahlen auch Zweifel am Erfolg des Lockdowns gibt, kann es überhaupt keine zwei Meinungen darüber geben, dass wir die vulnerablen Gruppen sofort besser schützen müssen. Weitere Einschränkungen des Besuchsrechts sind sicher schmerzhaft, Verschärfungen der Schutzmaßnahmen für das Personal gewiss anstrengend, aber nur nochmal zur Erinnerung: 31 der 72 Corona-Toten in Gelsenkirchen lebten in Pflegeeinrichtungen. Einen Tag später waren es schon 82 Corona-Toten. Wo diese Menschen lebten, teilte die Stadt bisher nicht mit.

Glücklicherweise handelt es sich bei vielen der aktuellen Infektionen in den Heimen nach Angaben des Gesundheitsdezernenten um leichte Verläufe - hoffentlich bleibt es so. Die kommenden Tage und Wochen werden zeigen, wie dramatisch die Lage ist.

Eine transparente Informationspolitik der Stadt kann hier sicher dabei helfen, die Sensibilität der Bürger in diesem Bereich zu stärken.