Gelsenkirchen. . 40 Prozent der Viertklässler aus Buer wechseln aufs Gymnasium, in Heßler sind es 16,6 Prozent. In Essen sind die Unterschiede sogar noch krasser.
Wie stark ist der Zusammenhang zwischen dem Wohnort eines Kindes und seiner Bildungslaufbahn? Betrachtet man die verschiedenen Übergangszahlen von Grundschulen auf Gymnasien im Stadtgebiet, so scheint er sehr groß zu sein. In Buer wechseln 40 Prozent und in der Altstadt 36 Prozent von der Grundschule auf ein Gymnasium. In Heßler sind es gerade mal 16,6 Prozent, in Bismarck 18,8 Prozent.
Dabei handelt es sich nicht um ein Gelsenkirchener Phänomen. In Essen liegt die Spanne gar zwischen 88 und 19 Prozent und auch in Oberhausen gibt es große Unterschiede.
Viele Gymnasien auf engem Raum in Buer und Altstadt
Das Gelsenkirchener Bildungsbüro hat die Zahlen im Blick, verfolgt und dokumentiert die Übergänge und deren Entwicklung schulformscharf. Allerdings mag man hier nicht allein an das Wohnumfeld als Ursache glauben. „Hier bedarf es einer guten Analyse in Kenntnis aller möglichen Faktoren, die zu einer Schulwahl führen können“, betont Thomas Wondorf, Teamleiter im Kommunalen Bildungsbüro. Zumal die Quote der Übergänge keine Quereinsteiger berücksichtige, die möglicherweise später auf ein Gymnasium wechseln. Was aus den Zahlen ebenfalls nicht hervorgeht: Wie viele Kinder aus dem Stadtteil auf dem Gymnasium bleiben und wie viele es vorzeitig verlassen (müssen), weil die Noten nicht stimmen.
Fest steht: Sowohl in der Altstadt als auch in Buer gibt es viele Gymnasien auf engem Raum. Wohnortnähe kann ein Argument sein, räumt Wondorf ein. Es sei aber eben nur eines. Es gebe viele andere Faktoren, die zur Schulentscheidung führen wie das Profil einer Schule und Wünsche von Eltern für ihre Kinder.
Grundschulempfehlung läuft oft in Leere
Die Grundschulempfehlungen taugen nur noch bedingt als Grundlage einer Auswertung, weil sie nicht mehr bindend für die Eltern sind. Gibt es auf einem Gymnasium freie Plätze und die Eltern drängen entgegen der Grundschulempfehlung auf einen Gymnasialplatz für ihr Kind, muss das Gymnasium es aufnehmen. Um diese Differenzen aufschlüsseln zu können, müsste nicht nur dokumentiert werden, welche Empfehlungen die Schulen den Viertklässlern geben, sondern auch, ob dieser gefolgt wurde. Ein sehr aufwändiges Verfahren.
Teilhabe-Chancen werden dokumentiert
Die Teilhabemöglichkeiten für Kinder in den verschiedenen Quartieren dokumentiert die Stadt über den Partizipationsindex, um entgegenwirken zu können. Mit dem Index werden die Umwelt- und Wohnbedingungen, der Gesundheitszustand, die wirtschaftliche Lage, die Integrationsvoraussetzungen und die Bildungsbeteiligung erfasst. Der Index wird von der Stadt und unterschiedlichsten Akteuren vor Ort genutzt, „um Handlungsbedarfe sozialraum- scharf, zielgruppenorientiert und handlungsfeldbezogen zu erkennen und die jeweiligen Angebote und Strategien passgenau auszurichten,“ so das Konzept.
Unterschiede in der Ausstattung von Grundschulen im Stadtgebiet mit Lehrkräften je nach Lage werden derzeit nicht gemacht. Allerdings bekommt Gelsenkirchen dank einem Kreissozialindex von 100 Prozent insgesamt mehr Lehrkräfte zugewiesen als andere.
56,4 Prozent der Schüler mit Zuwanderungsgeschichte
Mehr als jeder zweite Schüler, jede zweite Schülerin an Gelsenkirchener allgemeinbildenden Schulen hat eine Zuwanderungsgeschichte, 56,4 Prozent waren es 2017/18. Der Anteil ist in den letzten drei Jahren damit um fast zehn Prozent gestiegen.
Allerdings gibt es heute auch mehr Schüler: 28 892 Jungen und Mädchen drückten zuletzt die Schulbank. Hinzu kommen 9541 Schüler beruflicher Schulen. Dort hatte nur ein Drittel eine Zuwanderungsgeschichte. An Hauptschulen ist der Anteil besonders hoch (73,2 Prozent), sicher auch bedingt durch die hohe Zahl Internationaler Förderklassen dort. Aber auch Realschulen (64,8 Prozent), Grundschulen (62 Prozent) und Sekundarschule (61,5 Prozent) liegen über dem Durchschnitt.
An den Gesamtschulen liegt der Anteil im Schnitt bei 51,2 Prozent – mit großen Schwankungen zwischen den Schulen. An Gymnasien lernen 47,2 Prozent Schüler, deren Familien zugewandert sind. Besonders hoch ist der Anstieg bei den Realschulen, wo er von 50,8 auf 64,8 Prozent kletterte.
Zum Vergleich: Landesweit haben 38,2 Prozent der Lernenden an allgemeinbildenden Schulen eine Zuwanderungsgeschichte.