Essen-Kettwig. Statt 580.000 nun 1,25 Millionen Euro: Im Gebäude am Mintarder Weg in Kettwig wurden Schadstoffe verbaut, die extra behandelt werden müssen.

Die Abbrucharbeiten für das nach einer Schadstoffbelastung mit Tetrachlorethen seit Januar 2017 leer gezogene Grundschulgebäude am Mintarder Weg verzögern sich – und sie werden doppelt so viel kosten wie zunächst erwartet.

Die Arbeiten beginnen nun voraussichtlich Anfang 2021. Grund ist eine vorherige umfangreiche Schadstoffsanierung, die im Haus selbst durchgeführt werden muss. Und dies macht das Ganze teuer, wie die Mitglieder des Bau- und Verkehrsausschusses jetzt erfuhren.

Asbest und PCB im alten Gebäude vorgefunden

Der zunächst angenommene Kostenrahmen des Abrisses betrug 580.000 Euro. Im weiteren Planungsprozess seien vertiefende Erkenntnisse durch Beprobungen und Analysen gewonnen worden, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Dabei wurden asbesthaltige Spachtelmasse, künstliche Mineralfaser (KMF) und PCB-haltige Beschichtungen gefunden. Das belastete Material müsse gesondert behandelt werden. Erst danach könne eine Sanierung des mit Tetrachlorethen belasteten Bodens erfolgen. Die Kosten für den Abbruch werden deshalb derzeit auf 1,25 Millionen Euro geschätzt.

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Der Rat wird voraussichtlich am 26. August über die Durchführung und Finanzierung der Abbrucharbeiten entscheiden. Zuvor hat die zuständige Bezirksvertretung IX Gelegenheit zur Diskussion und Kenntnisnahme.

Machbarkeitsstudie wurde im Mai 2019 vorgestellt

Nur mit „Bauchschmerzen“, sagt Daniel Behmenburg, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksvertretung, sei die Kostensteigerung akzeptabel. „Die Höhe der Abrisskosten war durchaus ein Kriterium bei der Diskussion um Neubau oder Sanierung.“ Da erwarte die Politik, dass die Verwaltung mit gesicherten Erkenntnissen aufwarte.

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Zur Erinnerung: Eine Machbarkeitsstudie, die im Mai 2019 den Ratsgremien vorgestellt wurde, hatte das Ziel, die Sanierung der Schule dem Abriss und Neubau gegenüber zu stellen und eine Handlungsempfehlung auszusprechen. Die Studie kam zum Ergebnis, das alte Gebäude – es stammt aus den 1930er Jahren – abzubrechen und am selben Standort eine neue Grundschule zu errichten.

Politiker begrüßen, dass es einen Neubau geben wird

Das Gebäude an der Gustavstraße wurde um Container erweitert, denn für die Schüler aus dem Standort Mintarder Weg mussten mehr Räume geschaffen werden. Das Provisorium wird so lange andauern, bis der Neubau steht.
Das Gebäude an der Gustavstraße wurde um Container erweitert, denn für die Schüler aus dem Standort Mintarder Weg mussten mehr Räume geschaffen werden. Das Provisorium wird so lange andauern, bis der Neubau steht. © Alexandra Roth

„Die Vermutung, dass bei einem älteren Gebäude auch im heutigen Sinne schadstoffhaltige Materialien verbaut wurden, wäre zumindest naheliegend und hätte bei den Abrisskosten schon früher miteinbezogen werden können“, sagt Behmenburg. Er hoffe allerdings, dass die Zuordnung der Immobilienwirtschaft zu einem neuen Fachbereich innerhalb der Essener Verwaltung zu mehr Transparenz führe. „Die Mitarbeiter können deutlich mehr, als sie bisher gezeigt haben.“

Auch Bezirksvertreterin Gabriele Kipphardt (CDU) sieht, dass man in den sauren Apfel beißen und die höheren Abrisskosten hinnehmen müsse. „Auch bei einer Sanierung des alten Gebäudes hätte man die Schadstoffe fachgerecht entsorgen müssen.“ Sie sei nach wie vor froh, dass man sich einvernehmlich für einen Neubau der Grundschule entschieden hätte.

Stadt will Anwohner rechtzeitig und ausführlich informieren

Wichtig sei, so Daniel Behmenburg, dass auch die Anwohner rechtzeitig informiert werden, „denn es geht immerhin um Schadstoffe wie Asbest und PCB.“ Die Abbrucharbeiten würden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt und gutachterlich begleitet, kündigte die Stadt zumindest am Donnerstag schon mal an.

Kindertagesstätte zieht in ein Provisorium um

Die städtische Kita, die sich ebenfalls auf dem Schulgrundstück Mintarder Weg 47 befindet, soll vor den Abbrucharbeiten in ein Provisorium an der Ruhrtalstraße (ehemals Flüchtlingsunterkunft) ziehen. So könnten die Kinder vor den Lärm- und Staubbelästigungen durch den Schulabriss geschützt werden. Gutachter hatten dies empfohlen, um einen geregelten Kita-Betrieb zu gewährleisten.

Die Verweildauer in der Ruhrtalstraße soll so kurz wie möglich sein, ist das Ziel. Alle Betroffenen würden bei den Planungen mit einbezogen, teilt die Stadtverwaltung mit.

Für die Schadstoffsanierung seien sogenannte Schwarzbereiche mit entsprechenden Luftschleusen vorgesehen. Durch den damit eingerichteten Unterdruck würden keine Schadstoffe nach außen gelangen, heißt es. Es werde zudem auf den notwendigen Staubschutz geachtet.

Für die Sanierung des mit Tetrachlorethen belasteten Bodens wurden ebenfalls Konzepte erstellt. Die hier möglichen Ausdünstungen verflüchtigten sich umgehend an der Luft, es könne aber zu Geruchsbelästigung kommen. „Die Anwohner werden umfassend über den Start der Abbrucharbeiten informiert“, verspricht die Verwaltung.

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