Gelsenkirchen.

Der Bürgerhaushalt Gelsenkirchen gilt in den Kreisen von Politik und Verwaltung durchaus als eine Erfolgsgeschichte. Die Grünen formulierten einst die Idee, ehe die Umsetzung von allen im Rat der Stadt vertretenen Parteien getragen wurde. Seine Feuertaufe erlebte das Verfahren im vergangenen Jahr für den Haushalt 2015.

Im Zuge einer neuen Durchlässigkeit bei Haushalt und Haushaltsplanung wurde von der Politik als Baustein für mehr Mitwirkung auch ein anderes Instrument deutlich verstärkt: das der Bürgeranträge. Mit diesen Anregungen und Beschwerden setzen sich der Rat und die Fachausschüsse zu Beginn ihrer Sitzungen auseinander. Ein solcher Antrag nach Paragraf 24 der Gemeindeordnung brachte dem Haupt- und Finanzausschuss nun diesen „Wunsch“ aus der Feder von Joachim Sombetzki auf den Tisch: Den Bürgerhaushalt abzuschaffen, dafür ein Referat für Bürgerbeteiligung einzurichten, wahlweise einen Beauftragten für Bürgerbeteiligung zu bestellen oder ein Stadtbüro zum Trialog (Bürger, Verwaltung und Politik nach dem Leipziger Modell) einzurichten.

482 Vorschläge bei der Premiere

Die Kernforderung begründete Sombetzki, der nicht im Ausschuss war, schriftlich so: „Eine Kommune sollte nur dann einen Bürgerhaushalt einführen, wenn die politischen Entscheidungsträger den Bürgern eine Stimme geben und diese Stimme hören wollen.“ Dies könne er anhand der durchgeführten Prozesse nicht erkennen, zitiert die Verwaltung den Antragsteller. Die Akzeptanz von nicht einmal 0,2 Prozent der Stadtbevölkerung liege weit unter dem üblichen Durchschnitt von 1 bis 2 Prozent und spiegele das Bild von Politik auf Seiten der Bürger. Niemand wolle teure Verfahren, wo Vorschläge „im Nichts“ landeten.

Bei der Premiere im vergangenen Jahr gab es 482 Vorschläge. Insgesamt beteiligten sich laut Stadtverwaltung 849 Bürgerinnen und Bürger. In der Bewertungsphase gab es 17.259 Reaktionen.

"Den Frust beachten"

Für eine Premiere, so die parteiübergreifende Meinung, sei das mit Blick auf die Größe Gelsenkirchens sehr gut. 18 Bürgeranträge flossen in die Haushaltsberatungen ein, um ganz oder teilweise umgesetzt zu werden. Das sei, so OB Frank Baranowski (SPD) und der damalige Kämmerer Georg Lunemann (CDU), eine gute Basis, um mit einem Bürgerhaushalt 2016 weiterzumachen.

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Das soll geschehen, entschied die Politik. Zwei Jahre habe man sich als Beobachtungsphase zugestanden, sagte Axel Barton (SPD), „diese Zeit müssen wir uns nehmen“. Für die Grünen, so etwas wie der Spiritus Rector des Verfahrens, kam die Aufgabe ebenfalls nicht in Frage. Auch wenn der Fraktionsvorsitzende Peter Tertocha eingestand: „Wir hätten uns gemäß dem Potsdamer Modell mehr Bürgerbeteiligung gewünscht.“ Ähnlich sah es CDU-Fraktionsvize Christina Totzeck, die anmahnte, „dass wir den Frust beachten müssen, der hinter diesem Antrag steht“.