Gelsenkirchen-Buer. Die Viruserkrankung Myxomatose befällt Wildkaninchen und lässt unter anderem die Augen zuschwellen. Gefahr auch für Hauskaninchen.

Sie hoppeln orientierungslos durch Parks, Grünanlagen und private Gärten, im schlimmsten Fall über viel befahrene Straßen: Wildkaninchen, deren Augen so entzündet sind, dass sie gequollen sind und dies dem Tier die Sicht nimmt. Die Krankheit, die das verursacht, heißt Myxomatose. In Gelsenkirchen-Buer ist sie einmal mehr auf dem Vormarsch – und sie kann auch für Hauskaninchen gefährlich werden.

„An der Myxomatose sterben 30 bis 90 Prozent der erkrankten Tiere, je nach Bösartigkeit des Virusstammes“, erklärt der Tierarzt und Umweltexperte Hauke Holdefleiss. Die Krankheit sei der Grund für die starken Schwankungen des Bestandes an Wildkaninchen in der Region, so der Doktor weiter. Geht das Virus um, überlebt nur maximal ein Drittel aller Tiere. Sie bilden den Grundstein für den künftigen Bestand. Der Zyklus ist rasch erklärt: Gibt es (zu) viele Kaninchen, gibt es viele Kontakte untereinander und es erkranken und sterben viele Tiere. So ist es aktuell.

Martin Schmid von der Kreisjägerschaft nennt zwei Möglichkeiten

Das weiß auch Martin Schmid von der Kreisjägerschaft. Vielfach erreichen ihn und seine Kollegen entsprechende Meldungen und Hilferufe. „Wenn Menschen ein krankes Kaninchen sehen, gibt es zwei Möglichkeiten, was sie tun. Die schlechteste ist, sie fangen das Tier ein. Das sind Wildtiere, die bekommen Angst und mitunter sogar einen Herzschlag.“ Zudem gelte grundsätzlich: Lässt sich ein Wildkaninchen einfach einfangen, ist sein Schicksal ohnehin besiegelt. „Dann geht es ihm so schlecht, dass auch der Tierarzt nicht mehr helfen kann.“

Kreisjägerschaft als Ansprechpartner

Geht es um den örtlichen Wildtierbestand, ist die Kreisjägerschaft stets ein geeigneter Ansprechpartner. Sie bietet zudem viele Informationen auf ihrer Internetseite www.kjs-gelsenkirchen.de .

Wer ein Wildkaninchen, das an Myxomatose erkrankt ist, hilflos im eigenen Garten herum irren sieht, sollte sich in jedem Fall an die Jäger wenden. Die Krankheit ist unheilbar. Ist es einmal in so schlechtem Zustand, verendet es in jedem Fall. Der zuständige Jäger kommt dann vorbei, um das Kaninchen zu erlösen.

Die zweite Möglichkeit der Reaktion sei, die Beobachter wenden sich an die Feuerwehr oder die Polizei, welche dann den jeweiligen Jagdpächter informiert. Der komme dann und erlöse das schwerkranke Tier – so hart das für manch einen klingen mag. „Das ist der Kreislauf der Natur“, sagt Schmid. Ab Mitte Oktober werden Wildkaninchen wieder bejagt. Das sei die nachhaltigste Art der Seuchenvermeidung, erläutert der Doktor. In einem reduzierten Bestand nämlich verbreite sich das Virus weit weniger.

Gefahr für Hauskaninchen, Impfung möglich

Übertragen wird der Übeltäter über direkten Kontakt von Tier zu Tier oder einzelner Kaninchen mit Ausscheidungen anderer sowie über Fliegen. Somit könnten Kaninchenhalter das Virus zum Beispiel über draußen gesammelten Löwenzahn einschleppen. „Für Hauskaninchen gibt es aber eine Impfung“, erklärt Hauke Holdefleiss – zu genau der rät der Doktor den Kaninchenhaltern auch. Menschen würden nicht vom Virus befallen, andere Tiere wie etwa Hunde auch nicht. Holdefleiss: „Sogar bei Hasen sehen wir die Krankheit ganz selten.“

Hauskaninchen können gegen Myxomatose geimpft werden (Symbolbild).
Hauskaninchen können gegen Myxomatose geimpft werden (Symbolbild). © WR | Ralph Bodemer

Das Virus stammt ursprünglich aus Südamerika – und wäre dort vielleicht auch noch längere Zeit geblieben. Ein französischer Arzt jedoch war Anfang der 1950er Jahre derart genervt von den Wildkaninchen in seinem heimischen Garten, dass er sich einige Erreger schicken ließ und das Virus freisetzte.

1953 erste Fälle in Deutschland

Damit vernichtete er nicht nur die gesamte Population in seinem Garten, er setzte eine europaweite Seuche in Gang. Schon 1953 gab es erste Fälle in Deutschland. „Man kann deutlich sehen, wie sich das Virus von Frankreich aus ausgebreitet hat“, weiß Hauke Holdefleiss – und erklärt, dass die Tiere in Südamerika mittlerweile resistent seien.