Gelsenkirchen. Neustart in Grund- und Förderschulen: Viele Viertklässler in Gelsenkirchen zeigten sich beim Neustart am Donnerstag erstaunlich zurückhaltend.
Wer mit ungestümen Begrüßungsritualen auf dem Schulhof gerechnet hatte, sah sich getäuscht. Die meisten Viertklässler an der Sternschule jedenfalls kehrten eher zögerlich, meist mit Mundschutz versehen, in ihre Schule zurück. Ein ganzes Willkommenskomitée hatte Schulleiterin Sabine Wild auf dem Schulhof versammelt, um die in zwölf Lerngruppen aufgeteilten Viertklässler zu empfangen und ihnen den Weg in die auf drei Gebäude verteilten Klassenräume zu weisen.
Sonja Diaz hat ihre Tochter Mayleen (10) heute zur Schule begleitet. "Ich hab schon ein komisches Gefühl dabei", gesteht sie. Mayleen trägt einen roten Mundschutz, selbstgenäht. Der nächste Schüler in diesem (zweiten) Startzeitfenster steuert auf den Schuleingang zu. Zielgerichtet, ohne Ausschau nach Freunden zu halten. Später, in Klasse, ist es ebenfalls seltsam still, berichtet Lehrerin Selda Basaran. Normaler Unterricht geht anders, sieben Minuten fallen schon allein fürs Händewaschen weg. Sieben Kinder sitzen hier in einer Klasse, mehr geht nicht. Den Zollstock mit dem 1,50-Maß hat Schulleiterin Sabine Wild aufgeklappt parat.
"Die Zeit zuhause war doof!"
"Als ich gefragt hab, wie die Zeit zuhause war, sagte mir ein Schüler spontan: doof!", erzählt Britta Plum, Sozialpädagogin an der Schule. Lehrerin Rebekka Marks hat mit Mathe in ihrem Teil der 4 d begonnen. Unterrichten in der Grundschule, die ja normalerweise eine Beziehungsschule ist, mit ständigem Abstand ist nicht leicht. Etwa, wenn eine Nachfrage kommt, ob es so richtig ist im Heft, und man sich dem Schüler samt Pult nur auf 1,50 Meter nähern darf.
Zwischendurch kommen die Kinder zur Notbetreuung. Die läuft weiter, soll es auch künftig tun, sieht das Ministerium vor, für alle Erst- bis Sechstklässler. Es sieht auch vor, dass ab nächster Woche alle Grundschüler und auch Förderschüler -- mit Ausnahme jener mit motorischen oder geistigen Einschränkungen - in die Grundschulen zurückkehren. Die 20. Corona-Mail aus Düsseldorf mit den entsprechenden Ansagen erreichte die Schulleitungen am Donnerstag. Rollierend sollen die Kinder zurückkehren. Sabine Wild plant mit vier festen Tagen je Jahrgang plus den Freitag als "Joker" für jene, die von den Donnerstagsfeiertagen betroffen sind.
Krank werden darf keiner von den Lehrern
Ein fragiles System mit versetzten Startzeiten und Aufteilungen hat sie für diese Tage ersonnen. Krank werden darf dabei allerdings keiner aus dem eigentlich 30-köpfigen Schulteam. Siebe Kräfte fallen als Risikopatienten für den Präsenzunterricht ohnehin aus. Ganz nebenbei gilt es, den Übergang der Viertklässler in die weiterführenden Schulen zu organisieren. Corona zehrt an den Kräften.
Thorsten Seiß, Schulleiter der Grundschule Kurt-Schumacher-Straße, hat ähnliche Erfahrungen an diesem ersten Präsenztag gemacht. "Die Kinder waren sehr diszipliniert und haben es genossen, nicht mehr nur auf sich gestellt lernen zu müssen", hat ihm sein Team zurückgemeldet am Ende dieses ersten "Präsenztages". Nur ein Kind hat sich hier mit Attest aus gesundheitlichen Gründen abgemeldet, an der Sternschule waren es zwei Kinder. Auch Thorsten Seiß will ab nächster Woche mit dem Freitag als Jokertag arbeiten.
Bildungsdezernentin Annette Berg hatte bereits mit der Umsetzung der -Ankündigungen aus der umstrittenen Schulmail aus der vergangenen Woche gerechnet, "Verwaltung und Schulen haben sich bereits darauf entsprechend vorbereitet." Zur Unterstützung des für die Kinder neu zu lernenden Ablaufs in besonders herausgeforderten Schulen, so die Dezernentin, stelle die Stadt zusätzliche Kräfte bis Ende Mai zur Verfügung.
"Grundsätzlich ist es gut, dass die Schülerinnen und Schüler die Schulen wieder besuchen und sie die oftmals beengte häusliche Situation verlassen können" urteilt die Dezernentin. Lehrer und Schulsozialarbeiter könnten zudem einen Eindruck bekommen, wie es den Kindern geht und eine eventuell erforderliche Unterstützung organsieren oder auf Gefährdungen reagieren.
Anweisungen für Berufskollegs erst später nachgereicht
Neue Ansagen hält die jüngste Schulmail des NRW-Bildungsministeriums auch für weiterführende Schulen parat. So sollen ab Montag, 11. Mai, auch in Haupt-, Real- und Sekundarschulen ein bis zwei weitere Jahrgänge (die 9. und eventuell auch 8. Klassen) zurückkehren. An Gymnasien und Gesamtschulen sollen die Abiturprüfungen und Zentralen Abschlussprüfungen Vorrang haben. Daher ist ihnen freigestellt, bei Bedarf nur die Q1-Klassen bereits ab 11. Mai wieder vor Ort zu unterrichten.
Welche Regeln für Berufsschulen künftig gelten, verriet die Erstinformation aus Düsseldorf am Donnerstag noch nicht. Bei Ralf Niebisch am Berufskolleg Goldberg sind bereits mehr als 330 Schüler vor Ort, ab 11. Mai plante er mit bis zu 500 Schülern zeitgleich -- bis Donnerstagabend. Sein Plan war ein wochenweiser Wechsel, um möglichst viele Schüler mit Materialien versorgen zu können. „Unsere Schüler haben nicht alle die digitalen Möglichkeiten zuhause“, weiß er nur zu gut. Zudem laufen hier auch zahlreiche Prüfungen für schulische und für Berufsabschlüsse, auch das unter strengen Auflagen. Am Abend dann erreichte auch die Berufskollegs die neue Weisung, nach der auch hier Prüfungen Vorrang haben sollen. Niebisch muss nun neu planen. Er hofft auf frühere Informationen und Konzepte für die Planungen zum neuen Schuljahr.
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