Gelsenkirchen. Syrischer Junge (2) ertrank im Gelsenkirchener Sportparadies. Seine Tante muss sich vor dem Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten.

Es war ein idealer Badetag am 10. Juni letzten Jahres. Ein Badetag, der ein tragisches Ende fand. Ahmed, ein syrischer Junge, ertrank vier Tage vor seinem 3. Geburtstag im Nichtschwimmerbecken des Sportparadieses. Eltern und Verwandte waren verzweifelt, Badegäste und Mitarbeiter geschockt. Besucher hatten den kleinen Körper leblos auf dem Beckenboden entdeckt. Jetzt muss eine 45 Jahre alte Verwandte wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht verantworten. Die Frau ist die Tante des Jungen.

Verfahren vor dem Gelsenkirchener Amtsgericht

Der Staatsanwalt geht davon aus, dass die 45-jährige Syrerin mit der Mutter des Jungen vereinbart hatte, sie solle auf den kleinen Ahmed aufpassen. Sie habe mit dem Handy telefoniert und habe daher einen Augenblick nicht auf den Jungen geachtet. So zumindest lautet der Vorwurf in der Anklage. Einen Schwimmring hatte der Junge nicht angelegt.

Mutter der Kinder war auch im Sportparadies

Die Angeklagte ist die Schwester von Ahmeds Mutter, die zusammen mit einigen Bekannten ebenfalls im Bad war. Die Kinder ihrer Schwester, erklärt sie vor Gericht, sehe sie wie ihre eigenen an. Sie geht häufig mit ihnen zum Spielplatz, hatte sie aber nie zum Schwimmen begleitet. Sie habe im Sportparadies die Aufsicht für die Kinder Ahmed und Maria von ihrer Schwester übertragen bekommen. Sie berichtet, dass die Schwester vom Jugendamt unterstützt worden sei. Man hätte ihr gesagt, dass sie sich zu wenig um ihre Kinder kümmere.

Wer hatte die Aufsichtspflicht?

Die Aussage der Mutter des Jungen könnte für das Gericht bedeutend sein. Sollte sie erneut nicht erscheinen, könnte sie von der Polizei zwangsweise ins Gericht gebracht werden.

Es könnte für das Gericht eine entscheidende Rolle spielen, ob der Angeklagten die alleinige Aufsichtspflicht für die beiden Kinder Maria und Ahmet übertragen worden ist.

Im Schwimmbad hatte die Angeklagte gemeinsam mit der Schwester und anderen Freunden in der 1. Etage gegessen, anschließend hätten sie mit den Kindern die Rutsche benutzt. Sie sei anschließend wieder zum Rauchen nach oben gegangen, die Kinder blieben offensichtlich allein im Nichtschwimmerbecken. Aufmerksam sei sie erst geworden, als sich eine Menschentraube vor dem Nichtschwimmerbecken versammelt hatte. Ahmed wurde tot auf dem Beckenboden gefunden. Reanimationsversuche, zunächst von Laien, dann vom Arzt, waren erfolglos.

Junge hat sich drei bis vier Minuten unter Wasser befunden

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Der Sachverständige Professor Thomas Baranowski erklärt dem Gericht, warum der Junge erst entdeckt worden sei, nachdem er bereits über einen langen Zeitraum leblos auf dem Grund gelegen hatte. Kinder in dem Alter gingen einfach unter, zeigten keine Reaktionen, sich zu wehren, verlören die Orientierung. Sie hätten keine Chance, aktiv zu werden. Der Gutachter geht davon aus, dass sich der Junge drei bis vier Minuten unter Wasser befunden habe, bis er schließlich gefunden worden sei. Die Wassertiefe in dem Bereich beträgt 1,10 Meter, der Junge war 1,07 Meter groß.

Zeugin berichtet von einem Gespräch unter den Schwestern

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Eine andere Richtung könnte das Strafverfahren nehmen, nachdem das Gericht Dalal D. als Zeugin vernommen hatte. Die 35-Jährige war mit zwei Kindern ebenfalls im Hallenbad. Sie berichtete über ein Gespräch, das noch am gleichen Tag des Unglücks und auch danach stattgefunden habe. Darin habe die Mutter des Jungen die Verantwortung auf die Angeklagte geschoben. Sie habe aber keine Anzeige erstatten wollen, weil sie glaubte, dass es dadurch nicht zum Prozess kommen würde.

Die Mutter von Ahmed sollte vor Gericht als Zeugin vernommen werden. Sie war geladen, aber nicht erschienen. Richter Christian Racz verhängte ein Ordnungsgeld in Höhe von 250 Euro. Die Mutter wird zur Fortsetzung am 7. Oktober erscheinen müssen.