Gelsenkirchen. . Bis zu 90 Sechstklässler müssen in Gelsenkirchen ihre Schule wegen zu schlechter Noten verlassen. Nicht alle wissen schon, wo sie weiterlernen.

  • Bis zu 33 Gymnasiasten und 57 Realschüler sollen ihre Schule wegen schlechter Noten verlassen
  • Noch sind in Gelsenkirchen nicht für alle Plätze an Haupt-, Real- und Gesamtschule gefunden
  • Im Vergleich zu Nachbarstädten relativ wenige „Schulformwechsler“am Ende der Erprobungsstufe

Bis zu 90 bisherige Sechstklässler in Gelsenkirchen müssen nach den Ferien die Schule wechseln. Sie müssen nach dem Ende der sogenannten Erprobungsstufe ihre Schule verlassen, weil ihre Noten nicht gut genug sind. Der letzte in der Schulverwaltung bekannte Stand: 33 Kinder müssen das Gymnasium verlassen, 57 die Realschulen. Und nicht alle wissen schon, welche Schule sie nach den Ferien besuchen werden. Weil noch kein Platz für sie gefunden wurde. Gelsenkirchens Schulen sind voll.

Dabei hält sich in der Stadt die Zahl der zwangsweisen Schulformwechsler mit 90 im Vergleich zu Essen oder Oberhausen noch im Rahmen. Bis zu 260 Kinder werden in Essen „durchgereicht“, 130 Kinder müssen in Oberhausen wechseln.

Keine konkreten Statistiken und Verlgeichszahlen

Ob der Lerneifer durch das „Schulformwechsel“ genannte Abschulen gesteigert wird, darf bezweifelt werden.
Ob der Lerneifer durch das „Schulformwechsel“ genannte Abschulen gesteigert wird, darf bezweifelt werden. © dpa

Für Gelsenkirchen liegen laut Schulverwaltung und Schulaufsicht in Münster keine Vergleichszahlen aus anderen Jahren vor, es gebe keine Statistiken dazu. Allerdings wurden 2016 an der Hauptschule am Dahlbusch für Schulwechsler von Realschulen Klassen gebildet, an der Lessing-Realschule waren laut Schulleitung zwei Klassen für Ex-Gymnasiasten angesiedelt. Das spricht für vergleichbare Zahlen im Vorjahr.

Das gegliederte Schulsystem mit Haupt-, Realschule und Gymnasium versteht sich als durchlässig, Schulwechsel nach oben und unten ist eingeplant. Wobei in der Regel deutlich mehr Kinder wegen zu schlechter als wegen zu guter Leistungen wechseln. Meist wird erst nach dem Abschluss für das Abitur „nach oben“ gewechselt.

Missachtung der Grundschulempfehlung als Ursache

Hauptgrund für das Scheitern in einer Schulform ist nach Einschätzung der Schulaufsicht in Münster das Nichtbefolgen der Grundschulempfehlung. Aber: „Pauschale Aussagen zu Gründen gibt es nicht. Jeder Einzelfall ist anders. Der Wunsch der Eltern auf eine bestimmte Schulform kollidiert zunehmend mit der Empfehlung der Grundschulen“ lautet die offizielle Antwort. Und weiter: „Je nach individueller Entwicklung eines Kindes muss im gegliederten Schulsystem immer ein möglicher Schulwechsel einkalkuliert werden.“

Familienzentren an Grundschulen

Lessing-Realschüler tanzen hier im Bild anlässlich der Auszeichnung als „Schule der Zukunft“. Trotz Förderangeboten müssen jedoch 15 Sechstklässler jetzt die Schule verlassen.
Lessing-Realschüler tanzen hier im Bild anlässlich der Auszeichnung als „Schule der Zukunft“. Trotz Förderangeboten müssen jedoch 15 Sechstklässler jetzt die Schule verlassen. © Martin Möller

Christel Kischkewitz, Leiterin der Lessing-Realschule, von der 15 Sechstklässler abgehen müssen, sieht auch das Nichtbefolgen der Grundschulempfehlung als häufige Ursache. Aber es gebe auch Kinder mit psychischen Auffälligkeiten, Lernblockaden. „Das ist mit individueller Förderung nicht wettzumachen.“ Dass die Hauptschule „totgeredet wurde“, bedauert sie. Ursprünglich sollten 20 Schüler ihre Schule verlassen. Fünf von ihnen werden nun jedoch noch ein Jahr bleiben; sie hatten die drei Jahre Erprobungsstufe noch nicht ausgeschöpft. Von den 15, die gehen, seien 13 bereits untergebracht.

Beim Gauß-Gymnasium muss keiner gehen

Annette Berg, Sozialdezernentin der Stadt Gelsenkirchen, verfolgt am Dienstag, dem 28.02.2017, im Hans-Sachs-Haus die Vorstellung des neuen Referatsleiters für den Bereich Zuwanderung und Integration. Foto: Martin Möller / Funke Foto Services
Annette Berg, Sozialdezernentin der Stadt Gelsenkirchen, verfolgt am Dienstag, dem 28.02.2017, im Hans-Sachs-Haus die Vorstellung des neuen Referatsleiters für den Bereich Zuwanderung und Integration. Foto: Martin Möller / Funke Foto Services © Martin Möller

Am Gauß-Gymnasium wird in diesem Jahr kein Kind gehen müssen, freut sich Schulleiter Frank Kaupert. Insgesamt lag die Spannbreite bei Gymnasien zwischen Null und 15 Kindern, bei Realschulen zwischen sechs und 28, so Bildungsdezernentin Annette Berg. Es sind Zahlen, die sie bedauert. „Wir sollten die Kultur des Behaltens an Schulen pflegen. Die Stadt hat großes Interesse daran, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, damit Bildungsbiografien gelingen können.“ Dafür biete man Familienzentren an Grundschulen an, entwickele Konzepte zur Übergangsgestaltung nach Klasse vier.