Gelsenkirchen. Bei Stickstoffdioxid lag der Jahresmittelwert 2014 auf der Kurt-Schumacher-Straße weit über dem erlaubten Wert. Bezirksregierung erhöht den Druck.

Der Handlungsspielraum für die Stadt, die Feinstaub- und Stickstoffdioxidproblematik (NO2) an der Kurt-Schumacher-Straße in den Griff zu kriegen, ist eng geworden. Sehr eng sogar. Die Bezirksregierung Münster fordert weitreichendere Maßnahmen zur Senkung der Schadstoffemissionen. Die Vorschläge der Behörde gehen dabei so weit, dass etwa die Hauptverkehrsachse zwischen Nord und Süd für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen gesperrt wird oder Pförtneranlagen die Verkehrsmenge reduzieren.

Klageandrohung von Umwelthilfe

Wie ernst die Lage ist, zeigt die Klageandrohung der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Die hat sich an die Bezirksregierung gewandt und beantragt, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass er „die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte im Stadtgebiet enthält“. Letztere gelten europaweit. Die Umwelthilfe hat der Bezirksregierung eine Frist gesetzt, nach deren Ablauf Klageerhebung angekündigt. Klingt forsch – und ist es auch, denn die DUH war bereits in München, Wiesbaden, Darmstadt und Reutlingen vor Gericht erfolgreich.

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Die Bredouille, in der die Stadt sich befindet: Die EU kann Strafen von bis zu 50. 000 Euro pro Überschreitungstag verhängen. Der vermeintliche Rettungsanker – der Abriss dreier Häuser an der Kurt-Schumacher-Straße – würde nach Analyse des Landesumweltamtes (LANUV) ins Bodenlose greifen. „Die Berechnungen zeigen, dass sich die Änderungen nur in einem Bereich von sehr wenigen Mikrogramm pro Kubikmeter Luft bewegen“, sagte LANUV-Sprecherin Birgit Kaiser de Garcia. Das reiche bei weitem nicht aus. Kaiser de Garcia führte aus, dass Frankreich bereits von der EU-Kommission angemahnt worden ist, als nächstes drohe ein Vertragsverletzungsverfahren und ein Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof mit einem Bußgeld als Strafmaß. „Eine Fristverlängerung“, so Dr. Thomas Bernhard vom Referat Umwelt, „gibt es leider nicht.“ Die Verwaltung habe bereits eine zugestanden bekommen – bis 2015. „Wir müssen also jetzt liefern.“

Das aber ist eine Herkulesaufgabe. Allein die angedachte Pförtneranlage an der Kurt-Schumacher-Straße müsste so arbeiten, dass sie 60 Prozent des Verkehrs herausnimmt. Wohin dann mit dem Lkw-Verkehr oder den Gefahrgütern? Zumal die Brücke über den Hafenmund bald saniert wird und der Bypass Uferstraße die Lage zusätzlich verschärft. Denn: Die „Punktlandung“ bei den Feinstaubwerten im Jahr 2014 mit 35 Überschreitungstagen war nur dem günstigen Wetter geschuldet. In Sachen NO2 lag der Jahresmittelwert mit 51 Mikrogramm pro Kubikmeter weit über dem erlaubten Wert von 40 µg/m³.

Kein Feldversuch in Gelsenkirchen 

Bieten Photoment-Steine eine Möglichkeit zur Verbesserung der Feinstaubwerte an der Kurt-Schumacher-Straße? Birgit Lucht, Sprecherin der CDU-Fraktion im Umweltausschuss, wünschte sich dazu einen Sachstandsbericht.

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Den gab es auch am Dienstag dieser Woche und zugleich den Wink seitens der Stadtverwaltung, „dass man mit den Steinen nicht den großen Durchbruch erzielt“, so Dr. Thomas Bernhard, stellvertretender Referatsleiter Umwelt, der sich u.a. auf Aussagen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) berief. Die Wirkung der Steine werde von der Stadt nicht so eingestuft, „dass wir eine größere Baumaßnahme heraufbeschwören.“ Der Betonzusatzstoff Photoment kann Schadstoffe wie Stickoxide in der Luft reduzieren.

Bedenken gab es bei der SPD (finanziell zu riskant für eine Haushaltssicherungsgemeinde) und von AUF (viele offene Fragen zu den in den Steinen verwendeten Stoffen). Das sei auch nicht so angedacht, hielt Klaus Rassmann (CDU) entgegen. Dennoch wäre es einen Feldversuch wert, wie ihn andere Städte (Bottrop) unternähmen. Stadtbaurat Martin Harter kommentierte das so: „Muss ich jetzt jeder Erfolgsmeldung aus einer Kommune hinterherlaufen? Reicht die Aussage des Lanuv nicht aus?“