Essen. . Rund 260 Sechstklässler schaffen in Essen das Gymnasium oder die Realschule nicht und müssen wechseln. Doch woanders ist für sie kaum Platz.
- Rund 260 Sechstklässer fliegen: In Essen werden Plätze an Schulen benötigt, die keine Gymnasien sind.
- Stadt hat Gründung einer neuen Gesamtschule erst kürzlich vorerst aufs Eis gelegt
- Diskussion: Brauchen wir neue Hauptschulen, obwohl die bei Eltern nicht beliebt sind?
Manche sprechen wenig zurückhaltend von einem „Skandal“, der sich in den sechsten Jahrgängen von Essener Gymnasien und Realschulen in diesem Jahr abspielt: Einer vorläufigen Aufstellung der Schulverwaltung zufolge, die auch noch Wackel-Kandidaten mitzählt, müssen in drei Wochen, wenn das Schuljahr zu Ende ist, maximal 260 Gymnasiasten und Realschüler ihre Schulen verlassen, weil sie die Erprobungsstufe (Jahrgänge fünf und sechs) nicht geschafft haben. Es sind etwas mehr als 170 Sechstklässler an den Gymnasien und mehr als 80 an den Realschulen. Die Gymnasiasten gehen in der Regel zur Real-, die Realschüler zur Hauptschule. Wir berichteten ausführlich.
Zehn Klassen – so viele Schüler müssen gehen
260 Schüler – das sind gut und gerne zehn Klassen. Besonders betroffen sind in diesem Jahr vor allem die Ganztags-Gymnasien, die die Ursache jedoch nicht im Ganztagsbetrieb sehen: Die Zahlen der Abgänger seien in der Vergangenheit im Rahmen geblieben; in diesem Jahr gebe es ungewöhnliche Ausreißer nach oben, heißt es vielerorts. Unterdessen macht sich Elisabeth Keim von der Gewerkschaft GEW ihrem Ärger Luft und fragt: „Wann endlich beantragt die Stadt, dass Realschulen auch Hauptschul-Abschlüsse vergeben dürfen?“ Damit greift sie eine Diskussion auf, die schon vor Jahren geführt wurde – denn das Sterben der Hauptschulen vollzieht sich seit langem mangels Nachfrage. Vor zehn Jahren gab es im Stadtgebiet noch 14, heute sind es noch drei Hauptschulen, die neue Fünfer-Jahrgänge bilden.
Haupt- und Realschule gemeinsam? Praktiker winken ab
„Tatsächlich ist die Frage, ob Hauptschulen womöglich eine Renaissance erleben können“, sagt Jürgen Häckert, Leiter der Helene-Lange-Realschule und Sprecher der Essener Realschulen. Beide Abschlüsse unter dem Dach der Realschulen anzubieten, hält er jedoch für wenig praktikabel – das sehen andere Realschul-Leiter ähnlich: „Wir haben bereits Schüler mit Behinderungen und eine große Zahl von Seiteneinsteigern ohne Deutsch-Kenntnisse, da können wir nicht auch noch Hauptschul-Züge einführen“, heißt es bei erfahrenen Praktikern.
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Weil die Klassen in den Realschulen schon jetzt voll sind, auch Gesamtschulen in den Jahrgängen ab Jahrgang sieben aufwärts nur wenig Platz haben und es kaum noch Hauptschulen gibt, stellt sich tatsächlich die Frage, was geschehen soll. Klar ist : Stadtweit werden Plätze benötigt an Schulen, die keine Gymnasien sind.
An den Gymnasien sind Kinder mit Hauptschulempfehlung
Das war Ende 2015 schon im Schulentwicklungsplan erkannt worden – entsprechend gab es lange den Wunsch der Stadt, eine neue Gesamtschule zu gründen. Ein Plan, der, wie man weiß, mittlerweile auf Eis liegt. Stattdessen haben SPD und CDU im letzten Schulausschuss beschlossen, dass Gesamtschulen in Essen grundsätzlich gestärkt und Erweiterungsmöglichkeiten der Realschulen ermittelt werden müssten. Entsprechende Aufträge an die Verwaltung wurden verabschiedet.
Tatsächlich müssen jetzt Schüler die Gymnasien verlassen, die tatsächlich nicht nur Real-, sondern sogar Hauptschulempfehlungen der Grundschulen hatten. Fakt ist auch, dass Realschulen seit Jahren erleben, dass in manchen Klassen Schüler die Mehrheit bilden, die früher auf Hauptschulen gegangen wären.
Viel zu tun für Schulentwickung
„So lange es Hauptschulen bei uns gibt“, heißt es bei der Stadt, „können wir rechtlich keine Hauptschulabschlüsse an Realschulen vergeben.“
So einfach ist das. Und gleichzeitig so kompliziert: Es gibt viel zu tun für die Schulentwicklungsplanung der Stadt Essen.
>> Wer in Stufe sieben versetzt wird
Schüler werden von der Erprobungsstufe (Jahrgänge fünf und sechs) in den siebten Jahrgang versetzt, wenn sie nicht mehr als eine Fünf in den schriftlichen Hauptfächern (Mathe, Deutsch, zwei Fremdsprachen) haben und diese Fünf durch mindestens eine Drei in einem anderen Hauptfach ausgeglichen wird.
Nachprüfungen sind gemäß Prüfungsordnung nach Stufe sechs nicht möglich.