Gelsenkirchen-Altstadt. Beim Rückblick auf 25 Jahre Flora wird sogar die Kaiserzeit in Gelsenkirchen gestreift. Die Wurzeln reichen bis in eine alte Gaststätte zurück
Zwei Sinnsprüche bilden die Klammer zum Jubiläum „25 Jahre Kulturraum Flora“: „Wir haben kein Geld, aber machen was“ stand auf einem Spruchband zur Eröffnung am 1. September 1995, und das Fazit von Dr. Volker Bandelow beim Vortrag zum Silberjubiläum: „Es hätte mit ein bisschen Geld viel, viel mehr entstehen können.“ Der ehemalige Kulturamtsleiter wirkte allerdings keineswegs enttäuscht. Und der dreiteilige Vortrag mit einer Menge Bildern trug auch den Untertitel „Eine Gelsenkirchener Erfolgsgeschichte mit Wurzeln im 19. Jahrhundert.“
Die lagen gegenüber der heutigen Adresse – in einer Gast- und Theaterstätte namens „Flora“, wie Hans-Joachim Koenen, stellvertretender Vorsitzender des Heimatbundes Gelsenkirchen, zutage förderte. Vorbei führte damals zu Anfang der 1870er Jahre die Kaiserstraße, daneben lag der Kaiserplatz, auf dem ab 1875 ein Denkmal Wilhelms I. stand.
„Nicht lange“, verriet Koenen, die Verarbeitung war wohl nicht dauerhaft. Gelsenkirchen war gerade selbstständige Stadt geworden, Schalke allerdings ließ sich nicht mitziehen. Pikantes Detail: Der Kaiser aus Sandstein blickte prompt nach Norden, gen Schalke.
Kleine Theateraufführungen im Saal am Kaiserplatz
Am Kaiserplatz hatte Heinrich Schulte Uechting aus der Braubauerschaft ein Wohnhaus mit einer Gastwirtschaft gebaut, es gab einen Biergarten und einen Saal für Konzerte, Tanz und kleinere Theateraufführungen. Der, und dann das Lokal, wurden „Zur Flora“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Platz vollständig neu gestaltet, auf dem Grund der ehemaligen Reichsbank gegenüber entstand die Landeszentralbank, 1951 eröffnete sie. Die Marmorsäulen, tatsächlich nur verkleidete Stahlstützen, zieren noch heute den Saal der Flora. 1988 mit der Eröffnung des Neubaus an der Mühlenbruchstraße wurde der Altbau der LZB überflüssig.
Die freie Kulturszene der Stadt wuchs
Volker Bandelow übernahm im Vortrag den Staffelstab für die nächsten fünf turbulenten Jahre der Flora. Er blickte vor allem auch auf den Zeitgeist der 1990er Jahre, das Entstehen der freien Kulturszene in Gelsenkirchen. „Hier war schon früh neben Dortmund die am besten durchorganisierte Szene im ganzen Land“, erinnerte er.
Mit der Entwicklung der Kulturverwaltung und der personellen Ausstattung keimte die Frage nach einem eigenen Kulturzentrum, einem Kulturhaus, aus dem dann ein „Kulturraum Flora“ wurde.
In die Karten spielte dabei das Institut für Arbeit und Technik der Flora, denn das IAT wuchs rasant und brauchte Räume, und der Wissenschaftspark war noch nicht fertig. „Deshalb wurde es hier drei Jahre zwischengeparkt“, blätterte Bandelow in der Geschichte.
Aber das Gebäude sei kaum mehr als ein Bürohaus mit Kulturnutzung gewesen. Die Büros der Stadtverwaltung blieben dann auch noch länger als geplant, denn das Hans-Sachs-Haus wurde erst 2013 mit zehn Jahren Verzug wieder eröffnet.
Verflixtes 25. Jahr
In der Flora war gerade das Projekt „Wem gehört die Umwelt“ mit dem Institut für Stadtgeschichte, dem Umweltreferat und dem Heimatbund eröffnet worden, als der Corona-Lockdown kam. Über 25 Veranstaltungen waren bis zur Sommerpause geplant.
Im Corona-Jahr wurde daher auch das geplante Jubiläum abgesagt, erklärt Flora-Leiterin Wiltrud Apfeld, „denn mit Maske wäre keine rechte Feierlaune aufgekommen“.
Den Bogen in die Aktualität spannte Flora-Leiterin Wiltrud Apfeld im dritten Teil. Proben konnten tagsüber im Saal in den ersten Jahren nicht stattfinden: Der Putzplan bereitete Probleme. Ausstellungen waren schwierig, denn der Saal war nicht abschließbar, rundum waren Büros bis vor sieben Jahren.
Die schwarzen Säulen erinnern heute noch an die Geschichte, auch die Eingangstür des Tresors ist noch da, heute führt sie ins Lager der Flora. „Tatsächlich haben wir nun auch neue Deckenplatten installiert und die Lüftung generalüberholt“, konnte sie zum Jubiläum melden, in einem Kulturhaus, das Kulturraum und dann sogar Etage wurde. Auf der sich in der Pandemie-Zeit nur wenige Gäste zum Festvortrag einfinden konnten.
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