Essen-Rüttenscheid. Immer gut gelaunt und mit einem Besen in der Hand: Straßenreiniger Bouzian Rachid prägt morgens längst das Bild auf der Rüttenscheider Straße. Bis zu vier Tonnen Müll sammelt er dort pro Tag ein – dennoch klagt er nicht über seinen Job.

Die Bäume entlang der Rüttenscheider Straße kennen kein Erbarmen. Ohne Unterlass werfen sie ihr Blätterkleid ab und bescheren Bouzian Rachid täglich Überstunden bis in den späten Nachmittag. Der 57-Jährige kennt die Flaniermeile zwischen Glückaufhaus und Einigkeitsstraße in und auswendig, ist er schließlich seit 15 Jahren als Straßenreiniger der Essener Entsorgungsbetriebe (EBE) dort für die Sauberkeit zuständig. Jede Woche, von Dienstag bis Samstag.

Hektisch eilen Frauen mit Rollkoffern hinter hohen Hacken an dem gebürtigen Marokkaner vorbei, lavieren Männer in Anzügen und mit Aktentaschen um Besen, Schaufel und das kleinen Müllwägelchen herum. Rachid, wie ihn alle nur nennen, nimmt den frühmorgendlichen Stress und die strengen Mienen kaum wahr. Er lächelt ohne Unterlass – wenn er seinen Inbusschlüssel hervorkramt, einen der 200 Papierkörbe abschraubt und die Reste der Konsum-Gesellschaft entsorgt – Kaffeebecher, Dönerreste, Kippenschachteln, Sandwich-Papier.

Immer ein Lächeln auf dem Gesicht

Der freundliche Gesichtsausdruck verliert sich auch nicht in den Laubbergen, die Rachid routiniert aufkehrt. Der Müll-Profi ist immer noch fröhlich, als er mit der Greifzange gezielt die unzähligen Flyer von der Straße liest. Die meisten künden von den nächsten Partys, die wohl wieder eine Menge Arbeit für den dreifachen Familienvater bedeuten. Wie nach jedem Wochenende. „Ich mache das gern“, sagt er in brüchigem Deutsch, „ich bin immer draußen.“ Dabei sei es nicht mehr Müll geworden in den vergangenen Jahren, widerspricht er Anwohnern, die das jüngst mokierten. Seit dem Rauchverbot kehre er allerdings „Berge von Kippen“ auf, die trotz der alle paar Meter montierten Aschenbecher allgegenwärtig sind.

In Höhe des Cafés Mondrian finden sich sogar ein Hocker und eine Krücke im Gebüsch. Rachid stellt beides an den Straßenrand, wo sein Vorarbeiter gleich die Müllsäcke mit einem EBE-Fahrzeug einsammelt. Rund 160 Plastiktüten macht Rachid an normalen Tagen – ohne Herbstlaub – voll, was in etwa drei bis vier Tonnen Unrat bedeutet.

Für mehr Einsätze fehlt das Geld

„Das ist ganz schön viel für einen allein“, findet Rachid, der wohl wieder erst gegen 17 Uhr zu seiner Familie nach Altenessen zurückkehrt. Zehn Stunden Arbeit am Tag sind im Herbst normal, im Winter werden die Überstunden abgebaut. Gegen 10 Uhr macht Rachid eine halbe Stunde Frühstückspause, setzt sich dann meistens nach draußen. „Ich sitze immer hier irgendwo“, sagt er und breitet seine Arme so weit aus, als wolle er die ganze Straße umarmen. Dort kennt man den freundlichen EBE-Mann; er scherzt kurz mit den Taxifahrern vorm Arosa-Hotel und grüßt hier und da Passanten. Der Straßenzeitungs-Verkäufer vorm Rewe, der sich Ronny nennt, hilft ihm sogar manchmal und kehrt freiwillig die Straße. „Dann hat Rachid nicht allzu viel zu tun“, sagt er.

Bruno Zingone, der rund 80 Straßenreiniger im Essener Süden beaufsichtigt, würde gerne häufiger einen der kleinen Kehrwagen vorbeischicken, der momentan zwei Mal die Woche den Kernbereich der Rü reinigt. „Aber wer soll das bezahlen?“ fragt Zingone, für den die Rüttenscheider Straße ein sauberes Pflaster ist: „Anderswo, etwa im Bereich Spichern- und Steeler Straße, ist es viel dreckiger. Schon allein wegen der Hundehaufen.“ Entlang der Rü würden Aschenbecher und Papierkörbe gut genutzt, weswegen er die Aufregung einiger Anwohner kaum versteht: „Hier“, sagt Zingone, „herrscht eben ein engeres Verständnis von Sauberkeit“.