Essen-Bredeney. . Die Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte am Brandenbusch befürchtet, dass die Förderung von behinderten Kindern schwieriger werden könnte, wenn der Landschaftsverband Rheinland 2015 seine Förderpraxis umstellt.
Um die Qualität der integrativen Arbeit im evangelischen Kindergarten am Brandenbusch sorgt sich Leiterin Kathrin Becker angesichts der neuen Förderrichtlinien des zuständigen Landschaftsverbands Rheinland (LVR), die ab 2015 greifen sollen. Neben Kindern mit Migrationshintergrund und Flüchtlingskindern betreue man in der Einrichtung am Brandenbusch zehn Kinder mit unterschiedlichen Behinderungen. Um die therapeutische Betreuung kümmern sich derzeit noch zwei fest angestellte Mitarbeiterinnen, eine Logopädin und eine Physiotherapeutin.
„Das hat den Vorteil, dass die Kinder mit besonderem Förderungsbedarf während der normalen Kita-Zeiten hier im Haus ihre Therapie bekommen können, sie danach wieder in die Gruppen gehen und wir den direkten Austausch mit den Eltern pflegen können, um Fortschritte und Entwicklungsstufen der Kinder mitzubekommen“, erläutert Kathrin Becker. Wenn es solche Therapieangebote nicht mehr gebe, müssten die Eltern schlimmstenfalls die Kinder für eine Therapiestunde, für Sprachförderung oder Bewegungstraining aus der Kita abholen, zur Praxis fahren und wieder zurück in die Kita bringen. Für berufstätige Eltern sei das kaum möglich. Da Familien mit behinderten Kindern sowieso schon zeitlich und organisatorisch stärker belastet seien, würde sich der Alltag für sie in Zukunft noch komplizierter gestalten, befürchtet Kathrin Becker.
"Wir müssen neue Konzepte erarbeiten"
Die Eltern von behinderten Kindern müssten sich dann beim Kinderarzt erstmal das Rezept für zehn Einheiten Sprach- oder Bewegungsförderung holen. „Uns ist natürlich auch der ganzheitliche pädagogisch-therapeutische Ansatz wichtig“, sagt die Leiterin. Entfalle die Fördereinheit in der Kita, könne man auch nicht flexibel reagieren, wenn ein Kind mal „nicht so gut drauf“ sei.
Vielleicht sei es möglich, mit Praxen bestimmte Zeiten zu vereinbaren, zu denen Therapeuten die Kita besuchten und sich dann um mehrere Kinder kümmerten. „Auf jeden Fall müssen wir neue Konzepte erarbeiten, um unserem integrativen Auftrag gerecht zu werden“, so die Leiterin, für die die Qualität der Arbeit im Mittelpunkt steht. Sie befürchtet, dass nach dem Ausscheiden der Therapeutinnen die Erzieherinnen einen Teil der Arbeit übernehmen müssten, was dann wieder zu Lasten der gesunden Kinder gehe.
Für die behinderten Kinder - fünf pro Gruppe - erhalte die Einrichtung den 3,5-fachen Satz für Personal- und Sachkosten im Rahmen des Kinderbildungsgesetzes vom Land. Der LVR werde künftig pro behindertem Kind und Jahr eine Pauschale von 5000 Euro zahlen, so dass eine halbe Stelle für eine Fachkraft finanziert werden könne.
"Kindspezifische Förderung" soll im Vordergrund stehen
Laut Christophe Göller, Pressereferent beim Landschaftsverband Rheinland, werde durch die Umstellung der Förderpraxis künftig die „kindspezifische Förderung“ im Vordergrund stehen. Während früher vorwiegend Kinder mit körperlichen Einschränkungen die integrativen Kitas besucht hätten, seien es inzwischen zunehmend Kinder mit geistiger Behinderung. Göller: „Denen wird man mit Ergo- oder Physiotherapeuten nicht gerecht. Und alle therapeutischen Berufe kann man in einer Kita ja nicht abdecken.“
Durch die zusätzliche 5000-Euro-Pauschale für die pädagogische Betreuung hätten die Träger viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten, müssten aber neue Konzepte finden. Zudem gehe der Trend dahin, dass Kinder mit Behinderungen zunehmend Regeleinrichtungen besuchen würden, in denen entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden müssten. „Verhandlungen mit den Krankenkassen zur genauen Umsetzung laufen noch“, so Göller zu den Plänen.