Gelsenkirchen. Zwei Millionen Euro aus RAG-Stiftungsmitteln fließen über drei Jahre nach Ückendorf. Profitieren sollen benachteiligte Kinder in sieben Kitas.
Zwei Millionen Euro aus Mitteln der RAG-Stiftung fließen in den kommenden drei Jahren nach Gelsenkirchen. Es ist die bislang höchste Stiftungssumme für den Bereich Kultur und Bildung, die von der RAG vergeben wurde. Fließen wird sie in das Pilotprojekt „Zukunft früh sichern“. Profitieren sollen Kinder in Ückendorf, die sieben Kindertagesstätten im Stadtviertel besuchen – aktuell sind es rund 530 Mädchen und Jungen, die durch sieben zusätzliche pädagogische Fachkräfte individuelle Förderung erfahren, deren Talente und Potenziale beizeiten gefördert werden sollen. Das große Ziel: Kindern soll der Übergang zur Schule erleichtert werden, sie sollen früh Bildungs- und damit Lebenschancen bekommen. Bildung, so Oberbürgermeister Frank Baranowski, „ist die beste Chance, aus Armut herauszukommen“.
Über 40 Prozent erhalten eine Hauptschulempfehlung
Knapp die Hälfte der Kinder leben in Ückendorf in Armut, über 40 Prozent erhalten eine Hauptschulempfehlung, skizziert Annette Berg, Vorstand unter anderem für Bildung und Integration die Situation vor Ort. 22 Prozent der Kinder im Einzugsbereich haben Defizite in Entwicklungsfähigkeiten, wenn sie in die Grundschule kommen. Darauf früh zu reagieren, ist der Anspruch. „Das ist ein schöner Grund aus einem nicht so schönen Anlass“, stellt Baranowski Dienstag das Projekt vor, das mit Stiftungsmitteln in einer Höhe verbunden sei, „die für mich wirkliche bemerkenswert ist“.
Jeder Vierte ist von Armut bedroht
Im Vergleich, hat eine Erhebung der Stadt ergeben, liegen die Teilhabechancen für Kinder in Ückendorf im unteren Mittelfeld. Mit 42 Prozent erhalten hier stadtweit die meisten Kinder eine Hauptschulempfehlung. 18 Prozent der Kinder besuchen weniger als zwei Jahre eine Kita.
Laut Bertelsmannstudie ist jeder vierte Gelsenkirchener auf Unterstützung angewiesen. Das sind mehr als 50.000 Menschen. Der Erhebung liegt der Anteil Menschen zugrunde, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Hartz IV) beziehen, hier beträgt die Quote 24,8 Prozent.
Ein weiteres Glied in der Betreuungskette
Geplant ist, mit Stellen und Geld ein weiteres Glied in die Betreuungskette für benachteiligte Familien einzuziehen, die Stadt und ihr Kita-Träger Gekita vor gut einer Dekade geschmiedet haben – angefangen bei der Elternschule zur Geburt bis zur Berufsbildung von Jugendlichen. „Wir stellen fest, dass wir noch nicht am Ende der Notwendigkeiten sind“, betont der OB. So sieht es auch Holle Weiß, Betriebsleiterin Gekita, so sieht es auch Berg. „Uns war dabei ganz wichtig, dass wir das einzelne Kind in den Blick nehmen, sei es bei sprachlichen oder körperlichen Defiziten, aber eben auch mit seinen möglichen Stärken. Aktuell wird ein Team aus Bildungsbegleitern zusammengestellt. Die Bewerbungsphase läuft noch. Doch klar ist laut Weiß bereits: „Die Kräfte sind zusätzlich da, die ersetzen niemanden“
„Pilot“ wird über drei Jahre wissenschaftlich begleitet
100 Mitarbeitende aus den sieben Kitas in Ückendorf haben sich bereits zu einer Startveranstaltung getroffen, im September, so Weiß, sei die nächste Denkwerkstatt geplant. Ihr ist Vernetzung wichtig. Auch eine Projektkoordinatorin gibt es bereits, zudem wird der „Pilot“ über drei Jahre wissenschaftlich vom Frankfurter Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik begleitet. „Zukunft früh sichern“ könnte damit beispielhaft für andere Bergbauregionen und weiteres Stiftungsengagement werden.
Der größte Schülerstipendiengeber in NRW
Oberste Aufgabe der RAG-Stiftung ist es, die Ewigkeitslasten des Bergbaus zu stemmen, aber „wir können eben auch Bildung und Kultur unterstützen“, stellt Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied des Stiftungsvorstands fest. Mit 30 Millionen Euro ist die Stiftung für diesen Bereich ausgestattet. „Wir sind der größte Schülerstipendiengeber in NRW, da bewegen wir was“, betont Bergerhoff-Wodopia. Und diesen Anspruch verfolgt sie nun auch ganz praktisch in Ückendorf. „Der Bedarf ist da. Wir brauchen keine weiteren Gutachten. Wir brauchen Umsetzung. Ich bin überzeugt, dass das ein sehr gutes Projekt ist. Das kann wegweisend sein für die Zukunft.“