Neun Monate müssen sich Anwärter auf die Jungjäger-Prüfung vorbereiten. Auf Hof Holz in Gelsenkirchen-Beckhausen lernen sie das Handwerk – und Respekt vor der Natur. Denn die Jagd muss heute mehr denn je ökologisch vertretbar, wildbiologisch fundiert und gesellschaftlich akzeptierbar sein.
„Die Jagd muss heute mehr denn je ökologisch vertretbar, wildbiologisch fundiert und gesellschaftlich akzeptierbar sein“, beginnt Frank Niesbach seinen Unterricht. Gespannt hören ihm seine Schüler zu, die alle hier, auf dem Hof Holz, sind, um sich auf die Jungjägerprüfung vorzubereiten. Neun Monate müssen sie dafür lernen und dann drei Prüfungen bestehen.
„Es ist nicht mehr wie früher. Wir jagen heute in Kulturlandschaften“, führt Niesbach weiter aus. Eindeutig sei per Gesetz geklärt, welche Tiere als Wild gelten und somit geschossen werden dürfen. Jedoch gebe es nur Ratschläge, wie viel Wild ein Gebiet verträgt. „Da muss ich als Jäger einschätzen, ist die Nachhaltigkeit noch gegeben?“ Soll heißen, sind die Bäume und Sträucher in der Lage, gut zu wachsen oder sind die Biss-Schäden dafür zu groß.
Aufgabe: Den Wildbestand regeln
Eben diese vielen Aspekte der Jagd sind es, die Bettina Jöckel dazu bewogen, den Jagdschein anzustreben. „Mein Mann ist Jäger, und ich begleite ihn seit Jahren. Es ist ein tolles Erlebnis. Nur das Klischee stört mich. Dagegen möchte ich mich wehren. Denn die Aufgabe des Jägers ist es, den Bestand zu regeln, damit kein Überbestand da ist. Man möchte ja Nachhaltigkeit erzielen.“ Dass dabei ein gutes Stück Fleisch abfällt, sei sicher erfreulich, aber: „Als Jäger nehme ich das, was die Natur mir als Überschuss anbietet – man hat Achtung vor dem erlegten Wild“. Doch auch das Jagen will gelernt sein. „Die Jagd ist ein Handwerk. Und das möchte ich erlernen.“
Ihr Mitschüler Martin Oelmann bringt noch einen anderen Aspekt ein: „Es geht ja auch um den Erhalt des Baumbestands. Man hält einfach die Natur in Ordnung“, so der angehende Jäger, dessen Frau bereits vor zwei Jahren den Jagdschein machte. „Das hat mich neugierig gemacht.“
Gesellschaftliche Akzeptanz ist notwendig
Derweil führt Frank Niesbach weiter aus, wie wichtig die gesellschaftliche Akzeptanz in der heutigen Zeit sei. „Überall, wo wir jagen, sind Menschen. Wir müssen schauen, dass wir das, was wir tun, sauber vertreten. Und das geht nur, wenn ich mich fachmännisch verhalte.“
Aus diesem Grunde dauert die Vorbereitung auf die Prüfung ganze neun Monate und umfasst viel Theorie und Praxis. „Die Ausbildung wird gerne als grünes Abitur bezeichnet, weil sie so umfangreich ist“, erklärt Martin Schmid von der Kreisjägerschaft. Auch wenn man im Ruhrgebiet in einem Ballungszentrum lebe, werde doch an vielen Ecken gejagt.
Aufgaben neben der Hege und Pflege
„Das betrifft Niederwild wie Ringeltauben, Wildkaninchen, Hasen, Fasane und Füchse. Aber auch Rehwild lebt mitten im Ruhrgebiet.“ Und dort verursacht es häufig Unfälle – eine der vielen Zuständigkeiten eines Jägers. Neben der Hege und Pflege, der Versorgung des Wildbestandes und vielem mehr. „Das ist schon viel Verantwortung.“ Und die übernehme man für mindestens neun Jahre.
Die Kursteilnehmer schreckt das nicht ab. Schließlich können sie auch als Gäste zu einer Jagd geladen werden. Doch auch dort kommt es auf die richtige Einstellung an, führt Frank Niesbach aus. Und darauf, dass man sich immer bewusst macht: „Das Wild hat keine natürlichen Feinde mehr. Wir Menschen haben die Rolle des Großraubwildes übernommen.“