Gelsenkirchen. Wenn es um die Verabschiedung des Haushaltes der Stadt Gelsenkirchen geht, sind Überraschungen spärlich gesät.
Wenn es um die Verabschiedung des Haushaltes der Stadt Gelsenkirchen geht, sind Überraschungen spärlich gesät. Wie im vergangenen Jahr waren die Positionen weit vor der Ratssitzung am Donnerstag geklärt. Die Fraktionen von SPD und Grünen erneuerten ihr Bündnis auf Zeit und stimmten gemeinsam für das Paket von Kämmerin Karin Welge und Oberbürgermeister Frank Baranowski (beide SPD). Mit im Boot saß wie im Vorjahr Pirat Jürgen Hansen.
Zum Zeitpunkt der Abstimmung waren die Zahlen aus der jüngeren Vergangenheit bereits überholt. Ein Defizit in Höhe von 42,7 Millionen Euro hatte die Kämmerin jüngst verkündet. Der Ergebnishaushalt sieht nun 961,247 Millionen Euro vor. Dem stehen Aufwendungen in Höhe von 1,005 Milliarden Euro gegenüber. Damit weist der Ergebnisplan eine Lücke von rund 44,661 Millionen Euro auf. Um diesen Betrag wird die allgemeine Rücklage verringert. Das Eigenkapital reduziert sich um diesen Betrag. Der Haushaltsanierungsplan sieht weiterhin den nach dem Stärkungspaktgesetz geforderten Haushaltsausgleich in den Jahren 2018 mit und 2021 ohne Unterstützung des Landes vor.
Skizzierte die SPD diesen Weg als alternativlos, blieb das Verhalten der CDU ohne große Deutungsvariante. Auf dem Weg abseits des Gelsenkirchener Konsenses, für den die Christdemokraten über mehrere Jahre gemeinsam mit SPD, den Grünen und der im Rat der Stadt nicht mehr existenten FDP standen, erlitten sie in diesen Beratungen Schiffbruch. Aus über 60 Vorschlägen destillierte die Unionsfraktion 14 Anträge, die allesamt keine Mehrheit fanden.
Bürgerhaushalt ohne Gegenstimme
Auch der Vorschlag rund um die Errichtung eines Kompetenzzentrums Schule/Hochschule/Beruf lief ins Leere, obwohl der CDU hier mit Michael Grütering der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände Emscher-Lippe ein unüberhörbarer Fürsprecher zur Seite sprang.
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Im Abstimmungsverfahren am Donnerstag gab es bei den Parteien insgesamt aber ein differenziertes Verhalten: Der Bürgerhaushalt 2016 etwa wurde einstimmig angenommen, der Stellenplan 2016 der Verwaltung fand nur eine Gegenstimme, die von AUF Gelsenkirchen. SPD, Grüne und Piraten votierten beim Haushaltssanierungsplan 2016, bei der Auflistung zum investiven Teil des Finanzplans 2016 und bei der Haushaltssatzung 2016 gemeinsam.
Ein anderes Thema, an dem alle im Rat der Stadt anwesenden Parteien – Pro Deutschland glänzte komplett durch Abwesenheit – an einem Strang zogen, ist der Kampf gegen die angekündigte Schließung des Vaillant-Standortes an der Emscherstraße im Jahr 2018. Einstimmig wurde eine Resolution verabschiedet, die keine andere Interpretation zulässt: Das Aus des Werkes soll verhindert werden.
Auszüge aus drei Haushaltsreden
Dr. Günter Pruin, SPD: „Auch wenn sich das Defizit des Haushalts von der Einbringung bis heute um ca. 17. Millionen Euro verringert hat, ändert dies nichts an der notwendigen Ausgabendisziplin. Wir brauchen jeden Euro, um die Ziele des Stärkungspaktes zu erreichen. Wir brauchen jeden Euro, um weiterhin durch genehmigte Haushalte die Zukunftsprojekte für Gelsenkirchen gestalten zu können.
Wir brauchen jeden Euro für die Unwägbarkeiten der nächsten Jahre – wie die Anstrengungen bei der menschenwürdigen Versorgung der Flüchtlinge und ihren Folgekosten. Wir brauchen jeden Euro, denn wir wissen, dass der kommunale Haushalt in den letzten Jahren immer auf Kante genäht war, und dass wir die Einnahmeseite nur sehr bedingt vorhersagen können. Wir stehen vor schwierigen und unübersichtlichen Zeiten und werden dicke Bretter bohren müssen. Das ist der Grund, weshalb wir den völlig überzogenen Forderungen der CDU in Millionenhöhe nicht nachgeben.“
Sascha Kurth, CDU: „Wenn wir heute in Gelsenkirchen auf die Straße gehen, sehen wir eine Stadt, die mit einer viel zu hohen Arbeits- und vor allem Langzeitarbeitslosigkeit zu kämpfen hat. Die Herausforderungen, die dahinter stehen, sind weder neu noch sind sie gelöst. Die Bürger haben ein Anrecht darauf, dass wir als Politik uns dieses Problems annehmen.
Dabei hängen die Themen Arbeitslosigkeit, Arbeitsplätze und Wirtschaft eng zusammen. Deshalb steht das Thema Arbeit in Gelsenkirchen, steht das Thema Wirtschaft und Wirtschaftsförderung in Gelsenkirchen, bei der CDU ganz oben auf der Agenda. All das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, Herr Oberbürgermeister, wollten Sie in ihrem Haushalt nicht sehen. Wir schon, denn wir halten es für richtig und vor allem für wichtig. Stattdessen haben Sie in diesem wichtigen Bereich eingebracht: Nichts. Sie schreiben einfach fort, was wir schon immer tun. Hier werden wir uns nicht einig.“
Peter Tertocha, Grüne: „Kein Geld in der Kasse, ein Haushaltsplanentwurf, der auf Kante genäht ist und keine Spielräume bietet. Mehrheitsverhältnisse, in der eine Partei die absolute Mehrheit hat – es gibt günstigere Ausgangssituationen für eine Oppositionspartei als die in Gelsenkirchen.
Wir Grünen könnten es uns einfach machen, das Dagegen-Schild hochhalten, die SPD den Haushalt einfach machen lassen und danach an allem rummäkeln. So machen wir aber nicht Politik. Mehrausgaben sind kein Tabu. Sparen ja, Investieren auch ja und Verbesserung der Lebensqualität in Gelsenkirchen erst recht ja. Und dafür muss man Geld in die Hand nehmen. Also haben wir den Entwurf durchgearbeitet. Natürlich war und ist der Haushaltsplan 2016 weit von Grünen Zielvorstellungen entfernt. Aber trotzdem haben wir uns entschieden, ihn mitzutragen, wenn es uns gelingen würde, Duftmarken zu setzen. Das ist uns gelungen, deshalb stimmt die Grüne Fraktion Ja.“