Essen. Im Essener Aalto-Theater erlebte das Ballett „Coppélia” eine umjubelte Premiere. Roland Petits Sicht als Nestor des Tanzes ist: "vorwiegend heiter".
Alte Meister sind en vogue. Wenn sie keinen Staub angesetzt haben und zeitgemäß aufpoliert werden, können sich selbst Freunde abstrakter Kunst an schönen Bildern und Kostümen erfreuen.
Das gilt besonders bei der „Coppélia”, die Roland Petit 1975 für sein Ballet de Marseille kreiert hatte. Der 85-jährige Nestor des Tanzes nutzt das Ballett voller romantisch wiegender Ohrwürmer und Rhythmen von Léo Delibes, um sein rasantes klassisches Ballett mit Pantomime und Witz, Märchen mit Realismus anzureichern. Die Choreografie, die jetzt im Aalto-Theater umjubelt Premiere feierte, ist frei vom betulichen Gestus der Jahrhundertwende.
Heiterkeit auf internationalem Niveau
Als modernisiertes, aber nicht entzaubertes Märchen erzählt Petit (einstudiert von Jan Broecks und im Dekor von Ezio Frigerio) die Geschichte vom Puppenmacher Coppelius. Seiner mechanischen Lieblingsmarionette Coppélia will der Alchemist menschliches Leben einhauchen, bedient sich der stürmischen Schwärmerei des jungen Frantz für die Puppe, scheitert aber an der natürlichen Liebe zwischen dem Jungen und dem Mädchen Swanilda. Am Ende steht Coppelius (Luigi Bonino) allein da, in den Händen die Gliedmaßen der zerfledderten Puppe, die er eben noch durch sein Laboratorium gewirbelt hat. Doch das ist der einzige Moment, in der Roland Petit Trauer zulässt. Ansonsten überwiegen Heiterkeit auf internationalem Niveau, verpackt in Belle Epoque und Can-Can-Ästhetik, die an Toulouse-Lautrec erinnern.
Bestechend und ein optischer Genuss ist die Eleganz der hohen Danse d'ecole. In mehreren Grand Pas-de Deux und den Solonummern bezaubert die Koreanerin Jang durch mädchenhafte Allüre und schwebende Balancen. Der grazile Japaner Shimizu schießt wie ein Pfeil in den diagonalen Doppel- und Spreiz-sprüngen durch die Luft. Zwischenapplaus ist erlaubt.
Musikalisch auf den Punkt bringen diese Brüche die Essener Philharmoniker unter dem vital vorwärtsdrängenden Taktstock von Noam Zur. All das wirkt ansteckend, erfordert keinen Hirnschmalz und dient vornehmlich der Unterhaltung, der sich das Aalto-Ballett unter dem Leiter Van Cauwenbergh ja verschrieben hat.
Weitere Termine: 27., 30. Juni; 2, 5. Juli. Telefon: 0201 / 8122 200