Essen-Kupferdreh. . Handwerkliche Meisterleistung: Die neun Tonnen schwere Orgel wurde aus der entweihten St. Josef-Kirche ausgebaut und nach Bayern gebracht. Allein für den Transport und Aufbau zahlte der Käufer 150.000 Euro.

Schöne Sandtner-Orgel mit 30 Registern und knapp 2000 Pfeifen, 18 Jahre jung, ordentlicher Zustand, in gute Hände abzugeben. Preis: Verhandlungssache. So in etwa dürfte die Offerte für das Kircheninstrument aus der profanierten St. Josef-Kirche in Kupferdreh gelautet haben.

Nun gibt es solch monumentale Instrumente in aller Regel nicht „von der Stange“. „Ganz im Gegenteil handelt es sich um Maßanfertigungen, die auch dem letzten Winkel des Gotteshauses angepasst sind“, wie Norbert Bender sagt. Der Geschäftsführer der Firma Sandtner in Dillingen muss es wissen. Immerhin hat der erfahrene Orgelbauer und Restaurator beizeiten die Kupferdreher Orgel geplant und gebaut. „Von der ersten Idee bis zur fertigen Orgel vergehen da mindestens anderthalb Jahre“, wie Bender erklärt.

Orgel für 200 Jahre konzipiert

In diesem Prozess wird nichts dem Zufall überlassen. Jedes noch so kleine Detail wird bedacht: auch das Raumvolumen der Kirche, die für die Schallabgabe so wichtige Raumlänge, aber auch die sogenannte Nachhallzeit, die sich von Gebäude zu Gebäude eklatant unterscheidet. „Der Aufwand ist groß“, gibt Bender zu. „Doch eine Orgel dieser Größe und Bauart ist normalerweise für einen Zeitraum von bis zu 200 Jahren konzipiert.“ Schon deshalb habe er sich so seine Gedanken gemacht, als plötzlich die Meldung aus Kupferdreh kam, die Orgel solle nach knapp zwei Jahrzehnten wieder verkauft werden. Bender: „Da geht ein wenig Herzblut mit.“

Während seiner langen Jahre im Beruf habe Norbert Bender noch nie eine seiner Orgeln wieder abbauen müssen. Und das waren einige. Norbert Bender erinnert sich nur an einen Fall, als er eine Chororgel im selben Gebäude versetzen musste. „Doch die war mit 2,5 Tonnen Gewicht deutlich kleiner.“ Das Modell aus Kupferdreh bringt hingegen satte neun Tonnen auf die Waage. Die Chance, eine solche Orgel anderorts zu implantieren, schätzt Bender daher „bestenfalls auf 1:500“ ein.

Dementsprechend schwierig gestaltete sich der Verkauf in St. Josef. Mehr als ein Jahr lang bemühten sich Orgelbauer, Architekten, Sachverständige und Kirchenmusiker, prüften, ob das teure Stück zumindest in einer Kirche der eigenen Pfarrei bleiben könnte. „Doch in den ersten zwölf Monaten tat sich überhaupt nichts“, sagt Gereon Alter, Pfarrer der Pfarrei St. Josef Essen Ruhrhalbinsel.

Komplizierter Aufbau

„Erst als wir die Suche zumindest auf die nähere Umgebung ausweiteten, erhielten wir drei Anfragen.“ Doch der erste Interessent wollte die Orgel praktisch geschenkt haben, beim zweiten intervenierte der Denkmalschutz und „der dritte wollte oder konnte sich auch nach Monaten nicht verbindlich äußern“, wie Alter sagt.

Den Zuschlag erhielt die Gemeinde St. Konrad in Amberg-Ammersricht. Zwei große Möbelwagen mit Hänger waren notwendig, um die 10 Meter hohe, 7 Meter breite und 2,5 Meter tiefe Orgel nach Bayern zu verfrachten. Vier Mitarbeiter waren über eine Woche lang damit beschäftigt. Kompliziert war auch der Aufbau: „Der Eisenrahmen des Instruments musste verändert werden, da es in der Kirche nicht parallel, sondern quer zur Wand steht“, erklärt Bender. Nun ruht die mächtige Orgel auf nur acht Punkten – je 1,1 Tonnen Gewicht auf nur je 18 mal 18 Zentimeter Grundfläche. Eine handwerkliche Meisterleistung. Ein „Schnäppchen“ war die Orgel, für die die Kupferdreher damals rund eine Million D-Mark zusammenbrachten, nicht. Zwar wechselte das Instrument für 100.000 Euro den Besitzer, doch der Umzug und der Aufbau schlugen mit weiteren 150.000 Euro zu Buche. „Wenn man bedenkt, dass es sich um eine gebrauchte Orgel handelt, die noch nicht überholt wurde, ist der Preis durchaus angemessen“, sagt Bender aus Erfahrung.