Gelsenkirchen-Bulmke-Hüllen. Anders als im Frühjahr dürfen Gelsenkirchener Pflegeheimbewohner trotz Teil-Lockdown Besuch bekommen. Wie machen die Heime das? Ein Besuch.
Christel Bassenhoff strahlt über das ganze Gesicht. Die 79-Jährige hat Besuch von ihrem Sohn Frank bekommen. Dass dies allerdings kein ganz gewöhnlicher Besuch ist, verrät allein Frank Bassenhoffs Optik. Der 53-Jährige ist komplett in Schutzmontur gehüllt: FFP2-Maske, Kittel, Handschuhe. Statt eng mit seiner Mutter am Tisch zusammenzusitzen, spricht er in einem Abstand von 1,5 Metern mit ihr. Trotzdem: Die beiden dürfen sich sehen. Obwohl die Corona-Zahlen steigen, obwohl Bewohner von Pflegeheimen zur Hochrisikogruppe gehören.
In Gelsenkirchen gab es im Gegensatz zu anderen Städten noch keinen großen Corona-Ausbruch in Pflegeheimen. Gleichzeitig können Angehörige ihre Liebsten immer noch besuchen – anders als während der ersten Welle im Frühjahr, als Besuche in Heime über Wochen untersagt waren. „Wir standen vor einer großen Herausforderung: Soziale Teilhabe ermöglichen und gleichzeitig die Bewohner schützen“, sagt Michael Lork, Leiter des Caritas-Heimes St. Anna, in dem Christel Bassenhoff lebt. „Bisher hat sich bei uns noch kein Bewohner mit dem Virus infiziert. Darauf sind wir stolz.“
Eine Stunde pro Tag dürfen Angehörige zu Besuch kommen – nach Terminvereinbarung
Das aktuelle Hygienekonzept sieht so aus: Wer zu Besuch kommen will, muss innerhalb der festen Besuchszeiten einen Termin vereinbaren und darf dann bis zu eine Stunde lang ins Heim. Fünf Personen pro Termin sind erlaubt. Zusätzlich gibt es zwei Besuchsräume für je ein Besucherpaar und die Möglichkeit, die Angehörigen zu einem Spaziergang draußen abzuholen. „Im Schnitt kommen unter der Woche 20 Angehörige, am Wochenende 30. Damit kommen wir gut zurecht“, berichtet Lork.
Dass die Maßnahmen ernstgenommen werden, verrät just beim Betreten des Heimes ein Blick an den Empfang. Dort steht eine Frau, die einen Heimbewohner besuchen möchte. „Ich habe einen Termin um halb elf und bin etwas zu früh“, sagt sie. Es ist erst kurz nach zehn. „Dann bitte bis halb elf warten“, entgegnet der Empfangsmitarbeiter. Regel ist Regel.
Besuchsverbot im Frühjahr? „Das war schon schäbig“
Frank Bassenhoff und seine Mutter Christel finden das Hygienekonzept gut. „Ich finde es ganz wunderbar, dass er mich jetzt wieder besuchen darf“, sagt die 79-Jährige, die nach einem Schlaganfall auf den Rollstuhl angewiesen ist. Zwei- bis dreimal pro Woche kommt Frank Bassenhoff ins Heim, plaudert mit seiner Mutter, gießt die Blumen, ordnet die Deko in ihrem mit Familienfotos geschmückten Zimmer.
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Der Lockdown im Frühjahr sei für sie beide schwierig gewesen. „Da haben wir jeden Tag telefoniert“, erzählt Christel Bassenhoff – und ergänzt lachend in breitestem Ruhrpott-Dialekt: „Aber das war schon schäbig.“ Beide seien sehr erleichtert gewesen, als irgendwann wieder die ersten Besuche hinter der Plexiglasscheibe möglich waren. Mutter und Sohn hoffen nun, dass sie Weihnachten und Christel Bassenhoffs 80. Geburtstag zusammen verbringen können.
Die meisten halten sich an die Regeln, manche schlichen sich aber auch schon ins Haus
„Die meisten Angehörigen nehmen die Regeln gut an“, bestätigt Heimleiter Lork. Auch, wenn der Empfangsdienst schon viel erlebt habe: „Es haben sich schon Angehörige ins Haus geschlichen. Unter all den Leuten ist vielleicht auch noch einer, der über den Mundschutz diskutiert. 95 Prozent sind aber vernünftig.“
Besuchsregeln in Pflegeeinrichtungen
Laut der seit 5. November geltenden Corona-Schutzverordnung des NRW-Gesundheitsministeriums sind Besuche in Pflegeheimen – genau wie etwa in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen – grundsätzlich zulässig.
Voraussetzung ist dabei ein einrichtungsbezogenen Besuchskonzept, das die Empfehlungen und Richtlinien des Robert-Koch-Instituts umsetzt. Stets zu berücksichtigen ist laut Verordnung, dass die jeweiligen Regelungen nicht zu einer vollständigen Isolation der Betroffenen führen dürfen.
Gesundheitseinrichtungen sind außerdem verpflichtet, die Begleitung von Geburten und die Begleitung Sterbender infektionsschutzgerecht zu ermöglichen.
Lork findet indes, man könne der Situation trotz aller Schwierigkeiten auch etwas Positives abgewinnen: „Wir waren gefordert, uns noch mehr Gedanken darüber zu machen, was wir den Bewohnern alles anbieten können.“ Im Sommer habe man beispielsweise viele Aktionen draußen organisiert. So sangen Opernsänger des Musiktheaters vor den Fenstern der Bewohner.
Kritik an den verpflichtenden Schnelltests in Pflegeheimen
Als zusätzliche Schutzmaßnahme gegen die Ausbreitung des Coronavirus in Pflegeheimen hat die NRW-Landesregierung ab dem 9. November regelmäßige Schnelltests zur Pflicht gemacht. Maximal 20 Tests pro Bewohner können monatlich bei den Krankenkassen abgerechnet werden. Diese Maßnahme sieht Lork allerdings skeptisch.
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„Ich plane für einen Test etwa 30 Minuten ein“, erklärt er. Denn man müsse ja nicht nur den Abstrich machen, sondern vorab mit den Bewohnern sprechen und ihnen alles erklären. „Bei unserer Bewohneranzahl müssten wir täglich 16 Mal testen, um auf die 20 Tests pro Monat zu kommen. Woher sollen wir das Personal dafür nehmen? Unsere Mitarbeiter sind in erster Linie da, um die Bewohner zu versorgen.“
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