Essen. Seit Beginn dieser Sasion ist der Brasilianer Breno Bittencourt Solotaänzer am Aalto-Theater. In der Wiederaufnahme von Roland Petits Choreografie von "Coppélia" ist er derzeit auf der Essener Bühne zu erleben.

Dass ein neuer Ballettchef die vorhandene Kompanie eines Hauses fast vollständig übernimmt, ist nicht selbstverständlich. Oft bleibt beim Intendantenwechsel sprichwörtlich ausgedrückt kein Stein auf dem anderen. Das war bei Ben van Cauwenbergh anders. Als der Belgier, aus Wiesbaden kommend, vor einem Jahr das Aalto Ballett übernahm, traf das Publikum seine Lieblinge auch in Cauwenberghs Choreografien wieder. Ein Kompliment für die Tänzer, aber auch für seinen Vorgänger Martin Puttke.

Aus Toulouse nach Essen

Nun setzt Cauwenbergh behutsam neue Akzente. Mit Breno Bittencourt engagierte er einen vielversprechenden Solisten, den er bereits zwei Jahre am Hessischen Staatsballett unter Vertrag hatte. Aber auch in den letzten acht Jahren, als der junge Brasilianer als Solist im Ballet du Capitole in Toulouse tanzte, riss der Kontakt nicht gänzlich ab. Mit dieser Spielzeit ist Bittencourt Solotänzer des Aalto Balletts – und ab Samstag erstmals in der Rolle des Frantz in Roland Petits Choreografie „Coppélia" zu erleben.

Mit Breno Bittencourt wurde auch Maria Lucia Segalin zu dieser Saison ans Aalto engagiert. Auch sie gehörte zuvor zur Kompanie in Toulouse – und ist nicht nur auf der Bühne Partnerin von Breno Bittencourt. Mittlerweile kennen sie sich genau die Hälfte ihres Lebens. Mit 14 verließen beide ihre Heimat Brasilien. Man kannte sich vom Sehen. Aber so richtig kennengelernt haben sie sich erst in Wien, erzählt Maria Lucia. Dort studierten sie mit einem Stipendium an der Ballettschule der Staatsoper. Seither gilt für beide: Der Lebens- und Arbeitsmittelpunkt liegt in Europa.

Schon früh Gastspiele in der Arena von Verona

Maria Lucia folgte von Anfang an dem klassischen Weg: „Ich wollte immer tanzen, also ging ich zur Ballettschule. Und dabei ist es dann geblieben." Dass der Vater einen Jungen in die Ballettschule schickt, ist vor allem in Brasiliens Macho-Gesellschaft noch immer eher ungewöhnlich. „Warum Vater das tat, weiß bis heute nicht wirklich. Dabei waren wir noch nicht einmal eine Tanz-Familie", erinnert sich Breno. „Aber dann wurde ich wirklich zum Tanz-Freak". Bereits mit 17, noch vor Wiesbaden, tanzte er im „Le Jeune Ballet de France". Während der Zeit in Frankreich gab es neben den Auftritten in Toulouse bereits zahlreiche Gastspiele, darunter in der Arena von Verona, der Oper Nizza oder im Teatro Massimo in Palermo.

Das Aalto bedeutet für beide eine neue Herausforderung: Im Vergleich zu Toulouse setze man hier auf eine stilistische Vielfalt. Und mit dieser wunderbaren Kompanie gibt es pro Saison die doppelte Anzahl von Aufführungen. „Hier tanzen wir ein Repertoire im Wechsel, in Frankreich hatten wir höchstens 25, 30 Abende im Stagione-Betrieb. Das ist natürlich langweiliger." Beide freuen sich auf die gut 50 Abende im Aalto, auf Klassiker wie „La Sylphide" aber auch die witzigen „Leonce und Lena" von Christian Spuck, eine Choreografie, die sie bislang nur vom Video kennen. Breno Bittencourt.

Termine & Karten: Tel.: 0201/81 22 200 oder www.aalto-theater.de