Gelsenkirchen-Erle. Rotraud Mach war 1970/71 Herrin der Gelsenkirchener Jecken. Bis heute hat die ganze Familie einen Ehrenplatz beim Rosenmontagszug sicher.

„Wenn ich auf die Bühne kam, dann wurde ich immer angekündigt mit den Worten: Hier kommt die Prinzessin der Stadt der tausend Feuer, ihre Lieblichkeit Prinzessin Rotraud. Das hat man danach nicht mehr gemacht – die tausend Feuer gab es ja nicht mehr.“

Rotraud Mach erinnert sich gern an die Session 1970/71, in der sie mit Stadtprinz Walter Alexander einige jecke Monate lang das Narrenvolk regierte. Ein Stück karnevalistischer Stadtgeschichte, das seinen Ursprung ein Jahr zuvor hat, in der Session, in welcher der Rosenmontagszug erstmals die Gelsenkirchener Jecken an der Cranger Straße vereint.

Rotraud Mach lehnte den Posten zunächst ab

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Im selben Jahr treten Rotraud Mach und ihr Mann Werner den Erler Funken bei. „Da fragte mich der Vorsitzende Jupp Nienhaus sofort, ob ich Prinzessin werden will.“ Weil die Erlerin da so schön ist, dass es keine andere geben kann? „Ja natürlich“, wirft der bis heute stolze Gatte ein. „Und sie ist immer noch so schön.“

Die junge Mutter dreier Kinder lehnt zunächst den Ehrenposten ab, will sich erst einmal einen Eindruck verschaffen vom närrischen Treiben, erlebt die Sitzungen mit und den Umzug. „Nach der ersten Session im Verein wurde ich wieder gefragt. Da habe ich natürlich Ja gesagt.“

Ehemann Werner war Mitglied des Elferrates

Die folgende fünfte Jahreszeit bestimmt das Leben der ganzen Familie – und wirkt bis heute nach. Rotraud ist strahlende Stadtprinzessin, Ehemann Werner ist immer mit dabei, mal als Mitglied des Elferrates, mal fährt er den Rosenmontagswagen. Als Lkw-Fahrer ist er dafür natürlich die Idealbesetzung und fährt auch in den Folgejahren den Wagen der Erler Funken.

Bis heute hält Rotraud Mach ihr Kostüm in Ehren.
Bis heute hält Rotraud Mach ihr Kostüm in Ehren. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Hoch auf dem jecken Wagen reist auch Sohn Hans-Werner mit. „Die Begeisterung für den Karneval ist damals auf uns Kinder übergegangen. Das prägt schon. Ich war damals zwölf Jahre alt. Ich erinnere mich gut, es war ein tolles Gefühl, auf dem Wagen zu fahren und die Bonbons zu werfen.“

Die Mama aber überstrahlt alles. „Die Fahrt auf dem Rosenmontagswagen war das Schönste. Da konnte ich zeigen, was ich geben kann: Lebensfreude und Herzlichkeit.“ Das glaubt man Rotraud Mach gern. Denn auch im Hier und Jetzt, als sie am Wohnzimmertisch vor den Bildern von einst sitzend aus ihrem Leben erzählt, ist sie eine echte Frohnatur.

Das Ornat musste selbst genäht werden

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An viele Begebenheiten denkt sie gern zurück. „Ich erinnere mich an den Brauereibesuch bei Glück Auf. Da saß ich auf dem Sudkessel für ein Foto. Wir haben auch die Behindertenwerkstätten besucht. Das war für mich die erste Begegnung mit diesen Menschen und ich war sehr emotional, habe sogar geweint.“ Im Hintergrund ist die Prinzessin eine Frau, die in vielerlei Hinsicht selbstständig ist. In Sachen Kleidung, zum Beispiel. „Das Ornat mussten wir selbst nähen lassen. Das erste habe ich hier in Erle in Auftrag gegeben, bei Strangemann. Das zweite hat damals die Hausschneiderin gemacht.“ Beide hat Rotraud Mach aus dem Keller geholt. Beide hängen nun an der Türe. Das obere, gelb mit Pailletten, erkennt man auf manch einem Foto wieder.

Selbstständig muss die Stadtprinzessin aber auch in anderer Hinsicht sein. Damals, erzählt sie, habe man als Tollität selbst fahren müssen. „Ich“, betont sie. Dann lacht sie und fügt an, weil die Männer immer zuviel getrunken hätten. Als Prinzenauto dient die Familienkutsche: „Ein blauer 1600er VW. Ich war Mutter dreier Kinder, da gab es für uns keinen Benz.“

Große Rosenmontagsfeier zu Hause

Zeitzeugen gesucht

Zum Jubiläum des Rosenmontagszuges in Erle sucht die WAZ Zeitzeugen, die damals mit dabei waren, egal ob als Zuschauer oder Aktive.

Wenn auch Sie Ihre Erinnerungen teilen möchten, können Sie sich in der Redaktion melden unter der Rufnummer 0209 1709430 oder per Mail an redaktion.gelsenkirchen@waz.de

Die Stadtprinzessin von einst lacht viel. Und sie ist durch und durch jeck. Bis heute. Das wird besonders am Rosenmontag so richtig zelebriert. Da nämlich hat die Familie besondere Logenplätze. Der Zug führt direkt vor dem Haus vorbei. „Da heißt es immer durch das Mikro: Hier wohnt die Familie Mach.“ Dann wird aus allen Fenstern der Machs gewunken. „Da werden die Gardinen abgehängt und alle stehen am Fenster.“ Familienvater Werner hat eines für sich allein. „Der hat den Logenplatz in der Küche.“ Die anderen teilten sich die beiden Fenster im Schlafzimmer. Danach beginne in der Wohnung der Machs die große Rosenmontagsfeier, erzählt Rotraud Mach. Alljährlich ein wunderschöner Moment, der nur durch eines gekrönt werden kann: Wenn nämlich jemand die Närrin mit „Ihre Lieblichkeit“ anspricht. Den Titel trägt sie bis heute im Herzen.

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