Essen. Im Südviertel gibt es gleich vier Mode-Second-Hand-Läden, zwei davon schon über 30 Jahre. Was sie verbindet und unterscheidet, wie ihr Sortiment aussieht - wir haben es getestet.
Sie liegen voll im Trend und sind auch irgendwie ein Produkt unserer Überflussgesellschaft: Läden, die das verkaufen, was andere aus ihren Kleiderschränken ausmisten - weil es nicht mehr gefällt, nicht mehr passt oder ein unüberlegter Frustkauf war. Eine besondere Dichte dieser Second-Hand-Läden weist das Essener Südviertel auf. Was bieten sie an und wie unterscheiden sie sich voneinander? Wir waren für Sie in vier Geschäften unterwegs.
Klein und edel
„Grace“ hat Nina Corbo ihren Laden genannt, als sie ihn vor zehn Jahren eröffnete. Schon beim Betreten fällt auf: Hier wird Klasse statt Masse angeboten. Nach Farben sortiert hängen übersichtlich Hosen, Blusen, Shirts und Röcke namentlich bekannter Modehersteller an der Stange. „Ich nehme nur Sachen an, die nicht älter als zwei Jahre sind“, sagt Nina Corbo. In der Regel ist das exklusive schicke Alltags- und Abendmode von Größe 34 bis 40. Selten trifft man beim Stöbern auf Größe 42. Und wenn die Mama schick ist, soll es auch das Kind sein: Nebenan verkauft die 41-Jährige edle Kindermode – vom Leinenkleidchen bis zur Markenjeans in Babygröße.
Voll und bunt
Nach Herzenslust stöbern darf man bei Petra Hüls-Trepper. Gerade hat sie mit ihrem Second-Hand-Laden „Come In“ ihr elfjähriges Bestehen gefeiert. Inzwischen kommen die Kundinnen aus allen Stadtgebieten zu ihr, „es hat sich halt rumgesprochen, dass ich vor allem große Größen anbiete“, sagt die 52-Jährige, die niemals daran gezweifelt hat, dass ihr Geschäft gut läuft. Schwierig sei es manchmal, aus den alten Schätzen, die ihr die Kundinnen bringen, gnadenlos auszusortieren. „Aber das musste ich lernen - einen Blick dafür zu bekommen, was geht und was nicht.“ Prinzipiell nimmt sie nur frisch gewaschene oder gereinigte Kleidung an, Schuhe dürfen nicht abgelaufen oder abgewetzt sein. Auf das Alter achtet sie nicht so sehr: Es gibt ja auch zeitlose Mode. Manchmal verirren sich Herren in ihr Geschäft. „Denen muss ich leider eine Absage erteilen.“ Second-Hand für Männer lohne sich einfach nicht in Essen: „Das geht nur in Düsseldorf, wo viele Anzugträger unterwegs sind.“
Schrill und rockig
Wer eine richtig coole Lederjacke kaufen will, ist bei Rainer Dohmann richtig. Mit seinem Laden „Positiv“ ist er sowas wie das Urgestein im Second-Hand-Handel des Südviertels. Seit 1985 verkauft er trashige Hippie-Mode, Gehröcke und Kleider aus den zwanziger Jahren, Dirndl und Lederhosen, Armeeklamotten und Vinyl-Schallplatten. Sein Dauerbrenner ist die Kultjeans 501. So speziell wie das Angebot, sind seine Kunden. Schon Filmausstatter sind bei ihm fündig geworden.
Mondän und charmant
Auf einen in über 32 Jahren angewachsenen Kundinnenstamm kann das „Kom-Mödchen“ bauen. Dessen Gründerinnen, die Freundinnen Gretel Stalmann und Gertrud Brinkhaus, haben sich gerade aus dem Geschäft, das sie mit viel Herzblut geführt haben, verabschiedet. Jetzt stehen Angelika Kreutzer und Doris Haase im kleinen Lädchen mit Empore und führen das „Werk“ fort. „Ich habe mich schon beim ersten Betreten in den Laden verliebt“, sagt Angelika Kreutzer. Ihre Spezialität ist bezahlbare Mode, „auch für etwas fülligere Damen“. Die Tradition einer regelmäßigen Mode-Show wollen die beiden „Neuen“ fortsetzen. Ihnen ist aber auch klar: Mit Second-Hand wird man nicht reich, aber man macht weibliche Schnäppchenjäger glücklich.
Die Adressen
„Grace“, Rellinghauser Straße 174, Mo 14 bis 18 Uhr, Di, Do und Fr 10 bis 18 Uhr, Mi und Sa 10 bis 13 Uhr, Telefon: 56 49 409.
„Come In“, Rellinghauser Straße 129, Öffnungszeiten: Mo bis Fr 10 bis 18 Uhr, Sa 10 bis 13 Uhr, Telefon: 89 21 915.
„Positiv“, Rellinghauser Straße 113, Mo bis Fr von 10.30 bis 18.30 Uhr, Samstag von 10 bis 16 Uhr, Telefon: 23 88 53.
„Kom-Mödchen“, Isenbergstraße 32, Mo bis Do 10 bis 12 Uhr und 15 bis 18 Uhr, Fr und Sa 10 bis 12 Uhr, Telefon: 77 72 63.