Gelsenkirchen. . Der Stärkungspakt stellt Gelsenkirchen vor enorme Probleme: Gespartes Geld darf laut Bezirksregierung nicht in den Haushalt fließen.

„Haushalt 2018 ohne neue Schulden“ titelte die WAZ vor ziemlich genau einem Jahr. Im Sinne der Stadt und ihrer Zukunftsfähigkeit hätte dieser Seite heute einen ähnliche Schlagzeile gutgetan. Doch die Realität ist eine andere. Ob Gelsenkirchen für 2019 einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommt, steht in den Sternen. Noch fehlen zur schwarzen Null 28,5 Millionen Euro. Wir beantwortet die wichtigsten Fragen:

Wie kommt das Defizit zustande?

Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD)
Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) © Joachim Kleine-Büning

Im Wesentlichen liegt das daran, dass die Stadt 2019 weniger Geld aus Düsseldorf bekommt als noch 2018. Auf 46 Millionen Euro der sogenannten Schlüsselzuweisungen muss Kämmerin Karin Welge verzichten. Bemessungsgrundlage für deren Höhe sind die Steuereinnahmen von Juli 2017 bis Juni 2018. Da diese höher ausfielen als im Vorjahreszeitraum, ergeben sich geringere Zuweisungen.

Was ist mit den zusätzlichen Steuereinnahmen passiert?

32 Millionen Euro hat sich die Stadt vorausschauend an die Seite gelegt. Denn Kämmerin Karin Welge kennt das Prozedere. Sie weiß, dass auf „starke Steuer-Jahre schwache Jahre der Schlüsselzuweisungen folgen“.

Wieso existiert trotz dieser 32 Millionen ein Defizit von 28,5 Millionen Euro?

Weil die bei der Bezirksregierung angesiedelte Kommunalaufsicht der Stadt zurzeit verweigert, das beiseite gelegte Geld dafür einzusetzen. Aus Münster heißt es: „Gelsenkirchen ist Stärkungspakt-Kommune. Die Einnahmen müssen die Ausgaben im laufenden Jahr decken“, so Sigrun Rittrich, Pressesprecherin der Bezirksregierung. „Wir haben mit der Stadt bereits Gespräche geführt.“ Allerdings gebe es noch keine vollständigen Unterlagen. „Die brauchen wir aber, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.“

Hat die Landesregierung eine Meinung zu dem Problem?

Sigrun Rittrich, Pressereferentin der Bezirksregierung Münster
Sigrun Rittrich, Pressereferentin der Bezirksregierung Münster © Spangenberg

Aus dem Finanzministerium hieß es am Donnerstag auf WAZ-Anfrage lediglich kurz und knapp, „dass sich die Bezirksregierung mit der Stadt Gelsenkirchen bezüglich der Thematik in konstruktiven Gesprächen befindet“.

Was passiert, wenn Gelsenkirchen die 32 Millionen schlussendlich nicht in den Haushalt stecken darf?

Streng genommen blieben dann nur zwei Möglichkeiten: Steuern erhöhen oder Infrastrukturmaßnahmen zurückfahren. Beides hält Karin Welge für nicht ratsam: „Wir müssen darauf achten, dass sich durch solche möglichen Entscheidungen die Gesellschaft nicht weiter polarisiert.“

Welche Sparmaßnahmen könnte Gelsenkirchen theoretisch ergreifen, um die Summe zu sparen?

Kämmerin Karin Welge
Kämmerin Karin Welge © Martin Möller

Frank Baranowski: „Es gibt keine Lösung, auf einen Schlag so viel Geld zu sparen.“ Das sei weder durch Personalabbau noch durch die Schließung des Musiktheaters im Revier möglich. „Zoo schließen, Bäder schließen – das wäre auch das Gegenteil von der Zukunftssicherung einer Stadt“, so Welge.

Welches Gesamtvolumen hat der Haushalt 2019?

Insgesamt sieht der Haushalt Ausgaben in Höhe von 1,084 Milliarden Euro vor. Baranowski nennt die Stadtentwicklung vor allem in Ückendorf, Hassel, Schalke und Rotthausen als Schwerpunkt. „Auch der von uns angestrebte soziale Arbeitsmarkt wird den Haushalt belasten“, so der Oberbürgermeister gegenüber der WAZ. Und auch die Digitalisierung kostet Geld. Hierfür bringe die Stadt sogar „einen Tacken mehr auf als im Vorjahr“, kündigt er an.

Hier eine Übersicht über einige ausgewählte Posten auf der Seite der Ausgaben im Etat-Plan 2019:

  • 120 Millionen Euro zahlt die Stadt an Hartz-IV-Empfänger
    50 Millionen Euro fließen in den Kinder- und Jugendbereich
    52 Millionen beträgt der Zuschuss für die Kindertagesstätten (GeKita)
    14 Millionen Euro bekommt das Musiktheater im Revier
    19 Millionen Euro überweist die Stadt an den VRR zur Finanzierung des ÖPNV