Gelsenkirchen. Bei der Gelsenkirchen Feuerwehr sind 16 Brandmeister-Stellen zu besetzen. Die Bewerbungsfrist endet am 14. Juni. Was Kandidaten leisten müssen.

In der ewigen Bestenliste von Kindheitsträumen liegt der Beruf des Feuerwehrmannes weit vorne. Eine anerkannte Arbeit im Dienst der Menschen. Ein Job für Teamplayer, die sowohl hochmoderne Technik beherrschen als auch komplexe medizinische Zusammenhänge blitzschnell erfassen und richtig handeln müssen. Noch nie waren die Chancen bei der Berufsfeuerwehr zu arbeiten so hoch wie heute – der Bedarf an Nachwuchs ist hoch. 16 Stellen hat die Stadt Gelsenkirchen zu vergeben für den nächsten Lehrgang am 1. April 2021 - die Bewerbungsfrist endet am 14. Juni.

Es züngelt und zischt wieder im Brandhaus an der Gelsenkirchener Hauptfeuerwache. Die Brandmeisteranwärter des Vorjahres üben in dem braunen Bunker den effektiven Löschangriff. Darunter auch Hans-Peter Trautewein (33) und André Beyer (26). Der eine aus Gelsenkirchen, ehemaliger Zeitsoldat und Kfz-Mechatroniker, der andere aus Bochum und Zerspanungsmechaniker. Sie sind im letzten Drittel ihres 18 monatigen Grundlehrgangs angekommen und haben den Wechsel von Tarnkleidung und Overall in die Kluft der Retter „keine Minute bereut“, wie sie sagen.

Gesellschaftliche Anerkennung, wirtschaftliche Absicherung

„Es ist eine anstrengende Arbeit, ja, das ganz sicher, aber eben auch eine, die absolut erfüllend ist“, sagen Trautewein und Beyer während einer Verschnaufpause. „Wir freuen uns immer auf den nächsten Tag im Dienst. Denn jeder Tag ist anders, jedes Mal gibt es eine neue Herausforderung.“ Das hohe Ansehen, das Angehörige der Feuerwehr genießen, die sprichwörtliche Kameradschaft der Retter untereinander, viele pflegen langjährige Freundschaften, und auch die berufliche Absicherung als Beamter sind Argumente, die sie und ihre Mitstreiter überzeugt haben, zur Gelsenkirchener Feuerwehr zu gehen. Übernahme nach bestanderer Prüfung: garantiert. Aufstiegschancen: zu Genüge.

„Bislang haben sich etwas mehr als 100 Bewerber gemeldet“, sagt Feuerwehr-Chef Michael Axinger. Das war schon mal anders, 300 bis 400 waren in der jüngeren Vergangenheit keine Seltenheit. Wobei: Erfahrungsgemäß werden die städtischen Postfächer zumeist in der letzten Woche vor der Abgabefrist geflutet, von einer Delle kann man also noch nicht sprechen. Wohl aber davon, dass selbst ein beliebtes Fernsehformat wie „Feuer & Flamme“, bei dem der WDR die Retter (erst Gelsenkirchen, jetzt Bochum) bei Einsätzen begleitet, „nicht zum einem Bewerbungsboom geführt hat“.

Das könnte daran liegen, dass die Fernsehbilder ungeschönt die Strapazen zeigen, denen die Feuerwehr in Gelsenkirchen bei ihren rund 50.000 Brand- und Rettungseinsätzen im Jahr ausgesetzt ist. Nicht jedermanns Sache.

Anforderungen an Körper und Geist sind hoch

„Die Anforderungen sind hoch, aber gut leistbar mit entsprechender Vorbereitung“, sagt Michael Axinger mit Blick auf den Einstellungstest, den jeder Bewerber durchlaufen muss – egal ob er oder sie später im mittleren, gehobenen oder höheren Dienst die Karriere startet.

Eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem handwerklich-technischen Beruf nebst Führerschein der Klasse 3 oder B gilt als Grundvoraussetzung für den Einstieg bei der Feuerwehr, medizinisch-kaufmännische Werdegänge sind in Kombination mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit - zum Beispiel beim Deutschen Roten Kreuz - „aber auch kein Hindernis“, erklärt Michael Axinger, selbst Diplom-Chemiker.

