Essen. .
„Musiker aller Länder, vereinigt euch!“ Das ist das Motto des „Orkestra Crosscultura“, das ab Sonntag in der Zeche Carl aufgebaut werden soll. Das Orchesterprojekt bringt Musiker aller Nationalitäten und Genres zusammen - vom Kammermusiker bis zum Rapper.
An hochkarätigen Musikern und Orchestern mangelt es in Essen nicht - nicht zuletzt wegen Aushängeschildern wie Philharmonie und Folkwang Hochschule. Was zurzeit jedoch auf der Zeche Carl heranwächst, ist ruhrgebietsweit einzigartig: Im „Orkestra Crosscultura“ sollen Musiker sich grenzen- und genreübergreifend verwirklichen können. Die Idee kam dem künstlerischen Leiter Markus Stollenwerk und Projektleiter Marcus Kalbitzer im vergangenen Herbst. Die Integrationsdebatte nach der Causa Sarrazin hatte gerade ihren Höhepunkt erreicht, als sich die beiden fragten, wie man musikalische Vielfalt der Region unabhängig vom kulturellen Background auf einer Bühne zusammenbringen kann.
Gesucht werden Musiker mit Herzblut, die sich ihrer Wurzeln und ihres traditionellen Hintergrunds bewusst sind. Egal, ob HipHop, Elektro, Kammermusik, Folklore oder Minimal - die Macher des „Orkestra Crosscultura“ haben bewusst keine Grenzen gesetzt. „Es geht uns nicht um ein Integrationsprojekt. Vielmehr wollen wir den Schmelztiegel Ruhrgebiet auch musikalisch darstellen“, erklärt Stollenwerk. Der 38-jährige Komponist, Pianist und Dirigent aus Essen leitet bereits das Ensemble Ruhrklang. Das neue Projekt ist auch für ihn eine Herausforderung. Schließlich ziehen dort alle Musiker an einem Strang und arbeiten ihr Programm von der Komposition bis zur Umsetzung gemeinsam aus.
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„Hier bekommt niemand eine Partitur vorgegeben. Wir wollen gemeinsam über Improvisieren auf einen Nenner kommen“, sagt Stollenwerk. Nach dem Casting, für das bis Ende Mai vier Sessions angesetzt sind (siehe Kasten), steht als nächste Phase die gemeinsame Ausarbeitung eines abendfüllenden Konzertprogramms an. Das soll außer in der Zeche Carl auch in anderen Konzerthäusern des Ruhrgebiets zu hören sein. Außerdem ist geplant, mit dem Orchester Workshops für Schulen anzubieten.
Für Kornelia Vossebein, Geschäftsführerin der Zeche Carl, passt das Orchester-Projekt an die Wilhelm-Nieswandt-Allee,
„wie die Faust aufs Auge“. Ohnehin würden die Räumlichkeiten des soziokulturellen Zentrums täglich von unterschiedlichsten Gruppen und Gemeinden genutzt. Das „Orkestra Crosscultura“ unterstreiche damit einmal mehr den Auftrag der Zeche Carl, Menschen aller Kulturen eine Plattform zu bieten.
Die ersten Fördermittel sind indes bereits gesichert: Sowohl der Fonds Soziokultur, der fast die Hälfte der Projektkosten trägt, als auch der Landesmusikrat NRW unterstützen den Aufbau des „Orkestra Crosscultura“. Dass sich so hochkarätige Förderer eingeschaltet haben, verwundert nicht. „Alle fragen sich, warum das Interesse an kulturellen Einrichtungen wie Theatern und Konzerthäusern zurückgeht. Aber nur wenige packen das Problem an der Wurzel. Wir wollen ein Projekt schaffen, das die Leute im Leben abholt“, erklärt Stollenwerk. Eine Voraussetzung gibt es dann aber doch: „Wir suchen Musiker, die Spaß an der Sache haben und ihr Instrument, ihre Stimmen oder ihre Plattenteller beherrschen“, sagt Stollenwerk. Er sei nach seinem Studium an der Folkwang Hochschule auch deswegen in Essen geblieben, „weil das Ruhrgebiet musikalisch unheimlich viel Potenzial hat“. Mit dem „Orkestra Crosscultura“ kann er das unter Beweis stellen.