Essen-Steele. Ursula Langer freut sich über Sonne und Wärme, doch richtig genießen kann sie dies nicht. Jedenfalls nicht auf ihrem Balkon. Dort fühlt sie sich wie im Hitchcock-Thriller “Die Vögel“ - freilich in einer Taubenvariante. Schuld daran sei die Nachbarin, zürnt Frau Langer.
Während andere sich über die ersten ernstzunehmenden Sonnenstrahlen freuen und ihre Liegestühle auf dem Balkon ausbreiten, hält sich bei Ursula Langer die Freude in Grenzen. Denn wenn sie auf ihrem Balkon sitzt, wähnt sie sich zuweilen im Hitchcock-Thriller „Die Vögel“: Regelmäßig flattern ihr dort Tauben gleich in Scharen entgegen, verdrecken Boden und Geländer. Schuld sei die Nachbarin, klagt Langer: Denn auf ihrem Balkon hat diese einen kleinen Taubenschlag aufgebaut.
In Steele hat man durchaus mit Tauben zu kämpfen. Bürger, Einzelhändler und Gastronomen ärgern sich über Taubenkot auf Sitzgelegenheiten, die Politik sucht seit langem nach Lösungen, eine private Initiative zu unterstützen, die helfen will, die Taubenplage einzudämmen. Denn immerhin gelten Tauben nicht nur als nicht gerade reinliche Tiere, sondern auch als gefährliche Krankheitsüberträger. Und nun, scheint es, gibt es Personen, die auf ihrem heimischen Balkon diese Tiere nicht nur füttern, sondern ihnen auch Gelegenheit zum Nisten und Brüten geben. Personen wie die Nachbarin von Ursula Langer.
Aus Liebe zu den Tieren
„Ich liebe Tiere“, soll die Nachbarin, die für diese Zeitung nicht erreichbar war, geantwortet haben, als Langer sie auf das aus Pappschachteln gebastelte Nest hingewiesen hatte. Bereitschaft, die Pappschachteln wegzuschaffen, sei nicht da gewesen.
Ursula Langer wandte sich in ihrer Verzweiflung an die Stadt. „Dort sagte man mir lediglich, der Vermieter sei zuständig“, so Langer. Doch auch der schien sich nicht in der Lage zu sein, an dem illegalen Taubennistplatz etwas zu ändern – immerhin boten sie an, Langers Balkon mit einem Schutznetz auszustatten. „Da werde ich mir zwar wie in einem Käfig vorkommen, aber wenn’s hilft...“, zuckt Langer mit dem Schultern.
Nachdem sich diese Zeitung eingeschaltet hat, ist die Stadt doch aktiv geworden: Thorsten Meister vom Ordnungsamt hat sich vor Ort von der Situation ein Bild gemacht. „Vorrichtungen auf dem Balkon einzurichten, die Tauben das Brüten ermöglichen, ist nicht erlaubt. Nicht umsonst sind wir dabei, Taubenschläge aufzubauen, in denen echte Eier durch Attrappen ausgetauscht werden“, so Meister, der sich nach dem Besuch bei Ursula Langer nun an die Hausverwaltung gewandt hat. Mit Erfolg: „Meine Nachbarin wird aufgefordert, die Nistgelegenheit abzubauen“, freut sich Ursula Langer. Ansonsten habe diese mit einer Unterlassungsklage zu rechnen. Dieser Hitchcock-Thriller scheint also ein Happy-End zu haben.