Gelsenkirchen-Buer. . Buer hatte schon über 60.000 Einwohner, als der preußische Obrigkeitsstaat der Gemeinde endlich die Stadtrechte verlieh und damit den Bueranern wenigstens einige beschränkte Selbstverwaltungsrechte gab. Das geschah vor genau 100 Jahren.

Das ist kein Scherz: Am 1. April 1911, also vor genau 100 Jahren, erhielt Buer endlich die Stadtrechte. Bis zur Vereinigung mit Gelsenkirchen und Horst im Jahr 1928 existierte Buer als eigenständige Gemeinde.

Buer besitzt auch über 80 Jahre nach dem Zusammenschluss eine starke Bindungskraft und zeigt, dass die Menschen vor Ort an ihrer Heimat hängen und stolz auf sie sind. Auch das ist sicherlich ein Ergebnis der über 1000-jährigen Geschichte“, stellt Oberbürgermeister Frank Baranowski aus aktuellem Anlass fest. Buer hatte schon über 60.000 Einwohner, als der preußische Obrigkeitsstaat der Gemeinde endlich Stadtrechte verlieh und damit den Bueranern wenigstens einige beschränkte Selbstverwaltungsrechte gab, zum Beispiel in der Stadtplanung. Schon seit 1905 hatte man in Buer über die Verleihung von Stadtrechten diskutiert, im Dezember 1906 wurde in der Gemeindevertretung der Beschluss für einen solchen Antrag gefasst.

Obrigkeit hatte Bedenken

Wie in vielen anderen Ruhrgebietsgemeinden hatte die Obrigkeit Bedenken, vor allem polizeiliche, weil man die Polizeiverwaltung lieber beim staatlich bestimmten Amtmann und Landrat sah als bei einem gewählten Bürgermeister. Das galt gerade für solche Gemeinden wie Buer mit der so zahlreichen Bergarbeiterschaft und den vielen Zuwanderern, die katholische Prägung war im protestantischen Preußen ein zusätzliches Problem.

Im ganzen Ruhrgebiet wurden so vor dem Ersten Weltkrieg keine Strukturen geschaffen, in denen eine sinnvolle Stadtplanung frühzeitig möglich war. Im wuchernden Ruhrgebiet bemühten sich die wenigen Beamten und kommunale Praktiker sowie einige Angehörige der nur schmalen Mittelschichten zwischen den Zechenherren und Schlotbaronen und der Masse der mit der alltäglichen Lebensbewältigung ringenden überwiegend zugewanderten Arbeiterschaft um Ordnung und planmäßige Gestaltung. Dabei blieben die frühen Versuche der Gestaltung der Industrieregion eingeklemmt zwischen dem durch das preußische Dreiklassenwahlrecht gewährleisteten Vorrang alter agrarischer Interessen und neuer Industrieinteressen und der damit auch geringen Finanzkraft der ja nicht nur im Falle von Buer nur unter Schwierigkeiten gebildeten Städte.

Freiheitsrechte von 1448

So entstand im Ruhrgebiet ein Ballungsraum mit vielen großen und kleinen Zentren und mit Unterzentren um alte Dorfkerne wie im Falle Buer. Das heutige Gelsenkirchen, das 1928 aus der Vereinigung von Buer, Gelsenkirchen und Horst hervorging, ist ein Spiegelbild dieser Entwicklung. Die Bueraner in Gelsenkirchen haben das dazu gehörige Selbstbewusstsein und ihren Lokalpatriotismus, der auf eine lange Geschichte der Gemeinde seit der ersten urkundlichen Erwähnung vor mehr als 1000 Jahren, die Freiheitsrechte von 1448 und jetzt auf 100 Jahre Stadtrechte zurückblickt. Auch ganz handfest ermöglichten die Stadtrechte in Buer manches Projekt, von dem heute (nicht nur) alle Gelsenkirchener etwas haben, beispielsweise wurde in den 1920er Jahren nach vorangehenden Planungen der Grüngürtel geschaffen.