Das rührt daher, dass der Umgang mit Fahrzeugen, Maschinen und Geräten der Feuerwehr einiges an Verständnis und Geschick erfordert, etwa um eine Hydraulikschere zu bedienen, um das Blechkleid eines Autos aufzuschneiden, um einer eingeklemmten Personen zu helfen oder um die turmhohe Drehleiter bei Brandeinsätzen fix und sicher nah an Fenster oder Balkon auszurichten.

Einstellungstest gegliedert in vier Teilen

Aber zunächst ist da ja der Einstellungstest. „Der besteht aus vier Teilen“, sagt Michael Axinger: „Aus einem schriftlichen Test, einem Sporttest und praktischen Übungen, einer amtsärztlichen Untersuchung und einem Interview zum Schluss.“

Ein weitgehend fehlerfreies Diktat, Dreisatz- und Prozentrechnung und logisches Denken gehören dabei ebenso zum Rüstzeug, das man oder frau beherrschen sollten wie die Fähigkeit, 3000 Meter innerhalb von 15 Minuten zu laufen, eine 30 Meter hohe Drehleiter zu erklimmen, gesichert natürlich. Ein Reifenwechsel oder einen Klotz heraus sägen – das kann den Kandidaten im praktischen Übungsteil begegnen. Freistil-, Brust- und Rückenschwimmen sowie Kurzstreckentauchen ergänzen die sportlichen Mindestanforderungen.

„Das ist alles kein Hexenwerk“, betont Michael Axinger. Allerdings steht die Durchfallquote der an Universitäten in nichts nach. „70 bis 80 Prozent der Bewerber schaffen es nicht“, weiß der Leitende Branddirektor. Mal ist es Mallorca als 17. Bundesland, das das Aus bedeutet oder ein malades Knie, bei dem der Amtsarzt Zweifel hat, ob es bis zur Pensionierung mit 60 Jahren durchhält.

Nicht selten heißt die Hürde G26 – das ist ein Untersuchung auf die Fähigkeit, Atemschutzgeräte unter Belastung zu tragen. „Die Bewerber müssen dabei drei Watt je Kilogramm Körpergewicht trampeln, bei einer 90-Kilo-Person sind das 275 Watt über drei Minuten. Da geht dem ein oder anderen die Puste aus“, so Axinger. Stichwort: Brand im Hochhaus, Löschangriff über das Treppenhaus und in voller Montur – das schlaucht, da braucht es konditionelle Härte.

Einstiegsgehalt beträgt rund 2300 Euro

Wer die Tests erfolgreich hinter sich gebracht hat, der darf sich auf einen 18 Monate dauernden Grundlehrgang freuen, vergütet mit 90 Prozent des Brandmeistergehaltes. Der macht eine technik-versierte Ausbildung zum Maschinisten und hat danach einen Lkw-Führerschein, um das schwere Einsatzgerät geschickt zu steuern und zu bedienen (Rettungs- und Drehleiterwagen), der hat eine anspruchsvolle Sanitäter-Ausbildung gemeistert, denn der Rettungsdienst bestimmt einen Großteil des Tagesgeschäftes. Schnell und sicher müssen da Symptome gedeutet und (lebensrettende) Maßnahmen eingeleitet werden. Und dem stehen Tür und Tor offen, nach höheren Dienstgraden und Spezialisierungen zu streben. Beispielsweise bei den Höhenrettern oder den Feuerwehrtauchern. Finanziell beginnt der Einstieg als Brandmeister mit A7, das sind rund 2300 Euro brutto.

Schlussendlich gehören die neuen Brandmeister zu einer Elite von 380 Feuerwehr-Profis in Gelsenkirchen, knapp 60 davon täglich im Dienst. Rund ums die Uhr. Ohne Ausnahme. Aber immer für die Menschen in dieser Stadt.

Hintergrund: Der Sporttest wurde im Übrigen von der renommierten Deutschen Sporthochschule in Köln entwickelt. Ein Mix aus Aufgaben, die Kraft, Ausdauer, Koordination und Geschick erfordern. Untrainierte Kandidaten fallen schnell durch das Raster.

Mehr Informationen zu den Einstellungsvoraussetzungen bei der Feuerwehr Gelsenkirchen: https://www.gelsenkirchen.de/de/Rathaus/Karriere/Stellenangebote/ und https://www.gelsenkirchen.de/de/Rathaus/Karriere/Stellenangebote/_doc/Stellenausschreibung_GAL_67.pdf

Weitere Links: http://www.feuerwehr-gelsenkirchen.de und https://www.berufsfeuerwehr-einstellungstest.de