Gelsenkirchen. Die CDU ist die zweitstärkste Fraktion im Rat der Stadt Gelsenkirchen. Wie der neue Fraktionsvorsitzende, Sascha Kurth, tickt und was er will.

Sascha Kurth ist angekommen – zum Interview in der Redaktion und in der Schaltzentrale der Gelsenkirchener CDU. Die Zufriedenheit sieht man ihm an. Dabei ist es noch gar nicht lange her, dass der 37-Jährige überraschend eine herbe Niederlage wegstecken musste.

Vor einem Jahr sprach sich die Findungskommission der CDU – darunter auch enge Vertraute von Kurth – für Schatzmeister Malte Stuckmann und gegen ihn, den Parteichef, als Oberbürgermeisterkandidaten aus. Kurth stellte seine Ambitionen zurück, ließ es nicht zu einer Kampfabstimmung kommen, akzeptierte das Votum, tat, was man von ihm erwartete und unterstützte Stuckmann im Wahlkampf.

Vorbei und abgehakt.

Malte Stuckmann hat das Rennen um das OB-Amt bekanntlich in der Stichwahl gegen Stadtkämmerin Karin Welge verloren. Wer bleibt, ist Kurth. Der 37-jährige Gelsenkirchener ist fortan nicht nur Parteichef, er sitzt nun außerdem auch der Fraktion der CDU im Rat vor. An Kurth führt in der Gelsenkirchener CDU kein Weg mehr vorbei.

Das sind die Themen der CDU Gelsenkirchen

Und wo will der Doppel-Chef, der in den Jahren der absoluten SPD-Mehrheit „die politische Diskussionskultur bei den Sozialdemokraten vermisste“, nun hin mit den Christdemokraten?

Kurth orientiert sich bei der Beantwortung dieser Frage entlang der Wahlplakate seiner Partei aus dem zurückliegenden Wahlkampf. Schließlich hätte das, was dort gedruckt gewesen ist, Priorität.

Auch im Straßenwahlkampf sei immer wieder deutlich geworden, die Gelsenkirchener – zumindest jene, die sich interessierten – treibe vor allem ein Thema um: Ordnungspolitik.

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Wobei Kurth das lieber umschreibt. „Wie gehen wir in Gelsenkirchen mit Regeln um“, nennt er das dann.

Mehr Ordnungskräfte und Mülldetektive für Gelsenkirchen

„Eine Gesellschaft funktioniert nur gut, wenn Regeln auch eingehalten werden. Dafür bedarf es Kontrolle. Um kontrollieren zu können, brauchen wir das entsprechende Personal. Wir müssen den Kommunalen Ordnungsdienst weiter aufstocken, um der Erwartungshaltung der Bürger gerecht zu werden“, sagt Kurth.

Aber mit Kontrolle alleine sei es nicht getan. Es müssten auch Sanktionen folgen. Der 37-Jährige berichtet von einer Nachbarin, die in Bulmke-Hüllen jede Woche beobachte, wie ein Unbekannter immer zur selben Zeit seinen Müll illegal vor eine Bushaltestelle schmeiße und davonfahre. Die Frau melde dies, Gelsendienste reinige die Stelle wieder und so wiederhole sich diese Szene immer wieder. „Wir müssen unseren Ordnungsdienst, unsere Mülldetektive so aufstellen, dass sie sich in solchen Fällen auch mal nachts auf die Lauer legen können“, sagt Kurth. Wenn Müllsünder erwischt und eine „horrende Strafe bekommen“, würde dies sicher eine abschreckende Wirkung haben, glaubt der Unionspolitiker.

Wie viele Gelsenkirchener habe auch er selbst schon erlebt, wie aus Problemhäusern „der Unrat in großen Mengen aus dem Fenster flog. „Dagegen müssen wir mehr tun“, sagt der 37-Jährige und schlägt das nächste Kapitel seiner Agenda auf: die Probleme und die Integration der Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien.

Schrottimmobilien vom Markt nehmen

Er schere nicht alle über einen Kamm, versichert Kurth, verkenne aber auch nicht, dass sich viele Gelsenkirchener zunehmend unwohl fühlen angesichts des Mülls, der Lärmbelästigung und des Ärgers in der Nachbarschaft von völlig überbelegten Schrottimmobilien.

„Die Stadt“, sagt Kurth, sei inzwischen zwar auf dem richtigen Weg, „indem sie solche Immobilien aufkauft, saniert oder abreißt.“ Es habe aber zu lange gedauert, bis die Verwaltung auf absehbare Entwicklungen und Probleme reagiert habe. „In Gelsenkirchen haben wir uns Monate bis Jahre Zeit gelassen, andere Städte waren uns da weit voraus. Das hat auch dazu geführt, dass viele Südosteuropäer in der Folge nach Gelsenkirchen gekommen sind. Das ist natürlich nicht der einzige Faktor. Ein weiterer Grund ist, dass es hier unheimlich viel günstigen Wohnraum gibt, der qualitativ am unteren Ende des Erträglichen ist.“

Deshalb gelte es jetzt weiter, intensiv heruntergekommene Häuser vom Markt zu nehmen und damit „auch Anreize zum Zuzug nach Gelsenkirchen zu mindern“.

Hört man Sascha Kurth zu, wenn er über die Aufstockung des Ordnungsdienstes, den Kampf gegen illegale Müllkippen, die Begrünung von Haltestellen, die energetische Sanierung von Gebäuden, den Ausbau von Radwegen und einer besseren städtischen Wirtschaftsförderung spricht, dann lässt sich kaum ein Unterschied zu den Zielen des neuen SPD-Fraktionsvorsitzenden, Axel Barton, erkennen, der nur wenige Stunden nach Kurth in der Redaktion sein Programm skizziert hat (Bericht folgt).

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Noch laufen die Gespräche, aber nach den Querelen im Kommunalwahlkampf, bei dem sich beide Parteien nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben, habe man eine gute Gesprächsbasis gefunden, versichern SPD und CDU unisono.

Ob die neue Harmonie auch in eine Große Koalition mündet, lassen sowohl Kurth, als auch SPD-Parteichef Markus Töns noch offen. Schnittmengen gibt es offensichtlich jede Menge.