Gelsenkirchen. Wahlkampfhilfe für die Gelsenkirchener Grünen: Robert Habeck hat im Stadtbauraum eine Altschuldenlösung für Kommunen gefordert.
Robert Habeck, der Co-Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, hat im Stadtbauraum für eine Entlastung klammer Kommunen wie Gelsenkirchen geworben. „Die kommunale Schuld ist eine Schuld an den Menschen. Das ist nicht akzeptabel“ sagte Habeck am Donnerstag (10.9.) bei einem Wahlkampftermin zur Unterstützung des Grünen OB-Kandidaten David Fischer. Habeck versicherte, in Regierungsverantwortung ein Investitionsprogramm für die Kommunen schmieden zu wollen. „Dann brauchen wir Bürgermeister, die einen Plan haben, wo sie das Geld investieren.“
Investiert hatte auch der Gelsenkirchener Kreisverband in den Besuch seines Politstars. Den Einlauf per Live-Band ist selbst die Politik-Prominenz nicht gewohnt gewesen. Aber Habeck wäre nicht Habeck, würde er den prunkvollen Einstieg nicht umgehend mit etwas Bescheidenheit ausgleichen. „Ich kann Ihnen nicht Ihre Stadt erklären, das wäre völlig vermessen“, sagte er zu Beginn – und lieferte ein allgemeines Plädoyer für die Kommunalpolitik, statt zu konkret auf Gelsenkirchen einzugehen.
Habeck nennt Bildungsföderalismus „irrsinnig“
Durch die Coronakrise sieht Habeck stärkere „Vereinzelungstendenzen“ in der Gesellschaft – in Form von Vereinsamung wie Filterblasenbildung im Internet. Um beidem etwas entgegenzusetzen, sei eine starke Investition in den öffentlichen Raum nötig,, in „Orte der Kommune, wo Menschen direkt miteinander zusammen kommen“, sagte der 51-Jährige. Als Beispiel nannte der Grünen-Chef fußgänger- und fahrradfreundliche Innenstädte. „Wir brauchen keine Parkplätze, sondern Marktplätze.“ Verkehre sollten künftig vom Menschen, statt vom Auto her gedacht werden.
Der ehemalige Landesumweltminister von Schleswig-Holstein sieht unterschiedliche Wege, um Investitionen in überschuldete Kommunen zu ermöglichen. Habeck schlug einen Altschulden-Tilgungsfonds vor, also eine Rückzahlung der Kredite durch Beteiligung von Bund und Ländern. OB-Kandidat David Fischer merkte an, dass verfügbare Summen durch einen Schuldenschnitt vor allem in die Schulen gesteckt werden müssten: „Das Wichtigste ist, in die Bildung zu investieren.“ Habeck ergänzte, sei ein Schuldenschnitt nicht durchsetzbar, müsse der Bund den Kommunen direkt Geld für die Sanierung von Schulen zur Verfügung stellen. „Vieles scheitert am Bildungsföderalismus, ein Irrsinn.“
Habeck hat Sympathien für ein bedingungsloses Grundeinkommen
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Das für Gelsenkirchen so drängende Problem der Kinderarmut wollen die Bundes-Grünen mit einer Kindergrundsicherung lösen. „Jedes Kind sollte dem Land gleich viel wert sein“, betonte Habeck, der es als Ungerechtigkeit betrachtet, dass gut verdienende Eltern durch den Kinderfreibetrag mehr Geld bekommen als andere Eltern durch das Kindergeld. Eine Grundsicherung soll nach Vorstellung des Parteichefs auch den Eltern nicht abgezogen werden, die von Hartz IV leben – welches Habeck überwinden will. Das Festhalten an einem „stigmatisierenden Sozialsystem“ könne nicht weiter die politische Antwort sein.
Als Möglichkeit, den Sozialstaat neu zu denken, sieht Habeck ein bedingungsloses Grundeinkommen. Er habe die Idee „immer befürwortet“, nur gebe es viele unterschiedliche Modelle, die man diskutieren könne. „Am Ende geht es bei der Diskussion um das Grundeinkommen aber um eine Glaubensfrage: Ist der Mensch faul oder fleißig?“ Derartige Antworten könne die Politik nicht vorgeben. „Wir können darüber streiten, ob der Staat eine Kirchensteuer einnimmt, aber wir können nicht darüber entscheiden, ob es Gott gibt.“