Gelsenkirchen-Ückendorf. Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken besuchte Gelsenkirchen und informierte sich über die Umwandlung der Bochumer Straße in ein Kreativquartier.
Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken machte auf ihrer Sommertour durch die Republik Halt in Gelsenkirchen. Im Kreativquartier Ückendorf traf die Informatikerin an der Seite von OB-Kandidatin Karin Welge auf Gründer, die mit Stolz und unbedingtem Willen ihr Altbau-Viertel nach vorn bringen. Das machte Eindruck, nicht nur bei der 59-jährigen SPD-Chefin, sondern auch bei den vielen mitgereisten Hauptstadt-Journalisten. „Mensch, das sieht aus wie Berlin vor 20 Jahren“, kam es einem Berliner Reporter über die Lippen. Kein Widerspruch. Im Gegenteil. „Ich bin beeindruckt von so viel Schaffenskraft“, sagte Esken.
Den kleinen Ritterschlag verdienten sich drei Jung-Unternehmen, die Esken mit OB-Kandidatin Karin Welge und den SPD-Abgeordneten Markus Töns (MdB) und Sebastian Watermeier (MdL) ansteuerte. Das waren die Verschlüsselungs- und Authentifizierungsspezialisten „XignSys“, der Raum für Kooperationen „c/o“ sowie die „Trinkhalle“ am Flöz, eine Mischung aus Gastronomie und Kiosk, mittlerweile ein etablierter Szenetreff – allesamt beheimatet auf der Bochumer Straße, nur einen Steinwurf voneinander entfernt.
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Heimatliebe: Gelsenkirchener Gründer entscheiden sich bewusst für Stadtteil Ückendorf
Drei Firmen, die sich bewusst im Ückendorfer Stadtviertel mit seinen vielen schönen, aber oft arg sanierungsbedürftigen Altbauten niedergelassen haben. Aus Liebe zu Gelsenkirchen und zum Ruhrgebiet. Hier wollen sie etwas Neues aufbauen. Den Leitspruch des Tages dazu lieferte denn auch XignSys-Chef Markus Hertlein bei der Präsentation des Unternehmens: „Berlin kann jeder, Ruhrgebiet und Gelsenkirchen muss man wollen – und wir wollen.“
XignSys, entstanden an der Westfälischen Hochschule, hat eine Software entwickelt, mit der man sich ohne Passwort oder zusätzliche Hardware ausweisen kann, etwa um einen Anwohner-Parkausweis zu beantragen. Das funktioniert über Smartphone per QR-Code und biometrische Daten wie etwa einer Face-ID (Gesichtserkennung). Diese Technik soll Anfang nächsten Jahres 18 Millionen Menschen in NRW zur Verfügung stehen.
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Innerhalb von Sekunden war das Anwohner-Formular bei der Demonstration der Nutzerfreundlichkeit ausgefüllt – passenderweise mit den Daten von Saskia Esken, die zum Abschluss noch ein nachträgliches Geschenk erhielt – am 28. August feierte sie ihren 59. Geburtstag: Honig aus Ückendorf. Allerdings verbunden mit Kritik und einer Botschaft für das politische Berlin: Nämlich bei der Digitalisierung mehr auf die Marke Made in Germany zu setzen und nicht nur auf Global Player.
30 Hektar, 2800 Einwohner, 35 Nationen
Die Maßnahmen der Erneuerung des Ückendorfer Quartiers konzentrieren sich auf einen Kernbereich von rund 30 Hektar entlang der Bochumer Straße, das sich zwischen der Kreuzung Junkerweg und der Kreuzung Virchowstraße erstreckt. Hier leben rund 2800 Einwohner aus 35 Nationen.
Das zukünftige Gesicht des Quartiers rund um die revitalisierte Bochumer Straße wird geprägt sein von Kultur, Wissenschaft und Bildung.
Esken zeigte sich aufgeschlossen: „Ich ermuntere alle Start-ups und Gründer, sich zu Konsortien zusammenzuschließen, die mehr Gewicht und mehr Stimme haben.“ Persönlich kann sie dem Gedanken wenig abgewinnen, „sich bei der Digitalisierung unter die Knute chinesischer Unternehmen zu begeben“. Und auch die „Abhängigkeit von einem amerikanischen Unternehmen bei der Bürosoftware“ schmeckt ihr so gar nicht. Gemeint waren Huawei und Microsoft.
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Gelsenkirchener VR-Festival von Metropolen umworben
Da schmeckte Esken das Bier aus dem Pott schon besser, das sie nach der zweiten Visite im Raum für Kooperationen an der Trinkhalle am Flöz genoss. Zuvor hatte sie von Gründer Simon Schlenke und Künstler Roman Pilgrim erfahren, dass das im Quartier geborene VR-Festival „Places“ eine derartige Strahlkraft entwickelt hat, dass es Angebote aus Berlin und anderen Großstädten gibt, es dort per Franchising stattfinden zu lassen.
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Pustekuchen. Das wurde dankend und mit viel Selbstbewusstsein für das eigene Können abgelehnt. „Wir wollen dieses Quartier und Gelsenkirchen entwickeln“, bekam Esken als Antwort auf die Frage zu hören, ob man dem Lockruf der Metropolen folgen werde. SPD-Politiker Markus Töns ließ sich als Vertreter der Elterngeneration gleich auch mal vorführen, wie das VR-Erklärprogramm für Eltern funktioniert. Virtuell baut sich vor der Bildschirmbrille ein Kinderzimmer auf, nichts besonders auf den ersten Blick, doch spätestens aber beim Überqueren eines Abgrundes in und mit einer Spielzeugeisenbahn, spielen die Sinne dem Probanden einen Streich. Töns kam ins Wackeln, obwohl unter seinen Füßen nur ein fingerdickes Brett lag. So täuschend real erscheint die digitale Welt mittlerweile.
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Von Simon Schlenke erfuhr die SPD-Parteivorsitzende schließlich, dass trotz (oder gerade wegen) Corona recht viele Menschen die Ideenschmiede und Veranstaltungsadresse „c/o“ aufgesucht haben, um ihren Weg zu finden – beispielsweise ist so jüngst die die MXR Storytelling GmbH entstanden – eine Veranstaltungsagentur. Esken: „Ich bewundere den Mut und die Entschlossenheit, wie die Gründer ihren Traum verfolgen.“
Man könnte auch sagen: In Gelsenkirchen gilt noch das alte Sportler-Motto: Aufgeben ist keine Alternative.
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