Ein sicherer, lukrativer Job als Kaufmann bei einer Fensterfabrik, 45 Tage Urlaub im Jahr, dazu viele Reisen und gute Freunde in seinem sauerländischen Dorf (Plettenberg-)Eiringhausen: Wolfgang Pingel genoss sein Leben. Und dann beschloss er, Priester zu werden. „Leicht fiel mir diese Entscheidung nicht, ich habe Jahre dafür gebraucht“, erinnert sich der Pfarrer von St. Hippolytus in Horst. Bereut habe er sie jedoch nie. Am Sonntag, 22. Mai, feiert er sein 25-jähriges Priesterjubiläum.

"Spätberufung" zum Priester

So sehr Pingel auch damals mit seinem Ja zur „Spätberufung“ rang - hatte er sich mit seinem 29 Jahren doch längst in seinem Leben eingerichtet -: Heute ist er froh, diese „wichtigsten Jahre zwischen 20 und 30“ so und nicht anders erlebt zu haben. „Von meinen damaligen Erfahrungen profitiere ich noch immer“, könne er doch den Alltag der Gläubigen viel lebensnäher sehen, als wenn er den geraden Weg zum Priesterseminar gegangen wäre, meint der 61-Jährige.

Die Frage, Priester zu werden, schwelte schon seit dem 17. Lebensjahr in Pingel. 1950 geboren und aufgewachsen in einem katholischen Elternhaus direkt neben der St. Johannes-Baptist-Kirche, wurde er bereits mit sechs Jahren Messdiener, engagierte sich später in Jugend- und Büchereiarbeit. „Ich war damals fast mehr in der Kirche als heute.“

Der damalige Kaplan Helmut Kassner war es dann, der ihn Anfang der 1960-er Jahre „angesteckt“ hat, wie Pingel erzählt. „Ich wollte die Frohe Botschaft verkünden und dabei den Menschen nahe sein, sie im Glauben begleiten und durch mein Leben zeigen, dass Gott bei uns ist.“

1986 Weihe zum Priester

Gemeinsam mit einem Freund besuchte er von 1980-84 das Studienhaus St. Lambert in der Nähe von Ahrweiler, ein Priesterseminar für „Spätberufene“ ohne Abitur, wurde 1985 zum Diakon und 1986 von Bischof Franz Hengsbach zum Priester geweiht - in St. Augustinus Gelsenkirchen.

„Danach bin ich aus Gelsenkirchen nicht mehr ‘rausgekommen, aber das ist schon in Ordnung so“, erzählt Pingel schmunzelnd. Die Diakoniezeit verbrachte er in St. Barbara Erle, die Kaplanzeit 1986-95 in St. Urbanus Buer; 1995 übernahm er als Pfarrer die Leitung der damals noch selbstständigen Gemeinde St. Laurentius in Horst-Süd. Seit September 2010 leitet er als Nachfolger von Pfarrer Gerd Rüsing die Pfarrei St. Hippolytus mit den Gemeinden St. Hippolytus, St. Laurentius und Liebfrauen.

Reiselust auch als Priester

Als Gelsenkirchener durch und durch mag sich der 61-Jährige aber trotzdem nicht so recht bezeichnen. „Innerlich bin ich noch ein Eiringhauser“, gibt er zu. Alle paar Wochen fährt er nach wie vor zu Schwester und Freunden ins Sauerland. Mit ihnen - und Gelsenkirchener Freunden - unternimmt er gerne längere (Wander-)Reisen, wie in die ägyptische Wüste oder nach Israel. „Gottes Nähe dort unter dem Sternenzelt zu spüren, war schon sehr beeindruckend“, so Pingel.

Zu Hause in Horst muss er derweil ganz irdische Probleme anpacken: „Nach dem Abschluss der Sanierung von Haus Marienfried müssen wir im Pastoralteam überlegen, die Zahl der Gottesdienste in der Sommerzeit zu reduzieren“, sagt Pingel. Vorher aber gilt es noch, den Schalkern im DFB-Pokalspiel gegen MSV Duisburg die Daumen zu drücken. Ob Gott ein Schalker ist, ist nicht bekannt - sein Diener Wolfgang Pingel aber ist einer!