Essen-Haarzopf. . Der Haarzopfer Kulturmanager und Konzertveranstalter Marcus Kalbitzer holt die Band Kettcar am 24. Februar in die Grugahalle. Er will die jüngere Generation durch solche Konzerte und viele andere Events an die Stadt Essen binden.
Wenn am Freitag, 24. Februar, die angesagte Hamburger Indie-Rock-Band Kettcar in der Grugahalle gastiert und ihr neues Album „Zwischen den Runden“ präsentiert, wird das nicht nur ein spannender Abend für die Jungs auf der Bühne, sondern auch für den Haarzopfer Kulturmanager und Konzertveranstalter Marcus Kalbitzer.
Denn obwohl der 40-Jährige langjährige Erfahrung hat, ist diese Größenordnung neu für ihn und birgt durchaus logistische Herausforderungen, zum Beispiel im Backstage-Bereich und beim Catering. „Essen braucht solche Veranstaltungen, die eher die jüngere Generation ansprechen“, ist Kalbitzer überzeugt - und bislang über 1200 verkaufte Karten geben ihm Recht.
Er hat die 2001 aus zwei Punk-Bands hervorgegangene Gruppe Kettcar von Anfang an begleitet, vom Uni-Campus bis in die Grugahalle. „Im Idealfall verdiene ich mit solchen Konzerten Geld“, sagt Kalbitzer, der als Veranstalter mit seiner „Kulturzentrale“ das Risiko trägt. Wenn es gut läuft, kann er sich weitere Projekt dieser Größenordnung vorstellen.
Kalbitzer hat Kommunikationswissenschaft studiert, ist aber eigentlich ein Mann der Praxis, unterwegs in Sachen Helden-Nächte, Pfingst-Open-Air oder Kulturprogramm der Zeche Carl. Kalbitzer findet es „uninteressant, einfach ein Konzert herunterzuspielen“. „Ich will mich kulturpolitisch einmischen“, sagt der Haarzopfer, der seinen Job ganz bewusst in Essen und nicht in Köln oder sonst wo ausübt, eben weil er seiner Heimatstadt verbunden ist und genau hier etwas bewegen will. Und dafür nutzt Kalbitzer als Vorstandsmitglied des Kulturbeirates seine Kontakte.
Ihn reizt die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Kulturbegriff ebenso wie die praktische Anwendung. „Ich habe ein Jahr in England studiert, das war die Initialzündung“, erinnert er sich. Dort sei der Kulturbegriff viel greifbarer, dort ließen sich problemlos Fußball, Theater, Kino, Literatur und Ballett darunter vereinen. Kalbitzer plädiert dafür, verschiedene Kulturphänomene nebeneinander gelten zu lassen, sie wertzuschätzen statt sie zu bewerten. „Alle kulturellen Phänomene haben ihre Berechtigung“, wünscht sich Kalbitzer vor allem Vielfalt. Er sei dagegen, die Sparten gegeneinander auszuspielen, aber es sei eine Tatsache, dass der Großteil des Kulturetats in Theater und Philharmonie fließe, obwohl Veranstaltungen wie Pop-Konzerte - ein Bereich, der Kalbitzer nahe ist - viel mehr Zuschauer zögen.
Grenzüberschreitung von Genres, Spielorten, Städten
Ganz bewusst überschreitet Kalbitzer bei seiner kulturellen Arbeit Grenzen - von Genres, Spielorten, Städten. „Ich will damit die kulturelle Vielfalt des Ruhrgebiets widerspiegeln und damit zu einem neuen Gesicht der Region beitragen“, betont er.
„Wenn Kettcar hier spielt, muss ich ja nicht mehr wegziehen.“ Bemerkungen wie die eines Fans sind für Kalbitzer Bestätigung seiner Arbeit. Er will die Menschen, gerade die jüngere Generation, an die Stadt binden, will Essen ein bisschen mehr Flair geben. „Da gibt es noch ordentlich Bedarf“, sagt der 40-Jährige. Was Essen fehle, sei eine hippe Szene mit individuellen Klamotten- und Plattenläden, sowie eine Infrastruktur, aus der sich vielleicht ein echter Kiez wie in anderen Metropolen entwickeln könne.
„Das geht aber nicht von oben, solche Entwicklungen kann man nicht politisch verordnen, die müssen von unten kommen“, ist Kalbitzer überzeugt. Nur wenn man die nachwachsende Generation von Kreativen in die Prozesse einbinde und Netzwerkstrukturen fördere, sei Kulturarbeit nachhaltig und zukunftsfähig. Die Tatsache, dass Kulturdezernent Andreas Bomheuer auch eher aus der „Kultur von unten“-Bewegung stamme, könne da vielleicht hilfreich sein. Um die Ansätze von Ruhr.2010 weiter zu verfolgen und eine junge Kulturszene wachsen zu lassen, müssten die Behörden unterstützen, nicht verhindern. Aktionen wie in Rüttenscheid, wo das Ordnungsamt gegen ein paar Sitzkissen auf der Mauer vorgehe, seien da wenig hilfreich.