Gelsenkirchen. . In Gelsenkirchen unterrichten knapp 3000 Lehrer Heranwachsende. Viel zu wenige, klagen Lehrerverband und -gewerkschaft.

  • Von 89 Gelsenkirchener Schulen zugewiesenen Stellen konnten bisher erst 44 besetzt werden
  • Bei Sonderpädagogen drohen wegen nahender Pensionierungswelle dramatische Engpässe
  • Stärkere Anreize zum Wechsel für Lehrkräfte aus anderen Bundesländern gefordert

475 Lehramtsanwärter haben im Bereich des für Gelsenkirchen zuständigen Regierungsbezirks Münster zum 1. Mai ihre Ausbildung beendet, stehen somit dem Markt zur Verfügung. Vor allem an Gelsenkirchener Grund- und Förderschulen wird Verstärkung dringend benötigt. Von den 41 zugewiesenen (bewilligten) Stellen an Grundschulen etwa sind ganze 17 bereits besetzt, zwei sind in Bearbeitung, die anderen müssen neu ausgeschrieben werden. Unterstützung für Gelsenkirchener Grundschulen gibt es ab 1. Mai durch insgesamt 15 Lehramtsanwärter aus den Seminaren.

Händeringend Verstärkung brauchen auch aber die Förderschulen in der Stadt. Wobei die Aussichten auf Besserung mäßig sind. Von 16 bewilligten Stellen sind nur sechs besetzt bisher. Dabei braucht es Sonderpädagogen nicht nur für die Förderschulen, sondern auch für das Gemeinsame Lernen; Lehrer von Förderschulen werden dazu an Regelschulen abgeordnet.

Die bauliche Situation ist seit 40 Jahren katastrophal

Ulla Gurski, Vorsitzende des Stadtverbands Bildung und Erziehung (VBE) und VBE-Sprecher Manfred Schumacher im WAZ-Gespräch.
Ulla Gurski, Vorsitzende des Stadtverbands Bildung und Erziehung (VBE) und VBE-Sprecher Manfred Schumacher im WAZ-Gespräch. © Thomas Schmidtke

„Und es wird noch schlimmer werden“, befürchtet Manfred Schumacher, Sprecher des Gelsenkirchener Stadtverbandes des Verbandes Bildung und Erziehung, VBE. „Von uns Sonderpädagogen gehen viele in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Und es wächst noch nicht genug nach.“ Hinzu kommt, dass den vielen älteren Kollegen Entlastungsstunden zustehen, das heißt, sie unterrichten weniger. Aber: Ersatz für diese Stunden gibt es nicht. In der Konsequenz fallen diese Stunden schlicht aus. An Grundschulen hat der erste Generationenwechsel bereits stattgefunden, ist VBE-Vorsitzende Ulla Gurski froh. Die Kollegien seien altersgemischt.

Beide attestieren Stadt und Bezirksregierung, sich redlich um Besserung zu bemühen. „Aber es gibt zu wenige Lehrer, ist zu wenig vorgesorgt worden. Die bauliche Situation an Schulen ist seit 40 Jahren katastrophal und die Inklusion nicht gut vorbereitet“, klagt Schumacher. Derzeit gebe es auch schon Rückkehrer, Kinder, die im gemeinsamen Lernen gestartet sind und nun doch an Förderschulen wechseln wollten.

Filmdokumentation über Inklusion startet im Kino

Wer eine Idee von der Realität an Schulen bei der Inklusion bekommen wolle, dem empfiehlt der VBE eine filmische Dokumentation zum Thema. Kinotermine im Internet unter ich-du-inklusion.de

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW, beklagt vor allem die Situation an Grundschulen. Im „Horster Appell“ forderte die Gelsenkirchener GEW zuletzt Anreize, um die Arbeit hier für auswärtige Lehrkräfte attraktiver zu machen.

Sich auf das Kerngeschäft Unterricht konzentrieren

Lothar Jacksteit, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Gelsenkirchen, wünscht sich eine deutlich bessere Ausstattung mit Lehrkräften.
Lothar Jacksteit, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Gelsenkirchen, wünscht sich eine deutlich bessere Ausstattung mit Lehrkräften. © Martin Möller

„Die Schulen müssen endlich wieder das Potential und die Ressourcen zugebilligt bekommen, sich auf das Kerngeschäft Unterricht zu konzentrieren“ fordert Stadtverbandsvorsitzender Lothar Jacksteit. Zumal landesweit bis Ende 2018 über 3000 Lehrer mehr in den Ruhestand wechselten als ihre Lehrerausbildung beenden.

Die Abordnungen von Lehrern aus besser versorgten Regionen wie dem Münsterland nach Gelsenkirchen – bislang sind es fünf – begrüße man daher, so Jacksteit und Ulla Gurski. Gemischt ist die Begeisterung über Seiteneinsteiger. Fünf Sportwissenschaftler und drei Musikpädagogen verstärken derzeit die Grundschulteams in der Stadt. Weitere 26 werden derzeit berufsbegleitend auf die Arbeit an Berufskollegs vorbereitet.

Viele Stellen müssen neu ausgeschrieben werden

>>> 2295 Lehrer unterrichten in Gelsenkirchen an öffentlichen Schulen – viele in Teilzeit.

>>> Von den 89 von der Bezirksregierung Münster den Gelsenkirchener Schulen zugewiesenen und zu besetzenden Lehrerstellen konnten zum 1. Mai 44 besetzt werden. 36 sind noch in der Ausschreibung. Wieviele frischgebackene Lehrer sich letztlich noch für Gelsenkirchen entscheiden, ist noch nicht absehbar.