Essen. Die Bezirksvertretung I entscheidet am Dienstag über den Antrag von Tango-Liebhaber Stefan Husemann, der sich eine Außen-Tanzfläche für alle wünscht. Im Stadtgarten soll Platz für Tango, Rock’n’Roll, Walzer und Hip Hop geschaffen werden. Grün&Gruga steht dem Wunsch skeptisch gegenüber.
Tango Argentino ist die Tanzleidenschaft von Stefan Husemann. Um sie auf Milongas (südamerikanische Bezeichnung für Tanzabend) auszuleben, reist der Rüttenscheider Anwalt bis nach Wuppertal und Dortmund. In beiden Städten gibt es etwas, was Husemann in Essen vermisst: eine öffentliche Tanzfläche. „Hier wäre doch ein toller Platz dafür“, sagt Husemann und zeigt auf die Wiese neben dem Aalto-Theater, „das würde den Stadtgarten sehr beleben“. Viel Raum würde so ein Tanzboden nicht beanspruchen: gerade sieben mal sieben Meter groß, ausgestattet mit wetterfestem Holzboden und einem Stromanschluss - mehr bräuchte es nach Meinung des 50-Jährigen nicht.
Die Fläche könnte von allen Tanzbegeisterten zu festen Zeiten genutzt werden. „Freitags wäre die Zeit der Rock’n’Roller und Hip-Hopper, samstags kämen die Walzerkönige und Tangopaare, sonntags die Swing- und Salsabegeisterten - so oder ähnlich könnte es funktionieren.“ Husemann gerät ins Schwärmen, wenn er von seiner Idee erzählt.
„Zahllose Paare schweben unter freiem Himmel über die Tanzfläche“
Sein Vorbild ist die öffentliche Tanzfläche im Dortmunder Westpark: Dort treffen sich an den Wochenenden zwischen April und September Tanzfreudige aus dem ganzen Ruhrgebiet. „Das muss man mal erlebt haben: Zahllose Paare schweben unter freiem Himmel über die Tanzfläche, während Familien auf der Wiese picknicken, zuschauen und manchmal sogar angeregt werden und mittanzen.“ Die Musik wird nicht live eingespielt, sie kommt aus der Steckdose. „Keine Angst - die Gefahr der Lärmbelästigung ist gering, da die Tanzzeiten zwischen 17 und 21 Uhr liegen.“
All das gab es schon mal im Stadtgarten: Bis in die 1960er Jahren stand ein kleiner Tanzpavillon direkt vor dem Saalbau, der heute Philharmonie heißt. „Damals spielte an den Wochenenden meist eine dreiköpfige Band oder ein Pianist“, erinnert sich Brigitte Pawlak (79). Walzer und Foxtrott tanzte die Rüttenscheiderin mit ihrem Mann am liebsten, „bei schönem Wetter war es immer voll“. Nebenan luden damals noch die Stadtgarten-Terrassen zu Kaffee und Kuchen.
Heute fehlt in Essen nicht nur eine Außen-Tanzfläche, in der ganzen Stadt gibt es nicht ein einziges ausgewiesenes Tango-Lokal. „Gerade deswegen kämpfe ich für die öffentliche Tanzfläche. Denn neben der etablierten Hochkultur brauchen wir doch auch ein niederschwelliges Kulturangebot für alle Bürger“, ereifert sich Rechtsanwalt Stefan Husemann, der es leid ist, für sein geselliges Hobby ständig in die Nachbarstädte fahren zu müssen.
Grün und Gruga schlägt Krayer Volksgarten vor
Bereits vor sieben Monaten stellte Stefan Husemann seinen Vorschlag der Bezirksvertretung I vor. Die entscheidet auf ihrer heutigen Sitzung über den Wunsch des Tango-Tänzers. Vorab hat bereits Grün und Gruga Stellung bezogen: „Sowohl aus Kostengründen wie auch aus ökologischen Gründen würden wir eine neue Versiegelung im Stadtgarten, wie sie für eine Tanzfläche nötig ist, nicht realisieren“, heißt es. Als Ausweichmöglichkeit bietet sie den Krayer Volksgarten an, wo es bereits eine plattierte Fläche gibt. „Das ist mir definitiv zu weit. Ich habe gerade den Stadtgarten vorgeschlagen, weil er so zentral liegt“, sagt Husemann.
„Wir finden die Idee grundsätzlich nicht verkehrt, kennen auch das gelungene Beispiel aus dem Dortmunder Westpark“, sagt Eckhard Spengler. Der Sprecher von Grün und Gruga führt aber noch ein Argument ins Feld: die Gema-Gebühren. Im Falle der Tanzfläche könnten, laut Eckhard Spengler, bis zu 18.000 Euro vom Veranstalter pro Jahr gefordert werden. „Dortmund hat das auch gelöst“, sagt Husemann. Die Stadt zahlt der Gema einen Pauschalpreis für alle öffentlichen Veranstaltungen: „Wenn Essen wollte, wäre das auch hier möglich.“