Essen. . Die Evag hat aus dem Schneechaos im Winter 2010 gelernt. Jetzt sind alle 190 Busse mit Winterreifen versehen, 1200 Tonnen Extra-Streugut stehen bereit und eine „Schneewache“ passt auf, dass die Gleise der Straßenbahnen möglichst frei von Schnee sind.
Wenn’s draußen friert und schneit, dann beginnen für die Essener Verkehrsbetriebe die heißen Tage des Jahres. Widriges Wetter mit allen Folgen für Maschinen und Strecken, mehr Verkehr auf den Straßen und auch noch ein deutliches Plus an Fahrgästen: Im Winter kommen so ziemlich alle erdenklichen Schwierigkeiten zusammen.
„Wir sind aber darauf vorbereitet“, stellt Evag-Sprecher Olaf Frei fest. Was soll er auch anderes sagen? Nach dem Krisenwinter 2010, in dem zeitweise der komplette öffentliche Nahverkehr stillstand, musste sein Unternehmen viel Schelte einstecken. Das brachte Bewegung und einige Neuerungen ins Verkehrsunternehmen, die Nagelprobe blieb aber bislang in den eher milden Wintern der vergangenen Jahre aus. Und nun?
Zunächst einmal liefern sich die Verantwortlichen mit dem erwarteten „Schlimmster-Fall-Szenario“ eine kleine Materialschlacht. „Alle 190 Busse sind komplett mit Winterreifen ausgerüstet“, berichtet Frei. Gesetzlich vorgeschrieben für die schweren Nutzfahrzeuge wären nur die Antriebs-Achsen, außerdem werden die Pneus schon bei vier bis fünf Millimetern Profil gewechselt anstatt bei anderthalb Millimetern.
1200 Tonnen Extra-Streugut lagern zusätzlich im städtischen Salzbunker an der Elisenstraße, die von Evag-Fahrzeugen auf Gleisen und Busstrecken verteilt werden sollen. Zum Schneeschippen an Haltestellen und Bahnhöfen hat der Verkehrsbetrieb private Landschaftsunternehmen verpflichtet.
Ein wichtiger Faktor sind natürlich die Menschen. Erkrankte Fahrer, das kommt in den Wintermonaten gar nicht so selten vor, müssen ersetzt werden. Nicht zuletzt gibt es bei der Evag seit 2011 eine geregelte „Schneewache“. „Bei viel Schnee fahren in der Regel bis zu sieben Straßenbahnen in der Nacht die Gleise ab, damit sie frei bleiben und vor allem, um die Oberleitungen eisfrei zu halten“, erläutert Frei. Eine Urlaubssperre gibt es allerdings bei den Mitarbeitern nicht. „Wir haben allein im vergangenen Jahr insgesamt 77 Fahrer eingestellt, damit es aus Personalmangel nicht zu Ausfällen kommt“, sagt Frei.
Doch auch für seinen Arbeitgeber sei irgendwann der Punkt erreicht, an dem auch diese Vorbereitungen nicht mehr greifen. „Bei Schneefall und einer Schneedecke von 20 bis 30 Zentimetern und Temperaturen von minus 15 Grad wird es kritisch.“
Vorbereitung ist für die Essener Verkehrs AG im Winter die halbe Miete – doch auf die andere Hälfte, nämlich das Wetter, haben selbst die cleversten Köpfe der Verkehrsbetriebe keinen Einfluss.
Der alte Fuhrpark bleibt ein Handicap
Hohes Verkehrsaufkommen auf den Straßen, nicht geräumte und glatte Verkehrswege, Rückstaus und auch Unfälle behindern die Evag-Flotte. Hinzu kommt: Frost, Feuchtigkeit und Streusalz sind Gift für elektronische Bauteile in Fahrzeugen, Gleisen und Signalanlagen. „Wir haben ein erheblich gesteigertes Reparaturaufkommen im Winter. Das hängt auch damit zusammen, dass wir mit einem alten Fuhrpark unterwegs sind“, sagt Frei. Nicht funktionierende Türen werden also auch in diesem Winter wohl zum Alltag gehören.
Daneben gibt es auch noch die „Problemstrecken“ mit starkem Gefälle: den Viehauser Berg in Werden, den Steeler Berg und den Schmachtenberg in Kettwig sowie Abschnitte in Heisingen. „Der Fahrer entscheidet, ob er solche Straßen gefahrlos befahren kann“, führt Frei aus. Die häufig betroffenen Gelenkbusse einfach gegen kürzere Fahrzeuge auszutauschen, dafür habe man nicht das Material. Dann wird’s wohl heißen: „Diese Fahrt endet leider frühzeitig.