Gelsenkirchen-Buer. Das Kunstmuseum stillt mit gleich zwei Ausstellungen die Sehnsucht nach Sommerfrische in Zeiten der Corona-Krise. Warum sich ein Besuch lohnt.
Auf Ferien in fernen Ländern muss derzeit so mancher in der Corona-Krise verzichten. Warum dann nicht einfach mit den Augen verreisen? Das Kunstmuseum macht’s möglich und stillt die Sehnsucht nach Erholung und Sommerfrische. Gleich zwei Ausstellungen laden dazu ein, sich einen Hauch von Sommer, Sonne und Meer um die Nase wehen zu lassen.
Gelsenkirchen: Im Grafikkabinett dürfen Besucher künstlerisch auf Reisen gehen
Im Schaufenster verlockt die Schau „Raus ins Freie!“ mit Bildern von Badenden aus dem frühen 20. Jahrhundert zum Eintauchen in blaue Gewässer. Und im Grafikkabinett dürfen die Besucher „Auf Reisen“ gehen. Hier sind elf Grafiken aus der eigenen Sammlung zu sehen, die sich allesamt mit dem Thema des Unterwegsseins auseinandersetzen.
Für die Schaufenster-Schau machte sich zunächst Roger Rohrbach, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Kunstmuseums, auf die Reise durch die Sammlung des Hauses. Und staunte: „Wir besitzen jede Menge Darstellungen über Badende.“ Da hatte er die Qual der Wahl und entschied sich für zehn Werke, die die kunsthistorische Entwicklung im Umgang mit dem Motiv gut nachvollziehbar dokumentieren. Der Blick der Künstler auf nackte Schönheiten in Meer, Teich und Zuber wandelt sich im Verlaufe der Jahre.
Nacktheit bedurfte zunächst immer einer Rechtfertigung
„Zunächst bedurfte die Nacktheit immer einer Rechtfertigung“, so Rohrbach schmunzelnd. Da gab es mythologische Darstellungen oder Anklänge an christliche Ikonografie. Beispielhaft zeigt das Museum Carl Wilhelm Kolbes Radierung aus dem Jahre 1835 („Satyrfamilie in arkadischer Landschaft“). Mit tradierten Akten machen spätestens Expressionisten wie Erich Heckel oder Ernst Ludwig Kirchner um 1909 Schluss. Sie verbinden die reine Nacktheit mit der Darstellung einer ruhigen Landschaft fern des Großstadtrubels und bilden so die Sehnsucht nach Natur und die Landflucht ab.
Otto Boyers Ölgemälde „Susanna im Bade“ rechtfertigt die Nacktheit der Figur mit dem Waschen, hält einen Moment der Scham fest. Ganz anders, nämlich selbstbewusst und natürlich, halten Otto Mueller („Fünf Akte am Wasser“, 1910), Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner die Wassernixen fest.Einen nahezu voyeuristischen Blick durch die Blätter eines Baumes wirft E.L. Euler auf zwei „Badende am See“ (1922). Erotisch aufgeladen zeigt schließlich Leo Putz‘ Ölgemälde „Sommertag“ aus dem Jahr 1920 eine Nackte mit Stöckelschuhen, die den Betrachter lasziv anschaut.
Elf Werke aus dem Museumsbestand, die von Fernweh erzählen
Die Werkauswahl zeigt unterschiedliche Techniken, vom Öl auf Leinwand über die Radierung, den Kupferstich bis hin zur Rötel-Zeichnung.Wer noch nicht genug vom Urlaubsfeeling hat, der wandert nun ins Grafik-Kabinett.
Hier stellte Sammlungsleiterin Christiane Wanken elf Werke aus dem Museumsbestand zusammen, die von klassischen Bildungsreisen, von Fernweh und Erinnerungen erzählen. Mal abstrakt in lichten Farben, in denen sich das Meer und die mediterrane Landschaft widerspiegeln, mal perfekt gegenständlich gezeichnet und gemalt.
Unterwegs und doch daheim - das Museum macht es möglich
Mit Wilhelm Schirmers Bleistiftzeichnung „Grotte der Egeria“ (1839) geht es nach Rom, dem Sehnsuchtsziel der Künstler. Kurt Janitzkis atmosphärisch dichtes Aquarell „Häuser in Deyá“ entführt in den warmenSüden. Ab ans Meer heißt es für die Betrachter von Bildern wie Ernst Gerd Jentgens reduziertem Holzschnitt „Hafen mit Möwe“ (1975) oder Otto Dix‘ zartem Aquarell „Hafen von Palermo“ (1924).
Eintauchen in die „Sonne über dem Mittelmeer“ kann der Besucher mit Gustave Singers gleichnamigem Werk (1958). Weitere große Namen sind mit Arbeiten von Christian Rohlfs („Kloster Andechs“) oder Karl Schmidt-Rottluff („Strandlandschaft mit großer Sonne“) vertreten. Im musealen Bestand kreisen über 80 Arbeiten rund ums Reisen. Wanken: „So werden wir vielleicht im nächsten Jahr ‚Auf Reisen Teil 2‘ anbieten.“ Unterwegs und doch daheim, das Museum macht’s möglich.
Die Ausstellung „Auf Reisen“ ist bis zum 16. August im Grafikkabinett des Kunstmuseums, Horster Straße 5-7, zu sehen. „Raus ins Freie“ zeigtdas Museum im Schaufenster bis zum 6. Oktober. Der Eintritt ist frei.
Das Kunstmuseum ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Inzwischen bieten die Mitarbeiter auch wieder angemeldete Führungen durch die Räume an. Anmeldung: 0209 169-4130.Weitere Infos: kunstmuseum-gelsenkirchen.de
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