Gelsenkirchen. Zwei Männer schlugen einen Lkw-Fahrer auf der Gelsenkirchener Kurt-Schumacher-Straße zusammen. Ein Verkehrspsychologe erläutert die Gründe.
Ein Autofahrer (24) und sein Beifahrer (26) schlugen am vergangenen Freitag auf der Kurt-Schumacher-Straße einen Lkw-Fahrer (51) krankenhausreif, weil sie sich über dessen Fahrweise geärgert hatten.
Polizei und Stadt schockiert der Vorfall. Die Polizei führt keine eigene Statistik über gefährliche Körperverletzung im Straßenverkehr. „Aggressionsdelikte im Straßenverkehr gab es schon immer“, sagt Polizeisprecherin Stefanie Dahremöller. „Aber die beiden jüngsten Vorfälle (ein Pkw-Fahrer stach kürzlich mit einem Messer zu, weil er sich für einen vermeintlich weggeschnappten Parkplatz rächen wollte, Anmerk. d. Red.) sind schon eine Hausnummer, die in dieser Form neu sind.“
Vorbeugung statt Nachsorge
Über die Ursachen mag die Polizei keine Aussagen treffen. Reizt eine Überregulierung im Straßenverkehr? Ärgert ein vermeintlich unsinniges Tempolimit? Die Stadt hat infolge der Feinstaubbelastung seit 2012 verschiedene Maßnahmen auf der Kurt-Schumacher-Straße umgesetzt. Das sind u.a. die Reduzierung der Geschwindigkeit auf der Hauptverkehrsachse Kurt-Schumacher-Straße auf Tempo 50, die Verengung auf der Kurt-Schumacher-Straße Richtung Innenstadt vor der Kreuzung Uferstraße/Alfred-Zingler-Straße, die Optimierung der Ampelanlagen. „Wir verurteilen diese Tat, aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Sonst müssten zahlreiche Städte auch Parkplätze abschaffen, da es immer wieder vorkommt, dass es einen handfesten Streit um einen Parkplatz gibt“, so Stadtsprecher Oliver Schäfer.
Zumal: Die Zahl der Tage, an denen die Grenzwerte für Feinstaub überschritten wurden, sind seitdem kontinuierlich gesunken. 2007 lagen sie bei 84, das vorläufige Ergebnis für 2014 lautet 42 Tage. „Die Maßnahmen zeigen Wirkung, auch wenn wir noch nicht den Grenzwert eingehalten haben“, so Schäfer. Der Grenzwert liegt bei 35 Tagen/Jahr.
Drogen und Mobiltelefon sind große Gefahr
Die Zahl der aggressiven Autofahrer nehme nicht zu, ist Verkehrspsychologe Michael Haeser überzeugt. Ein „ungeheuer großes Gefahrenpotenzial“ sieht er in den Autofahrern, die Drogen konsumieren und sich dann ans Steuer setzen. Auf Platz 1 für Unfallursachen steuere das Mobiltelefon zu.
50 Prozent seiner Klienten sind junge Männer mit Migrationshintergrund.
Sicher ist, dass die Hauptrisikogruppe jung und männlich ist und einen Migrationshintergrund hat. Das bestätigen auch Verkehrspsychologen wie Michael Haeser, Duisburg, der als amtlich zugelassener Verkehrspsychologe Menschen betreut, die im Straßenverkehr aufgefallen sind. „Gründe sind die Lebensumstände, fehlende Bildung, fehlende Aufklärung“, bricht Haeser eine Lanze für seine Klienten. Sie definierten sich über die PS ihres Autos. Er plädiert für mehr Vorbeugung, statt Nachsorge. Den Vorfall am Freitag begründet er so: „Die Jungs waren im negativen Sinne übermütig und der Lkw-Fahrer war zur falschen Zeit am falschen Ort. Es hätte auch jemand anders treffen können.“