Essen. Mit einem spektakulären Feuerwehreinsatz konnte Essens höchster Kirchturm gerettet werden. Am Freitagabend war in St. Hubertus in Bergerhausen der Blitz eingeschlagen, der Turm brannte. Nach den Löscharbeiten bewegt die Gemeinde die Frage, wie die Reparatur zu stemmen ist.
Eine dramatische Nacht verbrachte die Gemeinde St. Hubertus in Bergerhausen: Der Kirchturm hatte nach einem Blitzeinschlag in den Abendstunden Feuer gefangen, zeitweilig sah es so aus, als könnten Teile des Turms in das Kirchenschiff stürzen. Dank eines Großeinsatzes der Feuerwehr konnte das verhindert, der Brand unter Kontrolle gebracht und der Turm gesichert werden. Um die denkmalgeschützte Kirche wieder in ihre alte Form zurückzuversetzen, wird die Gemeinde auf Hilfe des Bistums und vermutlich auch auf Spenden angewiesen sein.
„Das hätte wirklich schlimmer ausgehen können“, seufzt Feuerwehr-Sprecher Mike Filzen am Samstagmorgen gegen elf Uhr. Da sind die Dachdecker schon da, um den Turm von St. Hubertus abzudichten – mit Hilfe eines Spezialkrans, der noch in der Nacht aus Düsseldorf gekommen war. „Mit 74 Metern hat St. Hubertus den höchsten Kirchturm in Essen, da sieht unsere 30 Meter-Drehleiter winzig aus“, sagt Filzen. Darum hatte man, nachdem das Feuer gegen 20.30 Uhr entdeckt worden war, zunächst einen 50 Meter hohen Teleskop-Mast der Dortmunder Kollegen kommen lassen: „Mit dem konnten wir zumindest einen Wasserschleier um den brennenden Turm legen.“
Schweres Kreuz wurde von abgeknickter Turmspitze abgesägt
Gegen 0.30 Uhr sei dann der von einer Polizeieskorte begleitete Spezialkran eines Düsseldorfer Privatunternehmens mit einer Arbeitshöhe von 84 Metern in Essen eingetroffen. Bevor das schwere Gerät aufgestellt werden konnte, mussten zunächst einige Autos abgeschleppt werden, außerdem musste sichergestellt werden, dass der Turm nicht akut einsturzgefährdet war. „Gegen drei Uhr morgens konnten unsere Leute mit dem Korb hochfahren und die Bleche vom Turm nehmen. Als da Luft reinkam, brannte es erst so richtig. Das haben wir dann sofort gelöscht“, schildert Filzen.
Anschließend mussten angesengte Turm-Teile nach unten befördert werden, das schwere Kreuz wurde von der abgeknickten Turmspitze abgesägt. „In der Nacht war die Sorge groß, dass da etwas ins Kirchenschiff stürzt – da wäre das alles viel dramatischer ausgegangen.“ Vorsorglich waren drei Wohnhäuser und auch das benachbarte Pfarrhaus evakuiert worden.
Unwetter tobte über NRW
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Doch für Pfarrer Ludger Toups war in dieser aufregenden Nacht ohnehin nicht an Schlaf zu denken. Ähnlich erging es zahlreichen Gemeindemitgliedern, die herbeigeeilt waren, Kunstwerke wie die Marienstatue ins Freie trugen – und Gebete für ihr Gotteshaus sprachen. „Dass so viele Ehrenamtliche hier die ganze Nacht mit anpacken, zeigt doch auch das gemeinschaftliche Gefühl: ,Das ist unsere Kirche!’“, sagt Generalvikar Klaus Pfeffer, der am Samstagmorgen zu St. Hubertus gekommen ist. „In aller Herrgottsfrühe“ habe ihn Bischof Franz-Josef Overbeck über den Brand informiert und gebeten, nach Bergerhausen zu fahren, „Im Autoradio lief ein Bericht dazu, da war mir schon klar, dass das hier eine größere Nummer ist.“
Kosten für Reparaturarbeiten an Kirche sind noch ungewiss
Das gilt auch für die Kosten, die am Samstagmorgen noch niemand genauer beziffern möchte. Ziemlich sicher ist, dass die Kirche neben den Reparaturarbeiten wohl auch den Einsatz des Spezialkrans tragen muss. Selbstredend habe das Bistum für solche Fälle Rücklagen, andererseits müsse man ohnehin enormen Aufwand treiben, um alle Kirchen zu sichern. Pfeffer erinnert an die St. Bonifatius-Kirche in Huttrop, die im Frühjahr 2013 geschlossen werden musste, weil Feuchtigkeit das Dachgebälk schwer geschädigt hatte und Einsturzgefahr bestand. Und für Schäden wie den jetzt an St. Hubertus entstandenen sei man nicht versichert, so Pfeffer. „Aber wir werden der Gemeinde natürlich unter die Arme greifen.“
Die hatte übrigens erst vor zwei Jahren nach einem Sturmschaden, lose Kupferplatten am Kirchturm ersetzen müssen. Bei der Gelegenheit sei auch eine morsche Holztreppe durch eine solide Alu-Leiter ersetzt worden, sagt Maximilian Hüls, aus dem Kirchenvorstand. „Wir haben nicht gedacht, dass wir die so schnell brauchen würden. Zum Glück sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. Schon Sonntagmorgen können wir wieder die Messe in der Kirche feiern.“
Anwohnerin hörte "wahnsinnigen Knall"
Gisela Brenkmeyer ist das eigentlich nicht früh genug: „Ich gehe immer am Samstagabend in die Messe.“ Doch sie hat am späten Freitag den „wahnsinnigen Knall“ gehört und bis vier Uhr morgens die Feuerwehr am Einsatzort gesehen. Da hat sie Verständnis, dass Pfarrer Toups, der erst um neun Uhr morgens in seine Wohnung zurückkehren durfte, die abendliche Messe ausfällen lässt.
Dass aber am Sonntag ein Gottesdienst gefeiert werden kann, ist auch den vielen Gemeindemitgliedern zu verdanken, die samstags in und um die Kirche aufräumen. Ihre Solidarität dürfte auch gefragt sein, wenn es um die Wiederherstellung des Kirchturmes geht. „Deckel drauf – das wäre die kostengünstigste Lösung. Aber das will natürlich keiner“, sagt Altfrid Norpoth vom Vorstand des Gemeinderates. „Ich bin überzeugt, dass die Gemeinde ihren Anteil per Türkollekte zusammen bekommt. Da müsste das Bistum nur erst in Vorkasse treten“, sagt er mit Seitenblick auf den Generalvikar.
Denkmalgeschütztes Gotteshaus ist 100 Jahre alt
Für den Werdener Galeristen Johannes von Geymüller, der sich wiederholt für bemerkenswerte Kirchenarchitektur in Essen eingesetzt hat, ist es keine Frage, dass Kirche in ihre alte Form zurückversetzt werden muss. Das 100 Jahre alte, denkmalgeschützte Gotteshaus, das nach den Plänen des Düsseldorfer Architekten Josef Kleesattel entstand, sei eine Landmarke im schmucken Moltkeviertel. „Als ich von dem Brand hörte, bin ich gleich hergeeilt. Ich hoffe, dass nun viele Menschen für den Kirchturm spenden!“
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