Buer. Die „Pieta“ der Künstlerin Friedrich-Gronau steht in Gelsenkirchen in einer geschlossenen Kirche. Die Idee: Ein Stellplatz auf dem Hauptfriedhof.
Vor vier Jahren entschwand sie aus dem Blick der Öffentlichkeit, die „Olympia“. Die Bronzeskulptur des Künstlers Fritz Klimsch (1870-1960) lagert seitdem im städtischen Betriebshof ein. Nun erleidet die Arbeit einer renommierten Klimsch-Schülerin ein ähnliches Schicksal: Das Werk ist derzeit öffentlich nicht mehr zu sehen. Während die „Olympia“ dem Umbau des Goldbergparks vorerst weichen musste, steht die „Pieta“ von Lore Friedrich-Gronau (1905-2002) in einer im Juni dieses Jahres endgültig geschlossenen katholischen Kirche.
Marienfigur mit dem toten Jesus steht in Kapelle der St. Konrad-Kirche in Gelsenkirchen
Die sitzende Muttergottesfigur mit dem toten Jesus im Arm zog Mitte der Siebziger Jahre in die rechte Seitenkapelle der St. Konrad-Kirche in Erle-Middelich ein. Es war der Gartenbauunternehmer Konrad Herz, 24 Jahre lang engagiertes Mitglied im Kirchenvorstand der Gemeinde, der sich damals um die Anschaffung dieser bronzenen Skulptur bemühte. Sie wurde über einen Galeristen verkauft, die Künstlerin selbst aber war wohl nie am späteren Erler Standort der Figur.
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Alternativer Stellplatz für Gelsenkirchener Pieta: Hauptfriedhof in Buer
Heute setzt sich der 82-jährige Herz dafür ein, dass die Pieta auch weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Seine Idee: „Die Figur auf ihrem Natursteinsockel könnte auf dem Hauptfriedhof in Buer ihren zukünftigen und passenden Platz finden.“ Und zwar an der Stelle der ersten Trauerhalle, die bis Mitte der Fünfziger in Betrieb war.
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Eine Idee, mit der sich auch Propst Markus Pottbäcker von der zuständigen St. Urbanus-Gemeinde anfreunden kann: „Zuvor allerdings wird eine Inventarisierung aller Kunstgegenstände stattfinden.“ Erst wenn diese Inventarliste fertiggestellt sei, könne man über den Verbleib auch der Pieta beraten.
Die Darstellung der Schmerzensmutter mit dem Leichnam des Gekreuzigten passt nach Ansicht von Konrad Herz perfekt auf den Hauptfriedhof. Die Witterung könne der Skulptur und dem Sandsteinsockel nichts anhaben: „Im Gegenteil, draußen bekäme die Arbeit erst ihre lebendige Patina.“
Lore Gronau wurde zur Meisterschülerin von Fritz Klimsch
Aber wer war diese Künstlerin, die die kompakte Bronzefigur mit ihrer rauen, ruppigen Oberfläche schuf? Geboren in Görlitz studierte Lore Gronau von 1928 bis 1934 an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin. Und hier entstand auch der Kontakt zu Fritz Klimsch, dem „Vater“ der buerschen Olympia. Lore Gronau avancierte in Berlin zu seiner Meisterschülerin, schuf Skulpturen, die teils noch Klimschs Handschrift trugen. Später schuf sie zahlreiche zarte Porzellanfiguren für die Firma Rosenthal, darunter Tänzerinnen und Märchendarstellungen wie „Schneewittchen“.
Letzte Messe im Juni
Die Pfarrei St. Urbanus gab das Gotteshaus St. Konrad in Middelich aus wirtschaftlichen Gründen endgültig auf. Das Gelände soll vermarktet werden.
Die Kirche war 1939 geweiht worden. Mitte Juni fand hier die letzte Messe statt.
Als ihr Berliner Atelier während des Zweiten Weltkriegs den Bomben zum Opfer fiel, zog sie nach Bad Kissingen, später in die Benediktiner-Abtei Münsterschwarzach, wo sie auch 2002 starb. Hier entstanden viele Muttergottes-Skulpturen und Marienstatuen. Zudem illustrierte sie Kinderbücher.
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Remscheider Autorin Nicole Rensmann engagiert sich mit Gelsenkirchener Konrad Herz für das Werk der Künstlerin Lore Friedrich-Gronau
Neben dem Bueraner Konrad Herzengagiert sich derzeit auch eine Remscheider Autorin für das Werk der Künstlerin Lore Friedrich-Gronau. Nicole Rensmann, Jahrgang 1970, arbeitet seit nunmehr zwei Jahren an einer vom Nachlassverwalter autorisierten Biografie mit Werkverzeichnis. „Dass es auch eine Skulptur in Gelsenkirchen gibt, wusste ich bislang gar nicht“, sagt sie im Gespräch mit der WAZ und freut sich über diese Neuentdeckung.
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In den vergangenen Monaten besuchte die Autorin über 60 Museen, Institute, Kirchen, Vereine und private Sammler, um dem Werk Lore Friedrich-Gronaus nachzuspüren. „Alles begann mit Schneewittchen“, erinnert sich die Biografin, als sie sich einst in die Porzellanfigur verliebte. Seitdem recherchiert sie akribisch über Werk und Vita der Künstlerin und legt spätestens im nächsten Jahr ihre Biografie vor. Die Pieta in Buer will sie sich natürlich auch noch ansehen.