Gelsenkirchen. Maskengegner organisieren sich auch in Gelsenkirchen über Telegram. Die Whatsapp-Alternative wird allerdings noch für viel mehr genutzt.
Telegram – die scheinbar sichere Alternative zu Whatsapp – hat sich vom Geheimtipp von Netz-Experten auch in Deutschland zu einer App entwickelt, die der Breite der Smartphone-Nutzer ein Begriff sein dürfte. Nicht zuletzt deshalb, weil Attila Hildmann und sonstige Leitfiguren des Corona-Leugnertums dort öffentlichkeitswirksam verbal randalieren. Auch in Gelsenkirchen dient die App als digitaler Treffpunkt von Verschwörungsgläubigen und Pandemie-Skeptikern. Aber nicht nur.
„Pokémon Go“-Fans treffen sich auf Telegram
Beliebt ist der Messenger auch unter Fans von „Pokémon Go“ – dem Handyspiel, das über eine direkte Erfassung der Standortdaten ermöglicht, die japanischen Monster in der erweiterten Realität (Augmented Reality) zu fangen, von der Rungenberghalde bis zum Wissenschaftspark. Aus dem 2016 geborenen Massen-Hype ist ein Szenephänomen geworden. Und zu gemeinschaftlichen Fang-Aktionen besonders starker Pokémon – sogenannten Raid-Kämpfen – wird sich gerne über Telegram verabredet.
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In Gelsenkirchen gibt es mindestens fünf Telegram-Gruppen, in denen auch solche Raids geplant werden – zum Beispiel „BEraidet – Buer und Erle raidet“ mit fast 230 Mitgliedern. Insgesamt scheint das Hobby aber etwas eingeschlafen zu sein. Denn zwar ist „Pokémon Go“ ein Hobby für die frische Luft, aber auch ein Pokémon-Trainer jagt aktuell wohl lieber alleine. „Wir haben entschlossen, dass wir die Raidstunde ausfallen lassen“, hieß es bei den Bueranern jüngst. „Die Gesundheit von jedem einzelnen ist wichtiger als ein Raid oder ein Pokémon.“
Wozu die „Freiheitsboten Gelsenkirchen“ animieren
Bei den fast 100 Mitgliedern der „ Freiheitsboten Gelsenkirchen “ würde man derartige Appelle sicher nicht lesen. Es ist die lokale Telegram-Gruppe vom Verein des HNO-Arztes Bodo Schiffmann , dessen hunderttausendfach abonnierter Youtube-Kanal vor allem in „ Querdenker “-Kreisen gefeiert wird. Während bei den „Freiheitsboten“ vor allem Links oder Videos zu Themen wie der angeblich drohenden, aber von der Bundesregierung bislang stets verneinten Zwangsimpfung gepostet werden, dient die harmlos klingende „ GE-Plauder Ecke “ mit 63 Mitgliedern als Austausch-Plattform über die Corona-Maßnahmen.
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Telegram erlaubt offene wie geschlossene Gruppen für bis zu 30.000 Personen und das Erstellen eigener Kanäle, über die an ein unbegrenztes Publikum übertragen werden kann. Auch bietet der Messenger-Dienst Geheimchats an, in denen Nachrichten mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verschickt werden.
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Dort wird man gefeiert, wenn man Flyer im Stadtgebiet verteilt , die vor dem geplanten Infektionsschutzgesetz warnen. Dort diskutiert man über Mikrochips, die bei Durchführung der Corona-Tests im Nasen-Rachenraum platziert werden sollen. Dort fragt man sich absurderweise sogar, ob der Tod des SPD-Spitzenpolitikers Thomas Oppermann mit seiner Kritik an den Corona-Maßnahmen zusammenhängen könnte. Kurzum: Dort glaubt man, „dieses Land schlittert in die dunkelste Diktatur aller Zeiten“.
Und man macht sich auch mal Sorgen darüber, dass „Querdenken“-Rechtsanwalt Markus Haintz dabei fotografiert wurde, wie er seine Hand zu einer Pyramide formt – was Verschwörungstheoretiker gerne als Symbol einer geheim agierenden Illuminaten-Elite deuten. „So einer soll uns befreien?“, fragt ein Nutzer sinngemäß. Sei ja doch ein bisschen weit hergeholt, glaubt zumindest ein anderer.
Keine Regung im Gelsenkirchener Nachtleben
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Derzeit wird bei den vermeintlichen „Freiheitsboten“ stark für ein sogenanntes „Fest für Frieden, Freiheit und Liebe“ getrommelt, das am 21. November in Bochum stattfinden soll. In Gelsenkirchen wurde sich noch nicht organisiert. Überraschend: Für die AfD-Demo gegen die Corona-Auflagen am 7. November vor dem Hans-Sachs-Haus wurde dagegen keine Werbung gemacht.
Während die vermeintlichen „Freiheitsboten“ aufkeimen, ist in der Gruppe „ Gelsenkirchener Nachtleben “ aktuell erwartungsgemäß tote Hose. Auf den Gedanken, illegale Partys zu veranstalten, kommt hier auch keiner. Der folgende Auszug vom Gespräch zweier Nutzer sagt eigentlich alles:
Tim: Halloo. Was geht leute?
RuhrpottVierFünf: Hallo. Keine Ahnung. Nichts.
111 Mitglieder – und kaum eine Rührung. Eines ist wohl mehr als klar: Die Pandemie bestimmt auch das Geschehen auf Telegram: kein Tanz, kein Pikachu – und keine Lust auf Masken.
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