Gelsenkirchen-Scholven. . Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, will sich die BP-Raffinerie in Scholven vergrößern und vermehrt auf Petrochemie setzen. Konkrete Baupläne gibt es noch nicht, das Vorhaben stößt aber schon jetzt auf Gegenwehr.

„Nein, konkrete Baupläne gibt es noch nicht.“ Für Karl-Heinz Philippi, Vorsitzender der Geschäftsführung der BP Gelsenkirchen GmbH, ist die rechtliche Absicherung der „Norderweiterung“ trotzdem eine existenzielle Frage des Standortes Gelsenkirchen.

„Zukunftssicherung“, „Konkurrenzdruck“ und „Erhalt der Arbeitsplätze“ sind die Vokabeln mit denen der Manager das vor dem Abschluss stehende Bebauungsplan-Verfahren für die 37 Hektar nördlich der Scholvener Raffinerie begleitet – und assistiert wird er dabei vom Betriebsratsvorsitzenden Wolfgang Petrikowski. Um zu erklären, warum man sich ohne konkrete Baupläne so für einen Bebauungsplan ins Zeug legt, müsse man die weltweite Situation der Raffinerien im Allgemeinen und die Position des BP-Konzerns im Besonderen verstehen. Aktuell sei, so die Fachleute, bei den zwölf deutschen Raffinerien das Angebot an Benzin, Diesel und Heizöl deutlich größer als die Nachfrage. 2010 wurden 115 Millionen Tonnen Rohöl in Kraftstoff umgewandelt, der Verbrauch lag aber mit 104 Millionen Tonnen deutlich darunter. Und diese Entwicklung werde sich bis zum Jahr 2020 fortsetzen. Das werde, so Philippi, mittelfristig zur Schließung von Raffinerie-Standorten führen: „Wir müssen unseren Standort so optimieren, dass wir nicht dazu gehören.“

Wettbewerbs-Fähigkeit verlangt auch Stellenabbau

Die laufenden und noch geplanten Programme zur Steigerung der Effizienz und zur Reduzierung der Kosten, dazu gehört auch der Abbau von 410 Arbeitsplätzen, seien wichtige Bausteine zur Sicherung der Wettbewerbs-Fähigkeit des Standortes Gelsenkirchen. Das reiche aber vor dem Hintergrund sinkender Absatzzahlen für Kraftstoffe letztendlich nicht aus.

„Petrochemie“ lautet das Zauberwort mit dem dem Gelsenkirchener Betrieb ein langes Überleben in dem weltweit umkämpften Markt gesichert werden soll. Schon jetzt gibt es am Scholvener Standort Betriebsteile die Rohbenzin (Naphtha) zu chemischen Grundprodukten umwandeln, also petrochemisch bearbeiten. Dieser petrochemische Anteil hat während der zu Ende gegangenen Wirtschaftskrise dazu geführt, dass der Betrieb in Scholven zwar heruntergefahren werden musste, im Gegensatz zu Mitbewerbern wurde die Raffinerie aber nicht abgeschaltet.

Geschäftsführung geht auf Bürgerinitiative zu

Und genau dieser Effekt soll durch die Norderweiterung verstärkt werden, sprich, auf der zusätzlichen Fläche soll nach der Absegnung des Bebauungsplanes kurzfristig der Bau weiterer petrochemischer Betriebsteile möglich sein. „Damit hat Scholven dann einen in dieser Form einmaligen Standortvorteil, denn hier gibt es schon eine entsprechende Infrastruktur und eine hervorragend qualifizierte Belegschaft“, sieht Philippi die Chancen der Norderweiterung.

Dass nicht alle sich mit der Erweiterung anfreunden können und sich eine Bürgerinitiative gegen das Projekt wendet, kann der Manager durchaus nachvollziehen: „Emotional kann ich das verstehen, dass man erst einmal verunsichert ist, wenn in der Nachbarschaft ein Chemiestandort entsteht. Wir werden aber versuchen, mit sachlichen Argumenten die Menschen zu überzeugen. Schließlich wohne ich auch in der Nähe des Standortes.“ Er habe sich schon persönlich mit der Scholvener Initiative in Verbindung gesetzt und informiere sie über jede neue Entwicklung, betont Philippi.